Einleitung
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Abb. 1.3 a Die Geographie der westlichen und südlichen Ostsee hat die Form einer Bucht,
die sich von 25 sm in Wismar über 45 sm in Warnemünde, 60 sm in Sassnitz und 90 sm
in Swinoujscie auf 120 sm in Kotobrzeg erweitert
Der Haupteinflussfaktor für Wasserstände im Ost
seegebiet ist der Wind, der das Wasser entweder
von der Küste wegdrängt oder zur Küste hin
schiebt. Tiden sind hingegen von untergeordneter
Bedeutung. Ein weiterer Faktor von geringerer
Bedeutung ist der unterschiedliche Füllungsgrad
der Ostsee. Größenordnung und Eigenschaften
der Wasserstandsschwankungen in der Ostsee
hängen unter anderem von der Küstenform ab
sowie von der Windeinwirkung auf die betref
fende Küste, der Bathymétrie des vorgelagerten
Meeresbeckens und von den in dem jeweiligen
Gebiet herrschenden Strömungen.
Die auffälligste Deformation der Wasseroberflä
che vor der Ostseeküste verursachen stürmische
bis orkanartige Winde. Das ist meistens dann der
Fall, wenn ein starkes Tiefdruckgebiet entlang der
Küste oder über die Küste hinwegzieht wie im
Beispiel in Abb. 1.3 b dargestellt. Am Morgen des
4. Dezember 1999 wurde an den Küsten der Dan-
ziger Bucht (Pegelstationen Gdynia und Hel) ein
Anstieg der Wasserstände infolge eines Sturms
im Anschluss an den Durchzug einer Kaltfront
beobachtet. Zur gleichen Zeit sanken die Pegel
zwischen Wismar und Swinoujscie aufgrund einer
sich nähernden Störung. Um ca. 05 UTC an die
sem Tag betrug die Differenz der Wasserstände
an der Küste zwischen Hel und Wismar über
260 cm. Die Extremwerte von 600 cm in Hel um
02 UTC und 315 cm in Wismar um 05 UTC lagen
um fast 3 m auseinander (Abb. 1.3 c).
Extreme Niedrigwasserstände sind in Wismar
normalerweise ausgeprägter als in Kotobrzeg,
nicht nur in diesem Beispiel. Die Erklärung liegt in
der Form der Küste. Wie schon oben erwähnt,
hat dieser Teil der Ostsee die Form einer Bucht.
Ein bestimmtes Wasservolumen, das aus diesem
Gebiet abfließt oder zusätzlich hineinströmt, wirkt
sich im westlichen Teil der Bucht auf kleinerem
Gebiet aus als im östlichen Teil. Wegen des
sogenannten Buchteneffekts sind niedrige Was
serstände im westlichen Teil der Bucht immer
niedriger, und hohe Wasserstände höher, als im
östlichen Teil der Bucht.