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Full text: 8, 1885 (1889)

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Eine sichere Beziehung zwischen der Fortschreitungs-Geschwindigkeit der Gewitter und ihrer Stärke oder 
Ausbreitung lässt sich aus den vorstehenden Angaben nicht herleiten. Bezeichnet man diejenigen Gewitter, 
deren Gang mindestens 8 Stunden lang verfolgt werden konnte, als stärkere, die übrigen als schwächere 
oder lokale, so würde dies Kriterium in manchen Einzelfällen nicht einmal als einwurfsfrei erscheinen. 
Die Rechnung ergiebt für die hiernach stärkeren Gewitter 5, 6, 9, 12, 17, 19, 22 eine mittlere Fortpflanzungs- 
Geschwindigkeit von 38.31 Km., für die übrigen 36.37 Km. in der Stunde (bezogen auf Ortszeit), also kaum 
einen Unterschied. 
Die Betrachtung der Isobaren und Isothermen (Tafel II—V) ergiebt, dass, wie schon mehrfach ander 
weitig gefunden, das ausbrechende Gewitter auf seiner Vorderseite in der Regel ein Druck-Minimum und 
ein Temperatur - Maximum hat. Bezüglich des Luftdrucks kann das Gleiche auch entnommen werden aus 
der Form der Barogramme (Fig. 1—4), welche bei jedem Gewitter die meist als „Gewitternase“ bezeichnete 
ruckweise erfolgende Drucksteigerung zeigen. An den betreffenden Stellen der Zeichnung sind die Nummern 
der zugehörigen Gewitter angeschrieben. 
In Betreff des Niederschlags waren genauere Studien nicht ausführbar, weil die Stationen zwar 
meistens die Zeit, aber nicht die Menge der einzelnen Regengüsse angeben. Indessen konnte doch fest 
gestellt werden, dass die sämmtlichen Gewitter von Niederschlag begleitet waren, sowie dass vielfach das 
Gewitterfeld noch von einer Regenzone umgeben war. Mitunter wurden auch die in der Gewitterfront vor 
handenen Lücken durch Niederschlag ausgefüllt. 
Bemerkenswerth sind einige wiederholt auftretende Einzelnheiten in Betreff der Wirkungen, welche 
Gebirge und Flüsse auf das Fortschreiten der Gewitter ausüben. 
Die Gebirge ziehen das Gewitter derartig an, dass sie sein Herannahen beschleunigen, sein 
Abziehen verlangsamen. In der vorstehenden Beschreibung der einzelnen Gewitter sind solche Fälle viel 
fach vorhanden. Die Flüsse dagegen erweisen sich geradezu als Hindernisse. Viele Gewitter werden 
ganz oder auf einem Theil ihrer Front zum Auf hören gebracht, sobald sie das Ufer eines grossen Flusses 
erreichen. Wird aber der Fluss überschritten, so geschieht dies mitunter in einer eigenthümlichen Weise, 
indem nach vorausgegangener Annäherung an das eine Ufer zuletzt das Gewitter auf beiden Ufern gleich 
zeitig ausbricht. Nachweisbar ist diese Erscheinung bei den Gewittern 5 (6 P an der Weser), 19 (6^ und 
7V an der Elbe) und 22 (4 P am Rhein, 5P an der Weser, 7^ an der Elbe); indessen kann wohl angenommen 
werden, dass bei grösserer Dichtigkeit des Stationsnetzes das Gleiche auch noch in anderen Fällen er 
kennbar gewesen wäre. Merkwürdig ist auch das oft vorkommende seitliche Ausdehnen der Front. 
Wenn nämlich ein Gewitter auf einem Theil seiner Front durch ein Hinderniss (Gebirge oder Fluss) zurück 
gehalten wird, so eilt der nicht behinderte Theil voraus; ist dieser neben dem Hinderniss vorübergekommen, 
so dehnt er seine Front seitwärts aus, derartig, dass dieselbe bald wieder solche Länge und Stellung erhält, 
wie wenn das Hinderniss gar nicht vorhanden gewesen wäre. 
Eine mechanische Deutung dieser Einzelheiten ist leicht, wenn man annimmt, dass jedes Gewitter an 
einen aufsteigenden Luftstrom gebunden ist. Diese Voraussetzung gründet sich auf die bekannten Unter 
suchungen von Koppen, v. Bezold, Assmann, Ferrari, und wird auch durch die oben erwähnte 
Thatsache bestätigt, dass die hier untersuchten Gewitter sich im unmittelbaren Gefolge barometrischer 
Depressionen, d. h. also aufsteigender Luftströme, befanden. Ein solcher aufsteigender Strom hat als 
Basis einen schmalen Streifen, zusammenfällend mit der Gewitterfront, und schreitet senkrecht zu seiner 
Längsrichtung fort. Genährt wird er durch Luftmassen, welche von beiden Seiten (entgegen und hinterher) 
diesem Streifen Zuströmen. Wird von einer Seite diese Strömung gehindert, so überwiegt der von der 
andern Seite kommende Luftstrom und sucht das Ganze gegen das Hinderniss hin zu bewegen. Die Orts 
veränderung des aufsteigenden Stromes fällt erfahrungsmässig mit der Richtung der herrschenden Luft 
strömung zusammen, und zu dieser Bewegung tritt noch als weitere Komponente die eben erwähnte gegen 
das Hinderniss gerichtete hinzu. Besteht dieses in einem Gebirge, so muss das Gewitter, welches sich 
nach dem Gebirge hinbewegt, durch dessen Einfluss eine Beschleunigung erfahren; liegt aber das Gebirge 
im Rücken des Gewitters, ist also dies im Begriff, sich von jenem zu entfernen, so wirkt die erwähnte 
Komponente der Gesammtbewegung entgegen, das Gewitter wird vom Gebirge gewissermaassen festgehalten, 
sein Fortschreiten verlangsamt.
	        
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