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Arbeitsleistungs - Fähigkeit
je einer Raum-Einheit atmosphärischer Luft.
Dem Verhältnis entsprechend, ist also annäherungs
weise gezeigt, dass die obere Hälfte der Atmosphären-Masse
etwa 6 mal so viel Arbeitsleistungs-Fähigkeit aufweise als die
untere Hälfte der Atmosphären-Masse; vorausgesetzt, dass am
Erdboden kein Gradient bestehe und dass die horizontalen Tem
peratur-Unterschiede auch in grösster Höhe noch eben so stark
auftreten, wie unten.
Wiewohl diese Rechnung nur eine Schätzung sein soll, zeigt
dieselbe doch, dass die meteorologischen Untersuchungen sich
unter Umständen auf Schichten bis zu mehreren Meilen Abstand
von der Erdoberfläche auszudehnen haben.
In der beigefügten graphischen Darstellung ist der Ausdruck
©/», welcher die Arbeitsleistung der Raumeinheit Luft längs
des Weges Eins, in Richtung des Gefälles gemessen, für die Höhe
von 5000 m angiebt, gleich „Eins“ gesetzt; es sind also nur die
Je
Faktoren ^ 7 ._ 1 als Abscissen nach rechts von der Höhenlinie auf
getragen. Die Endpunkte sind durch eine Kurve verbunden.
Die Darstellung zeigt noch, dass die Grenze für die obere
und untere Hälfte der Arbeitsleistungs-Fähigkeit der ganzen
Atmosphäre unter obigen Annahmen etwa in 13 500 m Höhe zu
suchen ist. Die Region für das häufigste Auftreten der Cirrus
wolken scheint in die Schicht zwischen der eben bezeichneten
Grenzscheide der beiden Hälften und derjenigen Höhenlinie zu
fallen, welche den Ort für das Maximum der Arbeitsleistungs-
Fähigkeit einer Raumeinheit Luft angiebt.
„38. Grad“ zu lesen „35. Grad.“
Seit der Drucklegung meiner Abhandlung im „Archiv“ habe ich Gelegenheit gehabt, das neue Werk
von Ferrel: liecent Advances in Meteorology*) kennen zu lernen. Zwar war es mir noch nicht möglich,
den Stoff dieser grossen Veröffentlichung ganz zu bewältigen, jedoch konnte ich in manchen Punkten schon
Beziehungen meiner Resultate zu den Ausführungen derselben gewinnen.
In dem neuen Werke von Ferrel ist die Breite 35°16' als Grenze des West- und Ostwindes ermittelt.
Diese Berechnung beansprucht jedoch nur theoretischen, nicht unmittelbar praktischen Werth, weil dieselbe
sich auf Voraussetzungen aufbaut, welche in der wahren Bewegung der Atmosphäre nicht erfüllt sind. Jene
Theorie setzt voraus, dass ein Massentheilchen Luft von niederen nach hohen Breiten gelangt, ohne durch
Reibungs-Einflüsse am rauhen Erdboden eine Verzögerung der Rotation zu erleiden. Daraus berechnen sich
nach dem Gesetz der Flächen sehr grosse relative Geschwindigkeiten. Diese bedeutenden Werthe der Westost-
Geschwindigkeit höherer Breiten sind unmittelbare Folge jener Voraussetzung, welche die meridionale Ver
schiebung der Luftmasse anordnet. Diese Verschiebung trotz der grossen resultirenden Westost-Geschwin
digkeit und trotz der dadurch hervorgerufenen zentrifugalen zum Aequator drängenden Kräfte ist nur möglich,
wenn sehr grosse zum Pol gerichtete Gradienten bestehen. Daher wird das Vorhandensein dieser Gradienten
in der theoretischen Entwickelung angenommen. Es ist Ferrel sehr wohl bewusst, dass weder die hohen
Werthe der relativen Rotations-Geschwindigkeit, noch die so besonders grossen Gradienten sich in unserer
*) Annual report of the chief signal officer 1885, Appendix. Washington, 1886.