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Wie aus dieser Uebersicht hervorgeht, traten zahlreiche Gewitter im Gefolge von Theildepressionen
auf, welche vom südöstlichen Rande des Hauptminimums sich ablösten und nach Osten hin fortzogen. Die
selben hatten, gemäss der herrschenden Druck-Vertheilung, die stärksten Gradienten nach E und S hin;
es strömten also von hier aus vorzugsweise warme Luftmassen in das Gebiet des Theilminimum hinein,
während der Zufluss kalter Luft aus N durch die Hauptdepression beeinträchtigt wurde. Kam hierdurch
zu dem Druck-Minimum ein Temperatur-Maximum, so waren damit die wesentlichen Vorbedingungen erfüllt,
welche erfahrungsmässig die Gewitterbildung einzuleiten pflegen.
In dem Bestreben, die Einzelheiten der vorstehend skizzirten Vorgänge zu ergründen, stellte ich zunächst
die Aufzeichnungen einer möglichst grossen Zahl deutscher Stationen aus jenen Tagen zusammen. Durch freund
liches Entgegenkommen der betheiligten Herren erhielt ich die Beobachtungen aus folgenden Stationsnetzen:
Vom Preussischen Meteorologischen Institut entnahm ich den zu Berlin auf bewahrten Akten abschrift
lich die gewünschten, auf alle meteorologischen Elemente bezüglichen Angaben nord- und mitteldeutscher
Stationen.
Von der Deutschen Seewarte benutzte ich die autograpliirten, täglichen Wetterberichte, die „Monatliche
Uebersicht der Witterung“, sowie die handschriftlich mir übermittelten Meldungen der Küsten - Stationen,
betreffend Gewitter und Niederschlag und einige Aufzeichnungen von Barographen und Anemometern.
Aus dem Stationsnetz des „Vereins für Wetterkunde zu Magdeburg“ erhielt ich abschriftlich die auf
Gewitter und Niederschlag bezüglichen Meldungen einer Reihe von Stationen, sowie das „Jahrbuch der
meteorologischen Beobachtungen der Wetterwarte der Magdeburgischen Zeitung“, III, 1884.
Von der K. Bayerischen Meteorologischen Zentralstation standen mir die im Druck erschienenen sowie
einige handschriftlich mitgetheilte Beobachtungen zur Verfügung, ebenso die vom K. Sächsischen Meteoro
logischen Bureau veröffentlichen Angaben der dortigen Stationen.
Endlich lagen mir die auf Postkarten erstatteten Gewitter-Meldungen der württembergisclien Stationen
in Urschrift vor.
Hiernach betrug die Zahl der Orte, aus denen Gewitter - Meldungen benutzt wurden, 230; dieselben
gehören ausschliesslich solchen Stationsnetzen an, deren Beobachter Anfangszeit und Dauer der Gewitter
oder wenigstens die Anfangszeit zu notiren pflegen. Ausserdem konnte ich noch die Gewitter- und Regen-
Meldungen aus Böhmen, Mähren, österreichisch Schlesien, sowie aus Baden benutzen, welche aber meistens
nur die einzelnen Gewittertage bezeichneten, ohne genauere Zeitangaben hinzuzufügen. In Betreff der
übrigen meteorologischen Elemente (Luftdruck, Temperatur, Feuchtigkeit, Bewölkung, Wind) lagen Angaben
vor, welche zu verschiedenen Beobachtungszeiten gewonnen waren. Nur die Mittags-Beobachtung fand fast
überall um 2 p statt. Die gesammte Zahl der Stationen betrug für die verschiedenen Termine:
um; 5 g 6 a 7 a 8 g 1? 2 P 8? 9 P 10P
Stationen: 1 83 19 54 1 140 46 22 85.
Hiernach war es möglich, für die 7 Zeitpunkte 6“, 7“, 8“, 2 P , 8 P , 9 P , 10P der 5 Tage 13.—-17. Juli
synoptische Wetterkarten zu konstruiren, und zwar je 2 für jeden Termin, die eine enthaltend Bewölkung,
Wind und Isobaren, die andere Isothermen. Die Herstellung dieser Karten war, wie sich nachher erwies,
nicht in dem erwarteten Maasse sicher, so dass einwurfsfreie neue Schlüsse daraus trotz der grossen mit
dem Entwerfen von 70 Karten verbundenen Mühe nicht gewonnen wurden.
Es war nämlich die Dichtigkeit der benutzten Stationen für Gewitter (mit Zeitangaben) 0.037 auf
1 Quadrat-Myriameter, für Isobaren und Isothermen:
2P: O.022, 6 a und 10P: 0.014, 8“: 0.0086, 8P : 0.007, 9P: 0.0037, 7 a : 0.003.
Zum Vergleich sei erwähnt, dass Ferrari*) die Gewitter des Jahres 1881 in Italien mit Hülfe eines
Stationsnetzes untersuchte, dessen Dichte betrug: für Gewitter in Ober-Italien 0.5, in Mittel- und Unter-
Italien 0.2 auf 1 Quadrat-Myriameter, für Regen 0.2 resp. 0.1, für Druck, Temperatur und Feuchtigkeit 0.04
resp. O.02.
Die Gewitter-Meldungen ermöglichten immerhin die Herleitung von Isobronten, d. h. von Linien gleich
zeitigen ersten Donners. Da vorzugsweise der Beginn des Gewitters von den Beobachtern notirt war, so
fiel die Frage der Darstellung von Linien gleichzeitiger stärkster Gewitterentfaltung (Fase massima) gänzlich
*) Ciro Ferrari, Annali dell’ Uffieio centr. di Meteorol., Vol. V, Parte I. 1883; Met. Zeitsclir. II, S. 353—375, 1885.