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Nach denselben Prinzipien, wie der Apparat des Herrn Plath, ist auch der auf der Seewarte ge
bräuchliche konstruirt; nur wird bei dem dort zur Anwendung gelangenden Verfahren, wie wir sehen
werden, von der Bedingung der Parallelität der auffallenden Lichtstrahlen Abstand genommen.
Der Apparat (Tafel 1) besteht aus einer Scheibe a, welche mit 2 Fussschrauben auf einer Fussplatte ruht.
In dieser Scheibe befindet sich ein länglicher in der Richtung ba sich erstreckender Ausschnitt Fiy. A, in
welchem ein Schlitten und mit demselben die über der Scheibe a liegende Scheibe b sich im horizontalen
Sinne verschieben lässt. In der Mitte dieser Scheibe sitzt ein drehbarer Zapfen, mit einer dritten Scheibe c,
welche mittelst zweier Ansatzzapfen drehbar ist. Auf derselben befinden sich die beiden Schrauben s,
mittelst welcher die Auflegeplatte e an ihr befestigt wird. Auf dieser letzteren stehen B Stahlstifte senk
recht, auf deren Spitzen die zu prüfenden Spiegel gelegt werden. — An der Scheibe a befindet sich das
Ansatzstück f, an welches mittelst der Schrauben z ein weiteres Ansatzstück y fest angeschraubt ist.
Durch diese Schrauben, sowie mit Hülfe der Korrektions-Schraube Ji lässt sich der Abstand zwischen
den beiden Ansatzstücken f und g um einen kleinen Betrag variiren. Das Ansatzstück y trägt an seinem
Ende die Fussschraube k, mit welcher sich ein Index über der getheilten Scheibe i bewegt, fg bildet
somit einen Hebelarm, welcher durchi Drehung der Fussschraube k eine Neigung der Fläche e und somit
des dazu parallel aufgelegten Spiegels bewirkt. — Auf der Fussplatte stehen 2 Metallträger, in welchen
sich die beiden Fernrohre l und m befinden.
Das Bild eines im Fernrohr l befindlichen Fadens wird auf den Spiegel geworfen und kann, da
die Neigung beider Fernrohre gegen den Spiegel dieselbe ist — beim Apparat der Seewarte = 20° —
durch das Fernrohr m beobachtet werden. In diesem wird nun ein doppeltes Bild des Fadens aus dem
Rohr l erblickt werden, und zwar unter allen Umständen ein doppeltes, wenn das Fernrohr l nicht auf
unendliche Entfernung eingestellt ist, die ausgehenden Strahlen also nicht parallel auf den Spiegel fallen,
nämlich einmal das von der Oberfläche des Spiegels reflektirte und einmal das von seiner belegten Rück
fläche reflektirte. Der Winkelabstand dieser beiden Bilder wird abhängig sein, einmal von der Unparal
lelität der auf den Spiegel fallenden Lichtstrahlen, dann aber von der Dicke des Glases, seinem Brechungs-
Vermögen, dem Einfallswinkel der Lichtstrahlen und der Neigung der beiden Flächen des Spiegels gegen
einander.
Drehen wir nun den Spiegel mit Hülfe der Scheibe c um 180°, was durch einen an ihr angebrachten
Index Fig. B und zwei diametrale Theilstriche auf der Scheibe b genau bewerkstelligt werden kann, so wird,
wenn inzwischen die Einstellung des Fernrohrs l unverändert blieb, worauf strenge ge
achtet werden muss, der sich nun zeigende Winkelabstand in seiner Grösse bedingt werden von ganz
denselben Faktoren. Es findet jedoch die Neigung der Flächen des Spiegels gegen die Lage des Beob
achtungs-Fernrohrs jetzt im entgegengesetzten Sinne wie vorhin statt. Wären also die beiden Spiegelflächen
völlig parallel zu einander, so müsste derselbe Winkelabstand wie vorhin erscheinen. Sind dieselben nicht
parallel, so wird der sich zeigende Unterschied zwischen dem jetzigen und dem früheren Winkelabstande
bedingt sein müssen von der Neigung der Flächen, dem Brechungs - Exponenten des Glases und dem
Einfallswinkel der Lichtstrahlen.
Nennen wir die Neigung der Spiegelflächen «, den Einfallswinkel des Fadenbildes G, so wird der in
Rede stehende Unterschied TJ ausgedrückt nach folgender Formel:
U — Qasec GVl — 4 / 9 sin G 2 ,
wie wir in der vorhergehenden Erörterung über den Spiegelfehler gezeigt haben. Wie dort ist auch hier
der Brechungs-Exponent des Glases zu % angenommen.
Da nun der Einfallswinkel G bei dem Apparate der Seewarte 70° beträgt — Neigung der Fernrohre
gegen die Spiegelfläche = 20°, — so wird U — 15.684 «, oder die Neigung der Spiegelflächen gegen
einander: JJ
U =3 — = 0.073 JJ.
13.684
Indem man nun am Apparate die Neigung der Scheibe c und damit die des Spiegels mit Hülfe der
Fussschraube k, welche ein Normalgewinde von V 5 mm Steigung hat, ändert, kann man den erwähnten
Winkelabstand in beiden Lagen des Spiegels durch Einstellung beider Bilder an einem Fadenkreuz leicht
messen und so den Unterschied TJ ermitteln. Aus der bekannten Steigung der Schraube = 0.2 mm folgt,
dass eine Umdrehung derselben eine Winkelbewegung von 1 Bogenminute verursachen würde, wenn der