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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 18S8 No. 6 —
Einleitung.
Als Fundament für die Bearbeitung der Niederschläge eines Landes dient die mittlere Niederschlags-
Höhe der einzelnen Jahresabschnitte. Diesem Mittelwerthe kommt aber eine reelle, für alle Orte und für
alle Jahresabschnitte gleiche Bedeutung nicht zu, vor Allem ist er nicht derjenige Werth, welcher für den
betreffenden Zeitabschnitt der wahrscheinlichst zu erwartende ist. Es wäre dieses der Fall, wenn positive
und negative Abweichungen vom Mittel gleich wahrscheinlich wären, das aber trifft beim Niederschlag im
Allgemeinen nicht zu, weil für die Grösse der negativen Abweichung eine feste Grenze besteht, die für die
positive Abweichung nicht vorhanden ist, und es kommen auch in unseren Gegenden oft genug positive
Abweichungen von solcher Grösse vor, dass sie durch eine einzige negative garnicht kompensirt werden
können. Man kann daher von vorn herein behaupten, dass die wahrscheinlichst zu erwartende
Menge des Niederschlages eines Zeitabschnitts kleiner ist als die mittlere. Dieser
theoretische Satz ist für Gegenden mit zeitweilig regenlosen Monaten evident; man könnte meinen, dass er
für unsere Regionen praktisch keine Bedeutung habe, dem ist aber nicht so. Wie im Laufe eines Monats
in der Regel mehr Tage beobachtet werden, welche weniger Regen ergeben, als im Durchschnitt auf den
Regentag des betreffenden Monats entfallt, so finden sich auch bei langjährigen Beobachtungen mehr Monate
mit einer kleineren als mit einer grösseren Niederschlagshöhe als das Gesammtmittel; mit anderen Worten,
es haben in der mittleren Niederschlagsmenge die regenreichen Zeitabschnitte ein grösseres Gewicht als die
mit nur spärlichem Niederschlag. Jede längere Beobachtungsreihe wird diesen Satz bestätigen. Ich gebe
z. B. in der nachfolgenden kleinen Tabelle für einige Orte, deren Beobachtungen mir eben zur Hand sind,
die Häufigkeit der positiven und der negativen Abweichungen vom Mittel nach den Reihen, welche für
München mitgetheilt sind in C. Lang, „Das Klima von München“ (Beobachtungen der meteorologischen
Stationen im Königreich Bayern, Band IV, München 1883), für Petersburg, Katharinenberg, Warschau und
Peking in Wild’s grossem Werke: „Die Regenverhältnisse des russischen Reiches“ (Repertorium für Meteo
rologie, V. Supplementband, Petersburg 1887) und für Konstantinopcl in Hann’s Notiz in der Meteorologischen
Zeitschrift, 3, p. 504, 1886.
Häufigkeit der positiven und der negativen Abweichungen vom Mittel.
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Oktbr.
Xov.
I)ez.
Jalir
München (33 J.)
f +
13
14
18
18
13
14
16
20
18
12
15
16
16
■ 1 —
20
19
15
15
20
19
17
13
15
21
18
17
17
Petersburg (47 '/2 J-)
1 +
20
27
20
27
19
21
26
22
21
23
19
20
19
19
22
21
28
25
26
25
29
28
29
29
26
26
Kathariueuburg (47 J.)
. { +
19
28
20
27
19
23
24
21
26
22
25
21
15
16
17
21
25
28
26
21
26
32
31
30
26
22
Warschau (66 J.)
. { +
25
25
26
27
33
33
29
27
23
29
30
25
30
(—
40
40
40
39
33
33
36
39
42
37
36
41
35
Konstantinopel (3872 J.) ■
fi
14
25
20
19
16
23
15
24
18
21
18
21
14
24
15
23
15
23
13
25
20
18
12
27
18
20
Peking (33 J.)
. { +
7
13
10
12
13
15
15
16
14
14
12
11
15
24
19
22
21
20
18
18
17
19
19
21
22
1T
Unser Satz findet hierdurch seine volle Bestätigung, einzelne Ausnahmen finden sich nur in den Sommer-
Monaten. Von besonderem Interesse erscheint die längste Beobachtungsreihe (Warschau) wegen der gleich-
massigen Aenderung des Unterschiedes in der Häufigkeit der Abweichungen, und die von Peking, weil hier