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N i e d r i g w a s s e r in der südlichen Ostsee
5.16 Dezember 1999
Meteorologische Lage
Ende November, während ein stationäres Hoch
über Südeuropa lag, zog eine Folge von Tief
druckgebieten überden Norden Europas hinweg.
Dies führte über der nördlichen Ostsee zu sehr
starken, nur vorübergehend abflauenden Win
den.
Am 1. Dezember zog ein sich verstärkendes Tief
druckgebiet in östlicher Richtung über das mitt
lere Skandinavien und den Bottnischen Meerbu
sen hinweg. Der Luftdruck im Kern des Tiefs
betrug 953 hPa, als es um 09 UTC Finnland
erreichte. Das Tiefdruckgebiet bewegte sich
dann weiter in Richtung Weißes Meer und füllte
sich auf. Bereits in der Nacht des 30. November
führte der Tiefdrucktrog mit seinen Fronten zu
einem südlichen bis südwestlichen Sturm mit
Windstärken über 8 Bft. Am Nachmittag des
1. Dezember drehte der Wind hinter der Kaltfront
auf W-NW und wurde zunehmend böig
(Abb. 5.16 a). Am 2. Dezember und in den Mor
genstunden des 3. Dezember drehte der Wind
zurück und flaute auf 7-5 Bft ab. Inzwischen war
am 3. Dezember nach Mitternacht ein weiteres
aktives Tiefdruckgebiet mit einem Kerndruck von
995 hPa nordwestlich von Irland aufgetaucht. Es
zog rasch in östlicher Richtung über Schottland
und die Nordsee hinweg und erreichte mit einem
Druck von nur noch 953 hPa den Skagerrak am
3. Dezember um 21 UTC. Das Tiefdruckzentrum
wurde langsamer und kam über Dänemark zum
Stillstand, wo es sich weiter verstärkte. Es zog
anschließend über Südschweden und die Ostsee
hinweg und begann sich erst aufzufüllen, als es
auf seiner Zugbahn nach Osten am 4. Dezember
um 06 UTC die Küste von Lettland erreicht hatte
(Abb. 5.16 b).
Auf seinem ganzen Weg über die Nordsee, Skan
dinavien und die Ostsee wurde das Tief von
orkanartigem Wind begleitet. Bei Durchzug des
Frontensystems entstand ein Süd-Südwest-
sturm. Nach Abzug der Kaltfront am 4. Dezember
gegen Mittag drehte der Sturm über W nach NW
und wurde erheblich böiger. Über der gesamten
südwestlichen Ostsee von den Sunden bis zur
Küste von Kotobrzeg erreichte der Sturm Wind
stärken von 9-10 Bft, stellenweise auch darüber.
Im östlichen Teil der Küste war der Sturm weni
ger heftig. Erst am Abend des 4. Dezember ließ
der Sturm langsam nach.
Am 5. Dezember herrschte im Ostseegebiet
mäßiger Westwind, der später wechselhaft
wurde. Am 6. Dezember näherte sich von den
Britischen Inseln her ein weiteres großes Tief
druckgebiet. Am Morgen des 6. Dezember drehte
der Wind auf SW zurück und nahm über der
gesamten Ostsee auf 8-9 Bft zu, in Böen 10 Bft.
Um Mitternacht am 7. Dezember flaute der Wind
ab und drehte langsam (Abb. 5.16 c).
Hydrologische Reaktion des Wasserstands
Gegen Ende November schwankten die Wasser
stände im westlichen Teil der Ostseeküste um
den mittleren Wasserstand. Am Nachmittag des
30. November begannen die Wasserstände
infolge stark ablandiger Winde zu fallen. Die
Pegel blieben bis in die Frühstunden des
1. Dezember, als der Wind abflaute und in auflan
dige Richtung drehte, auf ihren Tiefstständen.
Die Minima wurden zuerst im östlichen Teil der
Küste erreicht: in Kotobrzeg 416 cm zwischen 02
und 06 UTC, Swinoujscie 385 cm um 08 UTC,
Sassnitz 377 cm um ca. 03 UTC, Warnemünde
359 cm zwischen 9 und 10 UTC und Wismar
332 cm um 09 UTC.
Der Sturm vom 3./4. Dezember führte zu noch
niedrigeren Minima. Im westlichen Teil der Küste
begannen die Pegel früher als im Osten zu fallen,
weil der orkanartige ablandige Wind an der west
lichen Küste länger anhielt. Wie immer verzeich-
neten die westlichen Pegel die tieferen Minima:
309 cm bzw. 333 cm in Wismar und Warne
münde zwischen 09 und 10 UTC, 364 cm in
Sassnitz und 379 cm in Swinoujscie zwischen 07
und 08 UTC. In Kotobrzeg, wo der Wind schwä
cher war und früher drehte, wurde der Tiefst-
stand von 456 cm zwischen 05 und 06 UTC
erreicht.
Diesen beiden sehr abrupt fallenden Wasserstän
den folgte kaum zwei Tage später ein dritter
Tiefststand. Als der mäßige westliche Wind, der
am 5. Dezember abgeflaut war und in wechsel
hafte Richtungen gedreht hatte, am Morgen des
6. Dezember wieder nach SW rückdrehte und auf
8-9 Bft zunahm, reagierten die Wasserstände
unmittelbar und begannen am 6. Dezember
gegen Mittag zu fallen. Der Tiefststand in Wismar
war ca. 380 cm, in Warnemünde knapp 400 cm.
An den anderen Pegeln wurden Wasserstände
zwischen 415 cm und 450 cm gemessen. Der
nachfolgende Wiederanstieg der Pegel wurde
durch leicht drehende Winde unterstützt.