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Full text: 2, 1879

No. 1 
Studien über den Wind und seine Beziehungen zum Luftdruck 
Von 
Dr. A. Sprung. 
Assistent an der Deutschen Seewarte. 
I. Zur Mechanik der Luftbewegungen. 
Einleitung. 
Seit Jahrhunderten ist die Thatsache bekannt, dass die Winde der tropischen Zonen breiten Luft 
strömen angehören, welche in unveränderter Richtung mit ausserordentlicher Regelmässigkeit das ganze Jahr 
oder Jahreszeiten hindurch anhalten. Diese Beständigkeit der Passate und Monsune, und das Bestreben, 
Analogien zwischen den Strömungen der Atmosphäre und denen der Oceane aufzufinden, lässt es begreiflich 
erscheinen, dass trotz der sprichwörtlich gewordenen Veränderlichkeit von Wind und Wetter in höheren 
Breiten auch hier nach grossen Strömungen, welche mit jenen der Passatregionen in irgend einem Zusam 
menhänge ständen, eifrig gesucht wurde, wobei der Mangel an unmittelbarer Anschauung vielfach zu 
Irrthümern führen musste. Weit und geistreich ausgebaut ist die Hypothese der zwei entgegengesetzt 
gerichteten Luftströme, welche gewissermaassen das Gerüst der Luftbewegung in mittleren und höheren 
Breiten bilden und in wechselnder Herrschaft unserem Wetter seinen unbeständigen Charakter verleihen. 
Wie schon 1735 von Hadley *) die Erklärung der ost-westlichen Richtung der Passate, welche 
Herschel als „otherwise inexplicable“ bezeichnet, in dem Einflüsse der Erdrotation auf die in nord-süd 
licher Richtung sollieitirten Luftmassen gefunden wurde, so knüpft sich später an jene Hypothese des Polar- 
und Aequatorialstromes diejenige Vorstellung von dem Wesen der Ablenkung der Winde durch die Erdrotation, 
welcher Dove in seiner Begründung des Drehungsgesetzes in folgenden Worten Ausdruck giebt: **) 
„Die Eotationsgeschwindigkeit der einzelnen Punkte der Erdoberfläche verhält sich wie die Halb 
messer der Parallelkreise, unter welchen sie liegen; sie nimmt also zu von den Polen, wo sie Null ist, bis 
zum Aequator, wo sie am grössten ist. Im Zustande der Ruhe nimmt die Luft Theil an der Drehungs 
geschwindigkeit des Ortes, über welchem sie sich befindet. Wenn sie daher durch Temperaturdifferenz 
oder irgend eine andere Lfrsaehe ein Bestreben erhält, in einem Parallelkreise zn fliessen, so wird die 
Drehung der Erde durchaus keinen Einfluss auf sie äussern, weil die Punkte der Oberfläche, zu welchen 
die Lnft gelangt, genau dieselbe Drehungsgeschwindigkeit besitzen, als die Punkte, die sie verlassen 
hat. Wird aber Luft durch irgend welche Ursache von den Polen nach dem Aequator getrieben, so kommt 
sie von Orten, deren Umdrehungsgeschwindigkeit gering ist, nach Orten, an welchen sie grösser ist. Die 
Luft dreht sich also dann mit einer geringeren Geschwindigkeit nach Osten, als die Orte, mit welchen sie 
in Berührung kommt, sie scheint daher nach der entgegengesetzten Richtung, d. h. von Ost nach West zu 
fliessen. Die Ablenkung des Windes von seiner ursprünglichen Richtung wird um so grösser sein, je 
mehr sich bei gleichbleibender fortrückender Bewegung die Drehungsgeschwindigkeit des Ausgangspunktes 
von der Drehungsgeschwindigkeit des Ortes, an welchem der Wind anlangt, unterscheidet, d. h. je grösser 
der Unterschied der geographischen Breite beider Orte ist. Daraus folgt: 
1) auf der nördlichen Halbkugel gehen Winde, welche als Nordwinde auftreten, hei dem allmäligen Fort 
rücken durch Nordost immer mehr in Ost über; 
2) auf der nördlichen Halbkugel geht ein südlicher Wind bei seinem Fortschreiten allmälig immer mehr 
durch SW in W über.“ 
Eine ganz ähnliche Darstellung der allgemeinen Strömungen der Atmosphäre finden wir in „Les 
mouvements de l’atmosphere et des mers“ von Marie Davy (1866); über den Einfluss der Erdrotation 
auf diese Strömungen sagt er pag. 118 und 119 Folgendes: 
*) Philosoph. Transactions from 1732 to 1744, abridged, Vol. YIII and IX, pag. S00. 
**) Meteorologische Untersuchungen, Seite 126. 
Archiv. 1879. 1. 
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