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N i e d r i g w a s s e r in der südlichen Ostsee
5.14 Januar 1993
Meteorologische Lage
Während ein Hoch über dem südlichen Europa
lag, befand sich Nordeuropa unter dem Einfluss
eines Tiefs. Am Morgen des 13. Januar näherte
sich den Britischen Inseln von Südwesten her ein
über dem Atlantik entstandenes aktives Tief
druckgebiet. Das sich rasch verstärkende Tief
und seine Fronten zogen in nordöstliche Rich
tung und erreichten in der Nacht das Kattegat. In
den Morgenstunden des 14. Januar überquerte
das Tief Südschweden und die zentrale Ostsee,
wo es sich verlangsamte und Estland um 09 UTC
erreichte. Am selben Tag um 15 UTC lag der
Kern des Tiefs über St. Petersburg, von wo aus
es weiter nach Osten zog und sich über dem
Gebiet südlich des Onegasees auffüllte. Am
13. Januar herrschte über der gesamten süd
lichen Ostsee starker westlicher, nach SW rück
drehender Wind. Am 14. Januar morgens, wäh
rend der Kern des Tiefdruckgebiets und seine
Fronten über die Ostsee hinwegzogen, entwi
ckelte sich der stürmische Wind zu einem
schweren Sturm, der zwischen 02 und 06 UTC
über der südlichen Ostseeküste Orkanstärke
erreichte. Bevor der Trog des Tiefs am Morgen
des 14. Januar den Ostseeraum verließ, bewirkte
er eine vorübergehende Ablenkung des Sturms in
west-nordwestliche Richtung (Abb. 5.14 a),
wodurch der immer noch starke und böige Wind
rückdrehte und sehr langsam abflaute.
Hydrologische Reaktion des Wasserstands
An den Tagen vor dem Niedrigwasser führten
starke südwestliche Winde zu wesentlich niedri
geren Wasserständen als normal. Am Pegel Wis
mar z. B. wurden am 13. Januar etwa 6 Stunden
lang Pegel unterhalb von 420 cm gemessen. In
der darauffolgenden Nacht sanken die Wasser
stände (zwischen 00 und 03 UTC) zuerst leicht,
bedingt durch Störungen und die im Vorfeld der
herannahenden Luftdruckfronten herrschende
Windrichtung und -geschwindigkeit, um dann
zwischen 02 und 06 UTC vorübergehend rasch
wieder anzusteigen. Der höchste Wasserstand
von ca. 560 cm wurde am Pegel Kotobrzeg
gemessen, in Warnemünde betrug er eine
Stunde früher 530 cm, und in Swinoujscie wur
den um 05 UTC ca. 535 cm gemessen.
Dem Pegelanstieg folgte ein viel stärkerer Pegel
rückgang: in Swinoujscie fiel der Wasserstand in
4 Stunden um 130 cm, in Kotobrzeg in 3 Stunden
um 120 cm und in Wismar in 6 Stunden um
110 cm. Der Rückgang hörte abrupt auf, als der
Wind in leicht auflandige Richtung drehte. Die
folgenden Tiefststände wurden gemessen:
Kotobrzeg 439 cm um 08 UTC, Swinoujscie
400 cm um 09 UTC, Wismar 367 cm um 10 UTC,
Sassnitz 386 cm um 14 UTC und 404 cm in War
nemünde. Nach Erreichen der Tiefststände stie
gen die Wasserstände wieder rasch an, aller
dings äußerst ungleichmäßig wegen der sehr
veränderlichen Luftströmung.