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Full text: 12, 1889

Adolf Schmidt: Mathematische Entwickelungen etc. 
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Eine vollständige Kenntniss der hypothetischen Ströme an jedem Punkte der Erdoberfläche würde 
gewonnen werden, wenn die Werthe der horizontalen Komponenten überall bekannt wären. Dagegen sind 
mit der Kenntniss der Ströme keineswegs umgekehrt die von ihnen ausgeübten Kräfte gegeben. Der Grund 
hiervon ist, dass wir die Kräfte, welche von Stromelementen ausgehen — und nur letztere sind uns hier 
bekannt — garnicht kennen; wir sind nur im Stande, die Wirkung geschlossener Ströme zu berechnen. 
Nun kann man sich aber die durch die Erdoberfläche hindurchtretenden Elektrizitätsmengen auf unendlich 
mannigfaltige Weise im innern und äussern Raume so fortgeführt denken, dass geschlossene Ströme ent 
stehen, und jeder dieser verschiedenen Möglichkeiten entspricht ein anderes Kräftesystem auf der Erdober 
fläche. (Dass überhaupt geschlossene Ströme möglich sind, hat zur Voraussetzung, dass die Summe der 
in jedem Zeittheilchen von innen nach aussen fliessenden Elektrizitätsmengen gleich der Summe der ent 
gegengesetzt strömenden ist. Dies ist nun in der That der Fall, wie man nicht nur durch allgemeine 
Erwägungen, sondern auch durch Integration der Gleichung (B) findet.) Es könnte daher auch geradezu 
das wirklich beobachtete System der Horizontalkräfte gänzlich als eine Wirkung von Strömungen angesehen 
werden, deren die Erdoberfläche durchbohrende Elemente wir allein kennen. Bei dieser Auffassung würden 
wir somit für keinen Theil der erdmagnetischen Kraft, an der Oberfläche der Erde wenigstens, ein Potential 
annehmen. Nun wird aber durch die Einführung des Potentials die Theorie ausserordentlich vereinfacht, 
und deshalb werden wir die vorhandene Unbestimmtheit gerade umgekehrt dazu benutzen, einen möglichst 
grossen Theil der magnetischen Horizontalkraft auf ein Potential zurückzuführen. Wir werden uns mit 
anderen Worten die etwaigen durch die Erdoberfläche dringenden Strömungen so geschlossen denken, dass 
ihre magnetischen Wirkungen in dieser Fläche möglichst gering werden. Nach den bisherigen Beobach 
tungen und Potentialberechnungen zu schliessen, werden sich diese Wirkungen, wofern sie sich nicht über 
haupt als verschwindend herausstellen, auf ein System sehr kleiner magnetischer Kräfte reduziren lassen. 
Durch Subtraktion derselben von den viel grösseren, thatsächlich beobachteten Kräften würde sich alsdann 
der durch ein Potential darstellbare Haupttheil dieser letzteren ergeben. Wie weit dieser von magnetischen 
Massen oder geschlossenen elektrischen Strömen innerhalb, wie weit er von solchen ausserhalb der Erde 
herrührt, das lässt endlich, wie schon mehrfach erwähnt wurde, die Untersuchung der vertikalen Kompo 
nente erkennen. 
Die Gesichtspunkte, unter denen die Bearbeitung des Beobachtungsmaterials zu erfolgen hat, sind in 
den vorhergehenden Betrachtungen dargelegt. Die wirkliche Ausführung kann nun aber noch in ver 
schiedener Weise erfolgen. Im wesentlichen sind zwei Methoden denkbar, die im einzelnen noch manche 
Modifikationen erfordern, je nachdem die Beobachtungsdaten sich auf einzelne Punkte oder auf mehrere 
Parallelkreise beziehen. 
Die erste Methode setzt die Existenz eines Potentials voraus. Dasselbe wird in eine nach Kugel 
funktionen fortschreitende Reihe entwickelt gedacht. Die Koeffizienten derselben bilden die gesuchten 
Unbekannten. Aus dem Potentialausdruck ergeben sich Reihen für die einzelnen Komponenten der Kraft. 
Durch Einsetzung der Beobachtungsergebnisse in diese Reihen erhält man zahlreiche lineare Gleichungen 
für die Unbekannten, deren Werthe schliesslich durch eine Ausgleichungsrechnung mittels der Methode der 
kleinsten Quadrate gefunden werden. In dieser Weise ist das Problem bisher behandelt worden. 
Das Charakteristische der zweiten Methode besteht darin, dass zunächst für jede einzelne Komponente 
eine analytische Darstellung ihrer Werthe auf der ganzen Erdoberfläche abgeleitet wird, worauf die weitere 
theoretische Entwickelung an die drei so erhaltenen Darstellungen anknüpft. 
Ich beschränke mich in den folgenden Darlegungen auf diese zweite Methode. Die andere bedarf, da 
sie allen bisherigen Arbeiten zu Grunde liegt, keiner Erläuterung, und die Abänderungen, welche durch die 
Berücksichtigung der Erdabplattung nothwendig werden, sind unbedeutend und durch die Bemerkungen am 
Anfang dieses Abschnitts genügend bezeichnet. Vor allen Dingen aber sprechen mehrere Gründe dafür, 
dass in Zukunft stets der zweite Weg eingeschlagen werde. Derselbe ist nicht nur kürzer und bequemer 
als der erste, weil er im allgemeinen die Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate vermeidet; er 
ist auch in theoretischer Hinsicht vorzuziehen. Die Annahme der Existenz eines Potentials wird vermieden, 
und die etwa zwischen den einzelnen Komponenten unter dieser Annahme bestehenden Widersprüche werden 
nicht durch eine Ausgleichungsrechnung verdeckt, sondern auf ihre physikalischen Ursachen zurückgeführt. 
(Nachträglich auf Grund der Differenzen zwischen Beobachtung und Rechnung könnte dies allerdings auch 
bei der ersten Methode geschehen.) 
Archiv 1889. 8. 
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