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acbtung aller in der Atmosphäre sich darbietenden Erscheinungen nach und nach ein Bild von den Vor
gängen selbst gewinnen können und es wird daher diesseits als nicht wünschenswerth betrachtet, durch
Aufstellung rein theoretischer Spekulationen und Rechnungen, welche einer empirischen Basis entbehren,
vorzugreifen.
f) Die Kalmenzone am Aequator.
In der Nähe des Aequators spannt sich um die Erde eine Zone, in welcher Winde von ausgesprochen
vorherrschender Richtung und erheblicher Stärke kaum auftreten. Ueber die Entstehung dieser Kalmenzone,
d. h. Zone vorherrschender Windstillen, gieht es manche Erklärungen, welche ganz fasslich klingen und
doch nicht erschöpfend den Sachverhalt darlegen. Wir begegnen z. B. auch in der bekannten Veröffent
lichung von Werner Siemens „Ueber die Erhaltung der Kraft in der Atmosphäre“ der Vorstellung, dass
am Aequator Windstille durch das Zusammentreffen zweier entgegengesetzt gerichteter Passatströme ent
standen sei, welche hier aufwärts steigend unten einen todten Winkel belassen, woselbst der Wind nicht
hingelangt. Es fehlte dieser Theorie aber jeder bindende Nachweis, weshalb der todte Winkel nothwendiger
Weise zur Ausbildung gelangen muss.
Der Nachweis ergiebt sich wie folgt: Es sind vorerst am Aequator überhaupt nur geringe horizontale
Temperatur-Differenzen vorhanden und ist daher die Entstehung lokaler Winde daselbst eine beschränkte.
Ferner ist darzuthun, dass ein Luftstrom, welcher von anderen Breiten der Aequator-Gegend „bewegte und
zwar als Ostpassat strömende Luft“ zuführt, in der Tiefe nicht wirksam ist, sondern höchstens in der Höhe
als Wind fortzueilen vermag. Es soll gezeigt werden, dass in diesem Punkte ein Unterschied zwischen
äquatorialen und höheren Breiten besteht, welcher sich so äussert, dass in höheren Breiten ein vermöge
seiner lebendigen Kraft eilender Wind bei fehlenden horizontalen Temperatur-Differenzen nur dann in der
Tiefe nicht mehr fort bestehen wird, wenn durch Reibungs-Widerstände die Luft in ganzer Masse, oben
und unten beruhigt worden und die lebendige Kraft völlig verzehrt ist, während am Aequator eine solche
Beziehung nicht besteht, so dass es dort nur darauf ankommt, in der Tiefe die Winde einmal durch Reibung
beruhigt zü haben, um daselbst unten Windstille zu erhalten. Die Winde der Höhe treiben alsdann in fast
ungeschwächter Stärke weiter, ohne nach unten Bewegungs-Energie zu verpflanzen.
In Folgendem wird besprochen, wie eine Uebertragung der Bewegung aus der Höhe auf die Tiefe
sich in höheren Breiten vollzieht und dass dieser Vorgang proportional dem Sinus der Breite gegen den
Aequator zu mit sin y> = 0 verschwindet.
Es mögen an einem Orte mittlerer Breite horizontale Temperatur-Differenzen fehlen, dagegen in einiger
Höhe Luft, mit Geschwindigkeit begabt, zugeströmt sein. Es wird nun sofort dieser Wind das Bestreben
haben, von der geradlinigen Bahn abzulenken, und, der ablenkenden Kraft der Erdrotation folgend, auf der
Nordhemisphäre nach rechts drängen. Es ist nun der Fall denkbar, dass dieser Rechtsablenkung Nichts
im Wege steht, es ist aber meistens die Ablenkung durch andere still liegende Luftmassen beeinträchtigt
und alsdann leisten diese ruhenden Massen der sich bewegenden Luft einen Widerstand, sie werden gedrückt
und so zusammengestaut, dass sich eine Neigung der Fläche gleichen Druckes an jenem Orte in der Höhe
der Windschicht ausbildet, welche ihren Maximalwerth erreicht, wenn die durch Neigung der Fläche gleichen
Druckes veranlasste Beschleunigung — der andrängenden Beschleunigung 2vw sin </> das Gleichgewicht hält.
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Ein Wind der Stärke „v“ wird also meistens in der Schicht, in welcher derselbe bläst, angenähert eine
Neigung der Flächen gleichen Druckes veranlassen, deren Neigungs-Verhältniss — sich etwa nach der
q ^ i
Gleichung ^—2voosincp = 0 regelt. In Nähe des Aequators wird für gi — 0 auch — zu Null; d. h. da
selbst bleibt die Fläche gleichen Druckes horizontal. Für den oben vorausgesetzten Fall, dass horizontale
Temperatur-Differenzen nicht bestehen, sind die Flächen gleichen Druckes aller Schichten einander parallel, so
dass ein in der Höhe erzeugtes Gefälle sofort sich auch in gleicher Stärke in der Tiefe einstellt, hier Winde
erzeugend. Also überträgt sich in mittleren Breiten der Wind der Höhe auf die Tiefe und vollzieht sich
dieser Vorgang, bis der Wind der Tiefe durch Reibung verzögert, von oben an lebendiger Kraft ergänzt,
zuletzt die ganze lebendige Kraft der oberen bewegten Schicht vernichtet hat. Da nun den oberen Luft
schichten vielfach Gelegenheit geboten ist, Windgeschwindigkeiten zu erzeugen, so finden wir durch die in
mittleren Breiten nothwendige Uebertragung der Bewegung auf die Tiefe daselbst auch unten in Nähe des