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Full text: 11, 1888

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1888 No. 5 — 
Berlin fliesst die obere Strömung (a Fig. 54) etwa südsüdwestlich, weiter nach unten wird die Luftbewegung 
(in b) südwestlich, noch weiter nach unten (in c), wo sie sich dem Kältepol nicht mehr nähert, senkrecht 
zur Verbindungslinie Berlin—Kältepol, d. h. westlich mit geringer südlicher Abweichung. Noch weiter ab 
wärts (in d), wo sie sich vom Kältepol entfernt, wird sie westnordwestlich und geht ganz unten (bei e) in 
die nordnordöstliche Richtung über. In der Figur sind wiederum die obern Strömungen feiner, die untern 
dicker gezeichnet. 
4) Um die Winter-Verhältnisse nachzuahmen, setzen wir als Ostsibirischen Kältepol eine Schale mit 
Eis von B (Berlin) aus gesehen rechts vom Zentrum hin (in k Fig. 55—57), desgleichen als Amerikanischen 
Eismeerpol eine zweite Schale mit Eis von B aus gesehen etwas hinter das Zentrum in lc'. Wenn nun die 
Glastrommel langsam gedreht wird, so vollzieht sich die Luftzirkulation so, als ob nur ein mittlerer 
Kältepol vorhanden wäre. Das ganze System der diesen mittleren Kältepol umziehenden Strömungen 
wendet sich nach rechts. Fig. 55 zeigt den unteren, Fig. 56 den oberen Lauf der Zirkulation. Letzterer 
sinkt am Ende herab an einer Stelle zwischen den beiden Schalen mit Eis. Enthält die eine Schale mehr 
Eis, als die andere, so rückt der Ort des Niedergangs näher an das grössere Stück Eis. 
In Berlin hat diese obere Strömung aa Fig. 57 etwa westsüdwestliche Richtung. Die weiter unten 
fliessende (b Fig. 57) ist etwa westlich, die Strömung c, wo die Luft aufhört, sich dem Kältepol zu nähern, 
etwa nordwestlich, die tiefere Strömung d noch mehr nördlich gerichtet. Endlich ganz unten wird die 
Richtung ungefähr ENE. 
Man sieht, dass auch die Erscheinungen, welche diese letzten Versuche zeigen, mit den Ergebnissen 
der Wolken-Beobachtung harmoniren. 
Dieselbe ergab erstens, dass nicht blos im Jahresmittel, sondern auch im Sommer- und Winterhalbjahr 
die obern Strömungen immer südlicher oder weniger nördlich gerichtet sind als die untern. Ebenso 
sehen wir es bei der Zirkulation der Luft in der sich drehenden Glastrommel, sowohl wenn der Kältepol 
auf die linke Seite des Zentrums zur Nachahmung der Sommer-Verhältnisse, als auch, wenn derselbe auf 
die rechte Seite zur Nachahmung der Winter-Verhältnisse verlegt wird. Die Versuche lassen zugleich den 
Grund der Erscheinung erkennen: es ist im Sommer wie im Winter die durch die Kugelgestalt der Erde 
bedingte Verengerung, wir dürfen jetzt aber nicht sagen „der Meridiane“, sondern der „meteorologischen“ 
(d. h. der auf Ivälte-Pol und Wärme-Aequator bezogenen) Meridiane. Denn im Winter geben die obern 
Strömungen, trotzdem sie westlich oder westnordwestlich laufen und also in Räumen sich bewegen, in denen 
sich die geographischen Meridiane gleich bleiben oder sich sogar vergrössern, dennoch Luft ab nach unten, 
weil die „meteorologischen“ Meridiane oder die Räume um den Kältepol, wohin die obere Luft strebt, sich 
verengern, und darauf kommt es hier allein an. 
Ferner ergaben die Wolken-Beobachtungen, dass das ganze System der grossen die Minima und Maxima 
durchziehenden Strömungen im Laufe des Jahres eine Schwankung hin und her macht. Ebenso sehen 
wir auch die Rauchzüge in der Glastrommel ihre Richtung verändern, je nachdem die Schale mit Eis auf 
die rechte oder auf die linke Seite des Zentrums hingesetzt wird. Die Versuche lassen demnach die 
Aenderung in der Lage des Kältepols als die eigentliche Ursache dieses Phänomens erkennen und sie zeigen, 
dass, wenn im Winter auch 2 Kältepole vorhanden, diese beiden wie ein mittlerer wirken, dass also die 
Luftbewegung sich so vollzieht, als ob ein Kältepol im Laufe des Jahres hin und her wandert. 
Ich habe in einem früheren Aufsatz*) darauf hingewiesen, dass die Wanderung des Kältepols nicht 
gleichförmig geschieht. Nach den Beobachtungen dreier Jahre befindet sich derselbe am meisten westlich 
im Juli, bei seiner Wanderung nach Osten durchschneidet er den Berliner Meridian im November, erreicht 
Mitte März die grösste östliche Abweichung, bei seiner Rückkehr nach Westen durchschneidet er im Mai 
den Meridian und ist im Juli wieder in seiner anfänglichen Lage. Um von der westlichsten zur östlichsten 
Lage zu kommen, braucht derselbe etwa 8 l /2 Monat (Mitte Juli bis April), zum Rückweg nur 3 l /2 Monat 
(April — Mitte Juli). 
In demselben Tempo werden voraussichtlich auch die grossen westlichen Strömungen, da sie dem 
Kältepol folgen, ihre Hin- und Herschwankung vollführen. 
*) Luftströmungen über Berlin in den 4 Jahreszeiten. Z. d. Ver. z. Förderung der Luftschifffahrt. Jahrg. V. Heft 4. 
Seite 13, 14. Abb. Fig. 17.
	        
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