Meteorologische Faktoren
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tiefere Wasserstände erreicht wurden als im west
lichen Teil. Außerdem war eine auffallende Über
einstimmung der Pegelkurven zu verzeichnen, die
während der lang anhaltenden Phase stürmi
schen Wetters über eine sehr lange Zeit fast paral
lel verliefen (bei schnell durchziehenden Stürmen
dagegen bewegen sich die Wasserstände an der
selben Küste oft entgegengesetzt, siehe
Abb. 1.3 b). Bei weiterhin stark ablandigem Wind
an der südlichen Ostseeküste schwankten die
Wasserstände mehrere Tage lang zwischen
420 cm und 450-460 cm (Abb. 4.3.).
Februar 1954
- - - Warnemünde Kotobrzeg
Abb. 4.3 Wasserspiegelschwankungen in Kotobrzeg und Warnemünde während einer langen Hochdruckphase
im Februar 1954
4.4 Zusammenhang zwischen den
atmosphärischen Bedingun
gen über Europa und Niedrig
wasser an der südlichen Ost
seeküste
Ein erhebliches Absinken der Wasserstände in
weiten Teilen der Ostseeküste ist nur dann mög
lich, wenn stark ablandige Winde die Wasser
massen von der Küste weg in Richtung offene
See schieben. Niedrigwasser tritt daher in der
Regel nur bei sehr dynamischen atmosphäri
schen Bedingungen auf, die eine stark windige
Wetterlage zur Folge haben. Dazu gehören alle
Wind/Luftdruckverhältnisse mit stark westlicher
Strömungskomponente über der Ostsee und
dem nordöstlichen Teil von Mitteleuropa, d.h.
zonale und gemischte Zirkulationstypen. Charak
teristisch für diese Zirkulationstypen sind aufein
anderfolgende atmosphärische Störungen, die
rasch ostwärts ziehen und deren Windfeld stür
mische Winde an allen Ostseeküsten verursacht,
sowohl an Land als auch auf See. Diese atmo
sphärischen Zirkulationstypen treten mit einer
Häufigkeit von ca. 55 % auf. Die übrigen 45 %
setzen sich aus atmosphärischen Zirkulations
typen zusammen, die meridionale und starke öst
liche Luftströmungskomponenten enthalten. Ihre
Wettersysteme sind meistens ortsfester und
unterhalten gleichmäßigere Winde, sogar bei
Sturmstärken.
Die Häufigkeit des Auftretens von Niedrigwasser
bei bestimmten atmosphärischen Bedingungen
wurde für die Jahre 1955-2005 mit Hilfe des
Kataloges der Großwetterlagen Europas von
P. Hess und H. Brezowsky untersucht. Außerdem
wurde ein Vergleich mit den Durchschnittsluft
druck-Karten von G. Cawley vorgenommen. Auf
diese Weise konnten bestimmte Eigenschaften
der verschiedenen Großwetterlagen identifiziert
werden, die zu Niedrigwasserständen führen.
Die Klassifizierung von Hess und Brezowsky
unterscheidet 30 verschiedene Zirkulationstypen,
von denen 11 durch eine über Mitteleuropa vor
herrschende oder zumindest vorhandene