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Beeinflussung der gleichzeitigen Zustände darzulegen. Aber die Abweichungen von dieser Gleich
zeitigkeit hei Anwendung gleicher Lokalzeit sind dort, wo dieser Zusammenhang am grössten ist
— zwischen benachbarten Stationen ■—- verschwindend, und erreichen erst auf grössere Entfernungen hin,
wo derselbe nothwendig weit geringer ist, erhebliche Grössen. Die Korrektionen, die wegen dieser
Abweichungen an manche Werthe, z. B. an die Geschwindigkeit des Fortschreitens der Wirbelzentren,
anzubringen sind, lassen sich in der Regel leicht mit Genauigkeit berechnen, und die Karten selbst sind
durch diesen Umstand nicht irgend wesentlich entstellt. Den Parallelkreisen entlang gerichtete Gradienten
werden freilich bei Anwendung gleicher Lokalzeit von den Druckänderungen etwas beeinflusst, indem bei
fallendem Barometer die nach W, hei steigendem die nach E gerichteten Gradienten etwas zu gross werden;
allein diese Beeinflussung wird nur erheblich, wo die Druckänderungen sehr rasch und zugleich die
Gradienten gering sind, was selten zusammen vorkommt ; bei mässigen oder starken Winden übersteigt
sie auch in den ungünstigsten Fällen kaum 5 % der Grösse des Gradienten. Diesen Nachtheilen stehen
zwei wichtige Vortheile der Anwendung gleicher Lokalzeit gegenüber: die Einschränkung des Einflusses
der täglichen Periode und die Möglichkeit der Beschaffung eines reichlicheren und, für die Ozeane, auch
genaueren Beobachtungsmaterials. Die Veränderungen, welche alle meteorologischen Elemente in der
täglichen Periode erleiden, können nicht mit den tiefergreifenden unperiodischen Aenderungen derselben auf
eine Linie gestellt werden, da ihre Wirksamkeit in der synoptischen Meteorologie eine weit beschränktere
ist wegen ihrer kurzen Dauer und ihrer überwiegenden Beschränkung • auf die unterste Luftschicht.
Die Verschmelzung der Wirkungen der täglichen Periode mit dem allgemeinen geographischen Bilde des
Witterungszustandes verwickelt deshalb die ohnehin dem Studium so schwer zugänglichen meteorologischen
Erscheinungen in einem Grade, welcher es bis zur Erreichung einer bedeutend höheren Stufe in der
Erkenntniss der letzteren höchst wünschenswerth macht, diese Komplikation zu vermeiden. Fast noch
mehr fällt der zweite von den genannten Umständen in Betracht. Zur Verfolgung und Untersuchung der
meteorologischen Erscheinungen auf einer gesichteten Basis sind nicht nur zahlreiche Stationen, sondern
auch Beobachtungen in kurzen Zwischenräumen erforderlich — erfahrungsgemäss in höchstens 6 bis
12 Stunden. Wenn nun auch für die eine jetzt allgemeiner eingeführte Simultan-Beobachtung die Zahl
der Beobachtungsorte ohne erhebliche Schwierigkeit noch bedeutend erhöht werden kann, so ist doch
die Beschaffung von 3 oder 4 simultaner Beobachtungen am Tage von einer entsprechenden Zahl von Orten
aus allen Längengraden noch auf lange hinaus nicht wohl möglich. Auf dem Lande ist es die herrschende
Nachtruhe, auf den Ozeanen die stets eingehaltene Theilung der Wachen nach Ortszeit, und die fort
währende Aenderung der Simultanzeit gegen diese Eintheilung, welche der Durchführung eines solchen
Systems schwer übersteigbare Schranken entgegenstellen. Der strikte Anschluss an diese allgemein inter
nationale Eintheilung des Tagesdienstes war es, der die Erreichung des grossartigen Systems der Beob
achtungs-Arbeit ermöglichte, welches auf der amerikanischen, englischen, holländischen und deutschen
Kauffahrtei - Marine bestand oder besteht und auf der letztgenannten eben in raschestem Wachsthum
begriffen ist, wodurch die Möglichkeit der Lösung der wichtigsten Fragen von Tag zu Tage zunimmt;
verlangt man Simultan-Beobachtungen, so ist ein doppelter schwerer Rückschritt unvermeidlich, durch
Verringerung der Zahl der Mitarbeiter und in vielen Fällen durch Verringerung der Zuverlässigkeit der
Beobachtungen, namentlich in Bezug auf die Innehaltung der Beobachtungszeit; denn es ist selbstverständlich
weit leichter, gewohnheitsmässig am Schluss der Wache die Beobachtung zu machen und einzutragen,
als zu wechselnder Zeit während der Wache nach den Angaben des für den Wachehabenden gar nicht
sichtbaren Chronometers.
An einer anderen Stelle (Zeitsclir. d. Österr. Ges. f. Met., Bd. XV, Seite 201—202) haben wir uns
bereits dahin ausgesprochen, dass allerdings der Fortschritt der Wettertelegraphie über kurz oder lang
die Einführung von Simultanzeit auf jenem Felde gebieterisch fordern und damit auch für die wissenschaft
lichen Studien auf dem Gebiete synoptischer Meteorologie sehr wünschenswerth machen wird; aber bis
diese Nötliigung von der praktischen Wettertelegraphie ausgegangen sein wird, hat die Wissenschaft nach
unserer Ansicht keinen Grund, dem Streben nach absoluter Simultanität die viel grösseren Vortheile zum
Opfer zu bringen, welche die Beobachtungen nach gleicher Lokalzeit darbieten.