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Full text: 5, 1882

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Die für solche Untersuchungen seit Renneil und Fitz-Roy übliche Methode besteht bekanntlich in der 
Berechnung von Mittelwerthen für möglichst kleine Flächeneinheiten (Eingradfelder etc.) auf Grund eines 
möglichst reichhaltigen Urmaterials, meist bis auf die zwölf Monate des Jahres spezialisirt durchgeführt. 
In unserm Falle wären sowohl die Strömungen wie die Oberflächen-Temperaturen zu berechnen gewesen, 
was eine äusserst zeitraubende Arbeit genannt werden muss. 
Was die Berechnung von Mittelwerthen für Stromrichtung und -Stärke betrifft, so ist dabei auch 
Folgendes zu bedenken. An sich betrachtet, sind bekanntlich die aus den Schiffsjournalen zu entnehmenden 
„StromVersetzungen“ keineswegs eine ohne Weiteres zu Schlussfolgerungen verwertlibare Materie. Man muss 
sich in diesem Punkte vollkommen auf den Standpunkt stellen, wie ihn Kapt. Koldewey 1 ) vor Jahren 
bereits in entschiedener Weise vertreten hat, indem er hervorhob, dass eine jede solche Beobachtung „streng 
genommen nicht die wirkliche Strömung während der jedesmaligen letzten 24 Stunden giebt, sondern den 
Unterschied zwischen dem nach der Loggerechnung und dem nach den astronomischen Beobachtungen 
bestimmten Schiffsorte. Dieser Unterschied ist im Wesentlichen zusammengesetzt aus der wirklichen 
Strömung, den Fehlern der Loggerechnung, entstanden aus Irrthümern in Kurs und Distanz 2 ), und den 
Fehlern in den astronomischen Ortsbestimmungen. Da nun diese Fehler in den meisten Fällen als zufällige 
angesehen werden können, d. h. als solche, die ebenso wahrscheinlich nach der einen wie nach der andei'en 
Richtung fallen können, so würden durch Mittel aus vielen Beobachtungen dieselben eliminirt werden und 
die wirkliche Strömung zum Vorschein kommen, wenn man dieselbe als konstant annehmen könnte. Die 
Strömung ändert sich indess für irgend eine gegebene Gegend des Ozeans in den meisten Fällen sowohl 
nach Richtung als Stärke, und nicht selten herrschen, wie z. B. unter dem Aequator, zwei entgegengesetzte 
Strömungen zu verschiedenen Zeiten an demselben Orte.“ Um sich hier gegen Irrthümer zu sichern, ist 
also vor allen Dingen ein möglichst reichhaltiges Urmaterial erforderlich; eine Berechnung der mittleren 
Stromrichtungen musste daher entweder auf dieser Basis erfolgen oder aber ganz unterbleiben. 
Es liess sich indess mit Hülfe der Wasser-Temperaturen ein Weg finden, der schneller zum Ziele 
führte. Es handelt sich hier um ein Gebiet in gemässigten Breiten, in welchem ganz ohne Frage sowohl 
warmes Wasser tropischer Herkunft (Brasilienstrom), wie kaltes Wasser wesentlich antarktischen Ursprungs 
(Kap-Horn-Strom) den gegenseitigen Grenzen nach festzulegen war. Auch hier wurde nun nicht die 
mühselige Bahn der Berechnung von Mitteltemperaturen für Eingradfelder oder dergl. gewählt, obwohl es hier 
für nicht eines ganz so grossen Urmateriales bedurft hätte, um ein brauchbares Resultat zu erlangen, wie etwa 
für Meeresströmungen. Es erschien bequemer und für den oben angegebenen Zweck auch viel schärfer, 
einfach den Journalen die Positionen, in welchen die Beobachter eine plötzliche Aenderung der Wasser 
temperatur konstatirt hatten, zu entnehmen, resp. dieselben nach der Loggerechnung zu ermitteln, und in 
Tabellen einzutragen. Dabei stellte sich sehr bald heraus, zumal wenn man mehrere gleichzeitige Reisen 
detaillirt auf einer Karte niederlegte, dass südlich der Laplata-Mündung die Verhältnisse wirklich so liegen, 
wie sie oben in dem englischen Text zu den Surface Temperatures of the South Atlantic angedeutet sind. 
Es wird nämlich, zumal im Südsommer, auf der patagonischen Bank warmes Wasser gefunden, am öst 
lichen Rande der Bank folgt zunächst als ein schmaler, seiner Länge nach von NNE nach SSW verlaufender 
Streifen kaltes Wasser, dann aber wieder östlich eine breite Masse recht warmen Wassers, dessen Tem 
peratur sich meist etwa 10° über derjenigen des kalten Streifens hält. 
Es wurden nun die an der Westkante dieses warmen Wassers beobachteten Temperatursprünge in 
einer besonderen Tabelle zusammengefasst, wofür aus mehr als 100 Journalen von Segelschiffen, einer kleinen 
Anzahl von Dampferjournalen (der Kosmos-Linie), sowie den schon genannten englischen Beobachtungen 
in der Einleitung zu den Surface Temperatures of tlie South Atlantic, im Ganzen etwa 400 Einzel 
positionen zur Verfügung standen. Als letztere wurde stets der Schiffsort zur Zeit der Beobachtung des 
jedesmal wärmeren Wassers angenommen. In Tabelle I (am Schlüsse der Abhandlung) reproduziren wir 
die Sammlung nach Monaten geordnet und mit Angabe der wahrgenommenen Temperatur-Differenz während 
der letzten 4 Stunden (einer Wache). 
*) Hydrographische Mittheilungen 1875, S. 135. 
2 ) Wie viele Schiffe besitzen noch keine Patentlogge, und auch die bestgeführten können bei hohem Seegang den ge 
steuerten Kurs wohl kaum bis aui einen vollen Strich genau garantiren! Ferner ist bei den immer zahlreicher werden 
den eisernen Schiffen die Deviation nicht durchweg zu eliminiren. O. Kr.
	        
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