No. 3.
Die Isogonen in Asien.
(Mit 1 Tafel.)
Von C. Föhre.
Da der elektrische Strom die Magnetnadel normal zur Stromrichtung einzustellen sucht, hat man als
Ursache der magnetischen Polarität der Erde elektrische Ströme angenommen, welche die Erde umfliessen
und der Magnetnadel eines jeden Ortes die Richtung geben sollen. Ob diese hypothetischen Ströme zu
den wirklich beobachteten Erdströmen in irgend einer Beziehung stehen, soll hier ausser Beachtung bleiben.
Wird die Existenz solcher Ströme versuchsweise angenommen, so liegt es in dem wissenschaftlichen Interesse,
festzustellen, in welcher Richtung diese Ströme verlaufen müssten, wenn sie an jedem Orte eines Erdtheils,
aus welchem eine grössere Zahl gleichzeitiger Beobachtungen vieler Stationen vorliegt, senkrecht zur Magnet
nadel des Ortes gerichtet sind. Dieselben würden dann wohl einen ähnlichen Verlauf nehmen, wie die von
Duperrey vorgeschlagencn magnetischen Breitengrade, von welchen indess eine detaillirte Ausführung
nicht vorliegt.
Zur Vornahme eines solchen Versuchs der Bestimmung der fraglichen Stromrichtungen wurde Asien
mit einem kleinen Theile von Ost-Europa, also die Landstrecke vom 40. bis zum 180. Grad der Länge östlich
von Ferro, gewählt, da gerade hier die Kurven der Isogonen einen besonders verwickelten, auf- und abwärts
gehenden Verlauf nehmen und zum Theil sogar, im Osten Asiens und in dem nahen Meere, in sich selbst zurück
laufen. Zeigen die aus diesen Isogonen zu bestimmenden Stromrichtungen ein noch verwickelteres Bild als
die Isogonen, oder zeigen sie ein einfacheres Bild? Von dem Ausfall der Antwort auf diese Frage scheint
die grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit der Existenz der angenommenen Ströme zum Theil wenigstens
abzuhängen.
In der beiliegenden Zeichnung wurden zunächst die Isogonen eingetragen, wie sie in dem Atlas zu
Humboldt’s Kosmos auf Blatt 13 für Asien auf das Jahr 1830 angegeben sind. Meridiane und Breiten
grade bilden nach Mercator’s Projektion zwei zu einander normale Systeme paralleler Geraden. Die
Null-Linie, die Linie ohne Abweichung, geht zunächst vom Norden Europas über das Kaspische Meer nach
Südost, biegt nahe am Aequator, südlich von Ceylon, um, steigt in doppelter Windung wieder nach dem
Norden Sibiriens aufwärts, und geht dann wieder, zum grösseren Theile durch das Meer in der Nähe von
Japan, abwärts bis zum Aequator bei Sumatra. Westlich von ihrem westlichen Aste, vom 45. Längengrade
an, weicht die Magnetnadel um 2° vom Meridian nach Westen ab; ganz im Osten, vom 160. Längengrade
an, ist die Abweichung 5° nach Osten. Für die übrigen Kurven deuten die beigeschriebenen Zahlen die
Deklination der Art an, dass —5 (nördlich von Indien) östliche Abweichung von 5°, 4-4 (nördlich von
Peking) westliche Abweichung von 4° bezeichnet. Nach diesen Andeutungen schwankt die Deklination in
Asien zwischen 15° östlicher Abweichung am Obischen Meerbusen und zwischen 6° westlicher Abweichung
in dem geschlossenen Oval südlich von Jakutsk.
Wenn nach der gemachten Annahme die Richtung des fraglichen elektrischen Stromes normal zur
Richtung der Magnetnadel stehen soll, so muss der Strom entsprechend nach Ost oder West mit dem Breiten
grade eines jeden Ortes denselben Winkel bilden, den die Magnetnadel dort mit dem Meridiane bildet. Nach
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Archiv 1888- 3.