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Full text: 10, 1887

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weht. Die ganze Luftmasse kreis’t um den Kältepol und erleidet durch diese Wirbelbewegung eine Senkung 
der Oberfläche und aller Flächen gleichen Druckes, wodurch das Gefälle — der Flächen gleichen Druckes, 
ähnlich wie bei einem Wasserwirbel, erhalten wird. 
Die Fliehkraft genügt nach Ferrel in den oberen Schichten der Atmosphäre zwar nicht vollkommen 
zur Uebervvindung der Wirkung des Gefälles, sondern es ergiebt sich v etwas zu klein, so dass die Luft 
sich auf spiralförmiger Balm ganz langsam dem Pole nähert. Dabei verstärkt sich der W'estwind, weil 
nach dem Gesetz der Flächen jede meridionalo d. h. radikale Beschleunigung in Umfangs-Geschwindigkeit 
verwandelt wird. Eine Verstärkung der Umfangs-Geschwindigkeit findet bei Annäherung an den Drehmittel 
punkt, hier den Pol, statt, eine Schwächung der Umfangs-Geschwindigkeit dagegen bei Entfernung vom 
Drehmittelpunkt. Hierdurch ist die Nothwendigkeit für die Ausbildung eines in der Höhe im Mittel vor 
handenen Westwindes begrenzter Grösse als Resultat der allmählichen Annäherung an den Pol angedeutet. 
Mit der Auffindung des obigen, die Ausfüllung des polaren Trichters verzögernden Umstandes hat sich 
Ferrel nicht begnügt, sondern sehr wohl erkannt, dass, wenn auch die Fliehkraft die schnelle Ausfüllung 
verhindert, dennoch allmählich in der Höiie ein Zufluss von Luft zum Pol erfolgen werde, der, wie klein er 
auch sei, durch einen Abfluss wieder ausgeglichen werden müsse, damit die den Druck am Pol steigernde 
Wirkung des Zuflusses durch entsprechende Abführung von Luft vernichtet werde. Der Zufluss in der Höhe 
vom Aequator her ist aber nothwendig, weil nur durch Annahme eines Zuflusses sich die grossen West 
wind-Geschwindigkeiten der Höhenschichten erhalten können; ohne Zufluss von Luft aus niederen Breiten 
würde die vorhandene Bewegung durch Reibung verzehrt werden. Für jene Gebiete, wo in der Tiefe der 
Druck vom Pol in Richtung des Meridians abnimmt, ist der Rückstrom leicht erklärt, denn dort wird in 
der Tiefe die Luft durch den polaren Ueberdruck einfach wieder in niedere Breiten zurück getrieben. 
Weitaus schwieriger ist die Beantwortung derselben Frage für diejenigen Zonen, woselbst auch in der Tiefe 
in Nähe des Erdbodens im Mittel schon in den untersten Luftschichten das Gefälle der Flächen gleichen 
Druckes polwärts gerichtet ist und woselbst ferner in der Höhe das Gefälle besonders steil zum Pol abfallen 
wird. In allen Höhenschichten wehen in dieser Zone zwischen den 30 stfm und 60 steu Breitenkreisen im Mittel 
westliche W T inde, welche in der Tiefe in unmittelbarer Nähe des Erdbodens eine polwärts gerichtete Kom 
ponente besitzen, also dem polaren Trichter Luft zuführen. Diese polwärts gerichtete Komponente entsteht 
in der Tiefe dadurch, dass die Westwind-Geschwindigkeit v, abgeschwächt durch den starken Reibungs- 
Widerstand der rauhen Erdbodenfläche, eine kleinere Fliehkraft entwickelt, als zur Ueberwindung der Be- 
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schleunigung des Gefälles der Grösse — erforderlich sein würde. Die Luft folgt also dem meridionalen 
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Gefälle, und die Wirkung der Fliehkraft macht sich nur durch eine Ablenkung bemerkbar, welche in unseren 
Breiten etwa 60 Grad beträgt. 
In sehr grosser Höhe und in der tiefsten Schicht fliesst also dem Pole Luft zu. Ferrel hat nun 
nachgewiesen, dass in der dazwischen liegenden Schicht mittlerer Höhe die Luft mit grösserer Westwind- 
Geschwindigkeit begabt sei, als zur Ueberwindung des Gefälles erforderlich ist und dass daher hier die 
Luft, der Differenz der Beschleunigungen 2 v oo sin <p —— folgend, aequatorwärts strebe, also den von uns 
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gesuchten Rückfluss von Luft aus höheren nach tieferen Breiten bewerkstelligt. Der Ueberschuss an 
Westwind-Geschwindigkeit in mitteltiefen Schichten ergiebt sich aus folgender Ueberlegung. Es fällt zeit 
weise ein Theil der im oberen Strom polarwärts treibenden, mit grosser Westwind-Geschwindigkeit begabten 
Luft in tiefere Schichten hinab, mischt sich theilweise mit den hier langsamer fliessenden Luftströmungen 
und verleiht denselben durch Uebertragung eines Theiles der grösseren Geschwindigkeit der oberen Luft 
ströme nunmehr verstärkte Bewegung. Durch diesen Vorgang erlangt die Luft mittlerer Tiefe so starke 
Westwind-Geschwindigkeit, dass dieselbe das in dieser Höhe schon geringere Gefälle überwindet, aequator 
wärts treibt und also den gesuchten Luftabfluss aus höheren nach niederen Breiten bewirkt. 
Auf der nördlichen Halbkugel weht, obigen Ausführungen entsprechend, zwischen den 30 sten und 60 steu 
Breitenkreisen in sehr grossen Höhen im Mittel stürmischer Westsüdwest-Wind, in mitteltiefen Schichten 
lebhafter Westnordwest und in der Tiefe leichter Südwest. Vielfache Störungeu in der Vertheilung der 
Temperatur und des Luftdruckes können die Wirkung dieser im Mittel auftretenden Strömungen zwar ver 
ändern, aber nicht aufheben.
	        
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