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auf die unteren Schichten fort und bedingt, dass sich etwa am 30 sten Kreise das Gefälle der Flächen gleichen
Druckes umkehrt und in höheren Breiten polwärts gerichtet ist.
Wir haben in den benachbarten Breiten jenseits des 30 3ten Grades also schon in der Tiefe Gefälle polwärts,
in der Höhe viel stärkeres Gefälle und sehr grosse Westwind-Geschwindigkeit; aber im Oberstrome keine
oder nur eine sehr kleine meridionale Geschwindigkeits-Komponente. Es tritt also polwärts vom 30 sten Grade
die allgemeine meridionale Zirkulation zurück und bliebe nur noch eine allgemeine Rotation der Luft in
Richtung der Breitengrade einzig bestehen, wenn nicht Umstände besonderer Art zeitweise diesen Be
wegungs-Zustand der Luft störten. An und für sich ist es schon unmöglich, dass Luftschichten mit ver
schiedener Wind-Geschwindigkeit begabt über einander hingleiten können, ohne durch Reibungs-Beeinflussung
in Wechselwirkung mit einander zu treten. In besonderem Maasse wird dies erreicht, wenn durch lokale
steigende und fallende Ströme eine Mischung der oberen und unteren Schichten angebahnt wird. Solche
Mischung wird begünstigt durch die Erwärmung resp. Ueberhitzung der unteren Luftschichten, durch die
Sättigung der unteren Luftschichten mit Feuchtigkeit, durch welche bei Kondensation der Dämpfe im
steigenden Strome das Freiwerden zuvor latenter Wärme herbeigeführt wird. Ferner kann zur Mischung
der Luftschichten sehr wohl auch Fluth- und Ebbe-Strömungen in der Atmosphäre einwirken, wofern nicht
gerade die Art der vertikalen Temperatur-Vertheilung dies hindert. Endlich wird eine Mischung der Luft
schichten auch durch die Schwankungen begünstigt, welche in der horizontalen Vertheilung der Temperatur
sich täglich vollziehen.
Das Resultat der Mischung ist ein tlieilweiser Ausgleich der Luft-Geschwindigkeiten oben und unten.
In der Höhe erleidet der Westwind Verzögerung durch die eingedrungenen langsamer strömenden Luftmassen
tieferer Schichten, in der Tiefe dagegen stellt sich eine Vergrösserung der Westwind-Geschwindigkeit durch
das Herabtauchen schneller fliessender Luftströmungen ein. Als nothwendige Folge dieses Vorganges ist
das Bestehen der Ungleichung 2 v co sin cp > 0 für die Höhe und ——2 v co sin </> < 0 für die tieferen
Ql/ Ql/
Schichten zu erkennen. Es folgt daher in der Höhe die Luft der polwärts gerichteten Beschleunigung
—— 2 v co sin fj> > 0 und in tieferen Schichten der äquatorwärts gerichteten Beschleinigung —2v co sin cp <0;
indem die ablenkende Beschleunigung der Erdrotation (2 v co sin y) die Wirkung des Gefälles (gjn) über
windet. Natürlich ist alsbald in der Höhe v nach dem Gesetz der Flächen bei dem Uebertritt in
höhere Breiten gewachsen, unten dagegen v bei Entfernung vom Pole kleiner geworden, so dass nach
kurzer Zeit oben und unten die meridionale Bewegung dadurch zum Abschluss gelangt sein würde:
dass sich die Gleichung-^--—-2 v m sin y — 0 oben und unten wieder ergäbe. Solange aber fortlaufend die
Mischung der Luftschichten nach oben und unten statthat, also fortlaufend den oberen Schichten Bewegung
entzogen, den unteren Bewegung hinzugefügt wird, solange bleibt auch in der Höhe die polwärts gerichtete
meridionale, und unten die zum Aequator gerichtete Geschwindigkeits-Komponente erhalten; so dass diese
Reibung der oberen oder unteren Schichten aneinander, resp. dieser Maasseu-Austausch der Schichten zur
Erhaltung einer allgemeinen meridionalen Luft-Zirkulation führt, welche jedoch durchaus nicht so regel
mässig sich entwickelt, wie die Zirkulation der heissen Zone, sondern vielmehr nur als ein ganz ver
kümmerter polarer Zweig der absteigenden Luft-Bewegung anzusehen ist, deren Hauptast im Bereiche der
Stauströme liegt und die Trockenzone bildet.
Ein sehr interessanter Vorgang vollzieht sich durch die also eingeleitete fallende Zirkulation in der
gemässigten Zone. Die oben mit grosser Geschwindigkeit begabte Luft sinkt nach unten, folgt der Be
schleunigung 2 v co sin y, weil unten gjn klein ist, so dass 2 v co sin y die meridionale, zum Pole gerichtete
Beschleunigung g\n überwindet. Die Luft weht dann bei uns in der nördlichen Hemisphäre als Westnordwest,
drängt die Luftmassen vor sich her, auf welche die Luft stösst und erzeugt also Verstärkung der meridionalen
Druck-Differenzen der unteren Schichten. Sofort neigen sich auch in den oberen Luftregionen die Flächen
gleichen Druckes stärker dem Pole zu, die Geschwindigkeit v wächst, da die Luft nun oben dem verstärkten
q
Gefälle folgt, bis v nach der Gleichung — 2 vcosiny = 0 dem verstärkten Gefälle 1/m entspricht. Die
Vergrösserung der Westwind-Geschwindigkeit der Höhe bedingt Uebertragung schneller bewegter Luftmassen
auf die Tiefe, weiter als unmittelbare Folge eine verstärkte Neigung der Flächen gleichen Druckes unten,
somit auch oben und besitzen also ursächlich dieses Vorganges die Flächen gleichen Druckes das Bestreben
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Archiv 1887. 3.