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Durchführung des Gedankens der internationalen Polar-Forschung deutscherseits machte sich der Mangel
einer durchaus nach dem Stande der Wissenschaft allseitig ausgebildeten Zentralstelle für die Physik der
Erde sehr fühlbar. Unter diesem Gefühle eines Mangels unserer deutschen Einrichtungen und im Bewusst
sein, dass durch die Inanspruchnahme der Deutschen Seewarte für die fragliche Sache deren ruhige Ent
wickelung, wenn auch nicht geschädigt, so doch nicht gefördert werden konnte, hatte sich der Direktor
der Seewarte s. Z. als erster Vorsitzender der internationalen Polar-Kommission bemüht, die Ausführung der
Polar-Forschung bis zu einem Zeitpunkte hinausgeschoben zu sehen, zu welchem in Berlin die einzurichtende
Zentralstelle für Physik der Erde im Stande sein würde, die vorbereitenden Arbeiten aufzunehmen. Erst
als jede Hoffnung, dieses Ziel zu erreichen, geschwunden war, trat der Direktor der Seewarte, und jetzt
mit allem Nachdrucke, für die Unterstützung, die Durchführung der deutschen Unternehmungen im Systeme
der internationalen Polar-Forschung ein. Nun, nachdem diese Unternehmen zu Ende geführt, ist es wohl
auch gerechtfertigt, zu sagen, dass eine Betheiligung Deutschlands an der systematischen Polar-Forschung
in der eilften Stunde überhaupt nicht mehr möglich gewesen wäre, wenn nicht eine Stelle, wie die Deutsche
Seewarte sie bietet, zur Verfügung gestanden hätte.
Am 31. Januar 1882 trat in dem Konferenz-Saale der Seewarte der Exekutiv-Ausschuss der Deutschen
Polar-Kommission zu einer Sitzung zusammen; es wird an einer anderen Stelle über dieselbe des Näheren
berichtet werden. Hier sei nur erwähnt, dass das Resultat der damals gepflogenen Berathungen die Inan
griffnahme der verschiedenen Aufgaben, welche der Seewarte zufallen mussten, erheischte. Es war auch
hier das eifrige Bemühen der Direktion darauf gerichtet, den Kreis der in Mitleidenschaft gezogenen Kräfte
des Instituts so enge zu ziehen, wie nur immer möglich, unter keinen Umständen durften die systematischen
Arbeiten gestört oder wohl gar unterbrochen werden; dem Direktor und den Verwaltungs-Beamten des
Instituts konnte dagegen eine aussergewöhnliche Inanspruchnahme seitens der Deutschen Polar-Sache nicht
erspart bleiben. Wenn es sich darum handelt, die Geschichte jener denkwürdigen Unternehmen zu
schreiben, wird es sich auch darum handeln, diese Inanspruchnahme in das richtige Licht zu stellen.
Hier, wo es sich darum handelt, über die Thätigkeit der Deutschen Seewarte in dem für die Wissenschaft
denkwürdigen Jahre 1882 zu berichten, musste auf die Umstände, welche auf diese Thätigkeit einen Ein
fluss ausüben mussten, vorweg schon hingewiesen werden.
Im Uebrigen entwickelte sich das Institut in erfreulicher Weise. Die theilweise noch nicht abge-
lieferten grösseren Instrumente wurden nach und nach fertiggestellt und durch deren Aufstellung die
Einrichtung des Instituts vervollständigt. Die in dem Jahresberichte IV für die Unmöglichkeit einer
rascheren, gesunderen, den Intentionen der Direktion entsprechenden Entwickelung der ausübenden Witter
ungskunde in Deutschland angeführten Gründe bestanden auch im Berichts-Jahre noch fort. Es erheischte
der vollen Umsicht und Hingabe des mit der Pflege dieses Theiles der Thätigkeit der Seewarte vertrauten
Personales, damit das unter den Umständen günstigste Resultat erreicht werden konnte. Wie dies möglich
wurde, wird im Abschnitte IX dieses Berichtes zu zeigen sein.
II. Zur Geschichte der Deutschen Seewarte.
1. Allgemeines.
Nach den in vorstehender Einleitung enthaltenen Ausführungen musste die Organisation und Absendung
der verschiedenen deutschen Expeditionen im Systeme der internationalen Polar-Forschung ein hervor
ragendes Moment bilden. Denn, wenn auch nicht von einem unmittelbaren Einflüsse auf den Gang der
Geschäfte der Deutschen Seewarte, so mussten doch die verschiedenen, mit den Arbeiten der Polar-Kom
mission in Beziehung stehenden Verrichtungen, Versuche, Beobachtungen u. s. w. die Anregung zu manchem,
auch für die Seewarte von Wichtigkeit zu erachtenden Verfahren abgeben. Die Thatsache allein, dass zu
Zeiten und vor dem Abgänge der Süd-Expedition 16 oder 17 junge Gelehrte, Mitglieder der einzelnen Expedi
tionen, sich innerhalb der Seewarte aufhielten und mit wissenschaftlichen Arbeiten der verschiedensten