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kann, so darf doch wohl mit Recht gefragt werden, wie es kommen konnte, dass nicht schon die Unter
suchungen von Maury das Irrthümliche der alten Anschauung über die Niederschlagsverhältnisse dieser
Gebiete dargelegt haben. Der Grund hierfür ist in dem in Bezug auf die Registrirung der Niederschläge
ungenauen und mangelhaften Material zu suchen, welches dem amerikanischen Forscher zur Verfügung
stand. Maury selbst scheint die Unzulänglichkeit seines Materials in dieser Beziehung gefühlt zu haben,
denn er sagt an einer Stelle '): „It may be that mariners do not always record in their logs rain, fog,
thunder or lightniug. It may, therefore, be probable that botli rain and lightning occur at sea more
frequently than it would appear by the charts they do .... but it may be presumed that mariners
generally are not more apt to neglect to mention rains, thunder and fogs in one part of the ocean than
another; and that, therefore, the relative frequency, witli whicli they occur may be supposed to be fairly
indicated on the chart.“ Dieser Schluss, obwohl auf den ersten Anblick berechtigt erscheinend, ergiebt
sich bei näherer Erwägung der Verhältnisse jedoch als nicht zutreffend. Wenn auf allen Theilen des
Ozeans das Verhältniss der schweren zu den leichten Regen dasselbe wäre, so würde die Voraussetzung
Maury’s begründet sein. Dies ist aber wohl nicht der Fall. Nirgends häufiger als innerhalb der Passat
regionen findet man in den Schiffsjournalen die „passing show'ers“ verzeichnet, w'ährend schwere, lang an
haltende Regen selten vorzukommen scheinen. Bei nicht ganz sorgfältiger Beobachtung werden daher
diese vorübergehenden Regen, die Passatschauer des deutschen Seemanns, häufig übersehen und vielfach
nicht aufgezeichnet werden, so dass auf diese Weise die Passatgebiete in den Ruf der Regenarmutli kommen,
den sie nur bedingungsweise verdienen.
Es verhält sich in diesem speziellen Punkte gerade so, wie mit den Niederschlagsverhältnissen auf
See im Allgemeinen. Es ist behauptet worden, dass es auf hoher See weniger regne, als auf dem Lande'
und zwar ist der erste, welcher diese Ansicht geäussert hat, wohl der alte Seefahrer Dampier 2 ) gewesen,
auf den ähnliche Angaben bei Arago 3 ), Mühry 4 ) zurückzuführen sind. Aber auch in neuester Zeit
sind ähnliche Ansichten von seemännischer Seite ausgesprochen worden 5 ). Wenn damit gemeint ist, dass
die Zahl der Regentage durchschnittlich eine geringere sei auf dem Meere als auf dem Land, so dürften
dem die neueren Resultate der Forschung entschieden widersprechen. Die zuverlässigste Zählung aller
Regentage auf hoher See ist, wie schon erwähnt, wohl von der „Novara“-Expedition gemacht worden. Es
wird sich daher verlohnen die Resultate derselben hier anzuführen, wobei alle Tage als Niederschlagstage
gezählt wurden, an denen überhaupt solche, wenn auch nur von kurzer Dauer, notirt sind.
An Bord der „Novara“ wurden beobachtet auf der Reise
Gesammttage Regentage
von
Gibraltar
nach Madeira
30. Mai 1857-
7. Juni ....
9
1
55
Madeira
55
Rio
17. Juni —
4. August. .
49
29
55
Rio
55
Simonstown
31. August —
1. Oktober .
32
21
55
Simonstowm
55
St. Paul
26. Oktbr. —
18. Novbr. . .
24
16
In der Nähe von
St. Paul
19. Novbr. —
7. Dezbr. ..
19
15
von
St. Paul
nach
Galle
8. Dezbr. —
7. Jan. 1858
31
25
55
Galle
55
Madras
16. Januar —
30. Januar ..
15
5
55
Madras
55
Nicobaren
11. Februar —
22. Februar .
12
2
>5
Galatheabuclit „
Singapore
27. März —
15. April....
19
18
55
Singapore
55
Batavia
22. April —
5. Mai
14
10
55
Batavia
55
Manila
29. Mai —
15. Juni ....
17
6
55
Manila
55
Hongkong
26. Juni —
4. Juli
9
3
55
Hongkong
55
Shanghai
18. Juli —
26. Juli
9
4
55
Shanghai
55
Puinipete
16. August —
17. Septbr...
33
27
*) Maury, Sailing directions, 1858, pag. 318.
2 ) Dampier, Traité des vents, Amsterdam, pag. 81.
3 ) F. Arago’s Sämmtliche Werke, deutsch von Prof. W. Hankel. Band 16, pag. 420.
4 ) Mühry, a. a. 0. pag. 148.
5 ) Ivapt. Goodenough, II. M. S. „Pearl“. Nature 1873, pag. 63: „Regen im Ganzen sehr gering innerhalb und ausser
halb der Tropen.“