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und zu Schneefällen geneigt. Zugstrasse II unterscheidet sich in Bezug auf Wetter und Wind von I haupt
sächlich durch grössere Bewölkung, häufigere und reichlichere Niederschläge, sowie durch die grössere
Lebhaftigkeit der südwestlichen und westlichen Luftströmung. Wir wollen hier nur einige Beispiele hervor
heben, bei welchen das Maximum über Zentral-Europa lag; so am 3. bis 5. Oktober 1878, wo bei heiterem,
ruhigem und trockenem Wetter die Temperatur im deutschen Binnenlande erheblich unter der Normalen
blieb, ferner am 25. und 26. Dezember 1878, wo das Maximum über dem südöstlichen Theile von Zentral-
Europa lag und in Süd-Deutschland starke Kälte auftrat, der aber ostwärts fortschreitende Erwärmung
folgte, als sich jenes südostwärts nach Ungarn entfernte: insbesondere aber erwähnen wir den 9. und
10. Dezember 1879, als sich eine breite Zone sehr hohen Luftdruckes, der in Nord-Frankreich und Süd-
Deutschland 780 mm überstieg, mit ausserordentlich strenger Kälte, wie sie in diesem Jahrhundert wohl
kaum vorgekommen sein dürfte, über Mittel-Europa erstreckte.
Die Minima der Zugstrasse II haben fast stets stürmische Winde für unsere Küste im Gefolge (um
79 % in der kälteren Jahreszeit) und da dieses rechtdrehende Winde sind, also in die nordwestliche
Richtung übergehen und dann einen ausgesprochen böigen Charakter annehmen, so sind sie für unsere
Nordseeküste sehr gefährlich. Nicht selten sind diese Böen von Gewitter-Erscheinungen, Hagel- oder
Graupelfällen begleitet. So fanden z. B. am 22. Dezember 1878 am Abend an der südlichen Nordsee (beim
Uebergange des Windes aus der westlichen in die nordwestliche Richtung), am 6. und 7. März 1876 im
westlichen Deutschland (bei stürmischen Böen aus West) und am 2. März 1880 in Zentral-Deutschland, und
am 3. im nordwestlichen Deutschland (bei Sturmböen aus West) elektrische Entladungen statt.
Wärmere Jahreszeit. Das barometrische Maximum liegt in der Regel westlich von Frankreich
über dem Biskayschen Busen und wandert ostwärts fort. Die kontinentale Axe verläuft im westlichen
Mittel-Enropa etwas nördlicher, wie in der kälteren Jahreszeit: sie durchschneidet das mittlere Frankreich
und südliche Deutschland und wendet sich dann dem Schwarzen Meere zu. Sekundäre Depressionen kommen
an der Südseite der Minima häufig zur Entwickelung und geben dann zu zahlreichen Gewittern und ergiebigen
Regenfällen Veranlassung. Das Wetter ist veränderlich und ziemlich kühl, insbesondere dann, wenn die
nordwestlichen Winde auf der Rückseite zur Entwickelung kommen und grössere Ausbreitung gewinnen.
Dieses geschieht hauptsächlich dann, wenn sich das barometrische Maximum im Südwesten oder Westen
nach Norden hin verschiebt (z. B. vom 5.—9. September 1877).
3. Zugstrasse III, Gruppe III a . Das Luftdruck-Maximum liegt in der Regel über Südwest-
Europa, jedoch ist Bedingung, dass das ozeanische Maximum sich Weit nach Norden hin ausgebreitet hat.
Die höchste Wärme liegt im Südwesten, die geringste im Nordosten, so dass die Isothermen vor, bei und
nach Vorübergang nach Südosten verlaufen. Charakteristisch für diese Zugstrasse ist das veränderliche
unbeständige Wetter mit häufigen Regen- oder Schneeschauern, die niedrigen Temperaturen für Nord- und
Ost-Europa, dagegen die ziemlich hohe Wärme in Frankreich und Deutschland. In der Regel treten an
der deutschen Nordseeküste und auch wohl im westlichen Deutschland stürmische Böen aus Nordwest auf,
die sehr häufig von lokalen Gewittern begleitet sind.
Gruppe IIIt. Das Maximum im Südwesten schiebt sich nordostwärts vor, während gleichzeitig
hoher Luftdruck im Südosten sich entwickelt, so dass die Isobaren auf der Südostseite der Depression sich
dicht in einanderschieben. Im Gegensätze zu Gruppe III a herrscht über Nordost- und Ost-Europa ver-
hältnissmässig mildes Wetter, während im Südwesten und Westen die Temperatur erheblich unter der
Normalen liegt. Ferner haben die Isothermen hier eine west-östliche Richtung mit einer Umbiegung im
Osten nach Nordosten. Auch für diese Gruppe ist die Bewölkung und Regenwahrscheinlichkeit eine sehr
grosse und Stürme und elektrische Erscheinungen nicht minder häufig als bei Gruppe III a . Wir haben
für die beiden Gruppen dieser Zugstrasse auch die relative Feuchtigkeit dargestellt, bestimmte Beziehungen
scheinen aber nicht zu bestehen.
4. Zugstrasse IV, kältere Jahreszeit. Ein barometrisches Maximum befindet sich über Südost
oder Südeuropa; im letzteren Falle lagert meistens ein zweites Maximum über Westrussland. Auch in der
Nähe von Island liegt noch ein ziemlich erhebliches Maximum. In fast allen Fällen treffen wir, beim Er
scheinen des barometrischen Minimums im Südwesten der britischen Inseln, noch ein zweites Minimum im
Nordosten, in der Regel über Finnland, welches auch auf den mittleren Luftdruckkarten gut ausgeprägt ist,
so dass also die Zugstrasse mit einer Rinne niederen Luftdruckes nahezu zusammmenfällt, welche im Süd
westen der britischen Inseln, nordostwärts über Süd-Skandinavien hinaus nach Finnland verläuft. Von