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wenige Beobachtungen vor; man glaubt jedoch erkannt zu haben, dass in Nähe des Nordpoles der Luftdruck im
Mittel wenig höher sei als am Aequator, die Fläche gleichen Druckes also gegen den Pol massig ansteige.
Auf der Siidhemisphäre senkt sich die Fläche gleichen Druckes vom 20 sten Breitengrade um mindesten 200 m
bis in die Gegend des 60 steu Grades, um dann gegen den Südpol um ein unbekanntes Maass wieder zu
steigen.*)
Wohl erkennt man aus diesen Angaben, dass mindestens zwischen dem 30 sten und 60 steu Breitenkreise sich
in beiden Hemisphären ein Gürtel um die ganze Erde legt, in welchem schon in der Tiefe die Flächen gleichen
Druckes um ein erhebliches Maass polwärts abfallen. Dieses mittlere polwärts gerichtete Gefälle nimmt
mit der Höhe zu, weil alle Flächen gleichen Druckes polwärts konvergiren. Jn etwa 10 000 m Höhe würde
sich hiernach auf der Nordhemisphäre zwischen dem 30 3ten und 60 sten Breitenkreise ungefähr ein absolutes Ge
fälle von 860 m, auf der Südhemisphäre ein solches von 960 m ergeben, weil die Flächen gleichen Druckes
der Tiefe und der Schicht von etwa 10 000 m Höhenlage ungefähr eine Konvergenz von 760 m auf dieser
Strecke aufweisen werden, wenn die horizontale Temperatur-Differenz etwa 22 Grad Celsius zwischen diesen
Breiten beträgt. Das relative Gefälle beträgt in der Höhe von 10 000 m, obigen Zahlen entsprechend, auf
jener Strecke von 450 Meilen meridionaler Länge im Mittel 1:4000 resp. 1:3500.
Wenn auch vereinzelt Zweifel darüber laut werden könnten, ob die gegebenen Zahlen der Wirklichkeit
entsprechen, ob nicht vielleicht in sehr grossen Höhen die meridionaleu Temperatur-Unterschiede wesentlich
verschwinden, so ist dagegen anzuführen, dass alle Beobachtungen auf Bergeshöhen die horizontale Temperatur-
Abnahme gegen die Pole hin auch für sehr hohe Niveaus erwiesen haben und dass ferner für die nach
folgenden Besprechungen es auch zunächst von keiner Bedeutung ist, ob das Gefälle der hohen Flächen
gleichen Druckes in unserer Atmosphäre just so gross sei, wie durch obige Zahlen angedeutet wurde; es
genügt vollkommen zu wissen, dass im Mittel in der Höhe die Flächen gleichen Druckes alle trichterförmig
mit einem bedeutenden Gefälle sich dem Pol, resp. dem Kältepol der arktischen Zone zuneigen.
4. Ferrel’s Erklärung für die Ursache einer Erhaltung starker Neigung der Flächen gleichen
Druckes in den gemässigten und kalten Zonen der Erdatmosphäre.
Es ist Ferrel’s Verdienst,**) erwiesen zu haben, dass in unserer Atmosphäre so stark geneigte Flächen
gleichen Druckes bestehen können, ohne dass die Luft sofort, dem Pole zufliessend, das trichterförmige, von
den geneigten Flächen gleichen Druckes gebildete Thal mit Luftmasse anfülle. Thäte die Luft dies, würde
also in der Höhe zuerst in allen Schichten dem Pol Luft Zuströmen bis zunächst unten die polwärts ge
richtete Neigung verloren ginge und der Druck sich steigerte bis endlich ein Ausgleich dadurch stattfände,
dass in mittlerer Schicht, z. B. in etwa 5000m Höhe, wo der Luftdruck V2 Atmosphäre beträgt, keine
Neigung, darüber Neigung polwärts, darunter Neigung aequatorwärts sich einstellte, dann würde sich die
Konvergenz von 1800 m so vertheilen, dass in 10 000 m Höhe vom 30 sten Kreise zum Pol 900 m Gefälle ver
bliebe und unten in der Nähe des Erdbodens entgegengesetzt vom Pol zum 30 sten Kreise sich 900 m Gefälle
ergeben müsste. Alsdann betrüge der Luftdruck am Pol etwa um 90 bis 100 mm Quecksilber-Säule mehr
als am 30 sten Breitenkreise.
Aus dem Umstande, dass eine solche Steigerung des Luftdruckes vom 30 3ten bis 60 sten Breitenkreise über
haupt nie statthat, sondern dass vielmehr der Druck vom 30 3ten bis zum 60 sten Kreise an Stärke abnimmt,
erkennen wir, dass thatsächlich eine Füllung des trichterförmigen Gebildes der Flächen gleichen Druckes
höherer Breiten nicht statthat.
Ferrei hat nun zweierlei nachgewiesen, nämlich erstens erklärt, dass die aus dem polwärts gerichteten
Ü
Gefälle der Flächen gleichen Druckes resultirende, meridionale, zum Pol drängende Beschleunigung —
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fast aufgehoben werde durch eine zum Aequator weisende Fliehkraft 2 v w sin f, welche dadurch herbei
geführt ist, dass die Luft in der Höhe im Mittel als Westwind mit der Geschwindigkeits-Komponente v
*) Vergl. Sprung, Lehrbuch der Meteorologie. Tafel XVI und XVII.
„ H. Mohn, Grundzüge der Meteorologie, S. 136 und 138.
**) „ Lehrbuch der Meteorologie, Dr. A. Sprung, Seite 198.