Archiv 1884. 4.
No. 4.
Meteorologische Untersuchungen auf einer Reise um die Erde, sowie Beobachtungen
über Dämmerungs-Erscheinungen und Zodiakallicht,
Von De. med. Richard XcuhaiMü, Arzt.
W ährend einer Reise um die Erde im Jahre 1884 bot sich reichliche Gelegenheit zu meteoro
logischen Beobachtungen, deren Resultate im Folgenden kurz dargestellt werden sollen.
Als Arzt des Hamburger Sloman-Dampfers „Marsala“ ging ich über Antwerpen und London durch
das Mittelmeer und den Suez-Kanal quer über den Indischen Ozean nach Adelaide, Melbourne und Sydney;
nach mehrwöchentlichem Aufenthalte in Sydney auf anderen Schiffen weiter nach Neu-Seeland. Ich durch
kreuzte, bei den Samoa-Inseln anlegend, den Stillen Ozean, und verweilte mehrere Monate auf den Hawaii-
Inseln. Von hier ging es nach San Franzisco; dann mit der Süd - Pazifik - Bahn durch Arizona und Neu-
Mexiko nach Chikago, Niagara, Neu-York. Kurz vor Weihnachten kehrte ich über den Atlantischen Ozean
in die Heimath zurück.
Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt in den Beobachtungen auf offenem Meere, innerhalb der
Tropenzone. Der Indische Ozean erwies sich als günstigstes Operationsfeld. Von Kap Guardafui direkt
auf die Südwest - Spitze Australiens zu steuernd, schnitten wir den Aequator in spitzem Winkel; das nur
langsam fahrende Schiff blieb wochenlang zwischen den Wendekreisen, und es war möglich, Schritt für Schritt
den Erscheinungen zu folgen, beim allmählichen Uebergange von der nördlichen Halbkugel auf die südliche.
Die Beobachtungszeiten auf hoher See waren kurz folgende: Thermometer-Ablesungen geschahen von
6 Uhr morgens bis 10 Uhr abends zweistündlich, in der Zeit von 10 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags
jedoch stündlich. Da ich es mir zur Aufgabe gestellt hatte, zu prüfen, ob thatsächlich, wie Lenz und
Schrenk behaupten, das Wärmemaximum auf offenem Meere innerhalb der Tropenzone schon vormittags
um IIV2 bis ll 3 / 4 Uhr eintritt, so liess ich während dieser kritischen Zeit das Thermometer überhaupt nicht
aus den Augen. Den niedrigsten Stand der Quecksilbersäule bei Nacht vermerkte ein Minimum-Thermo
meter. Um gleichzeitig den Einfluss der Temperatur des Meerwassers auf die Luft berücksichtigen zu
können, maass ich, mit einem Schöpfeimer Proben entnehmend, morgens, mittags und abends das Wasser
der Oberfläche. Wie gewaltig dieser Einfluss ist, beweist folgender Fall: Auf dem Atlantischen Ozean
hatte am 2. November in 41° n. Br. und 57° w. Lg. von Greenwich das Wasser des Golfstromes 20°, die
Luft 18°; am folgenden Tage, nach Verlassen des Stromes, das Wasser 10°, die Luft 8°. Beide Tem
peraturen waren gleichmässig um 10° gefallen.
Die Luftfeuchtigkeit bestimmte ich vermittelst eines August’schen Psychrometers zweistündlich, von
morgens 6 bis abends 10 Uhr. Endlich geschahen stündliche Barometer-Ablesungen an einem mehrfach
während der Reise kontrollirten Aneroid von morgens 6 bis abends 11 Uhr, und ausserdem noch hin und
wieder in der Nacht.
Nebenher laufen Aufzeichnungen über Wind, Wetter, Bewölkung und dergl., und die beigefügte Länge
und Breite, wo sich das Schiff jedesmal um 12 Uhr mittags befand, gestattet, den Ort für jede einzelne
Beobachtung zu fixiren.
Bei allen Thermometer- und Psychrometer - Messungen wurde auf’s Peinlichste dafür Sorge getragen,
dass die Instrumente — unbeschadet des freien Luftzuges — vor den Strahlen der Sonne, vor der wannen,
aus dem Maschinenraume und der Umgebung des Schornsteins dringenden Luft, und vor dem feinen Wasser
staube geschützt waren, der selbst bei nur mässigem Seegange das Deck benetzt.