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dem Stapellaufe und während der ersten Reise mehr oder weniger beträchtlich abnimmt, später zwar einen kon
stanteren Charakter erhält, aber doch noch immer fortwährenden Schwankungen unterworfen bleibt. Man
erkannte sehr wohl, dass der Kurs, den das Schiff steuerte, auf die Richtung der Aenderung in den Koeffi
zienten B und 6' oder vielmehr P und Q, von Einfluss war und zwar in der Weise, dass die Kompassrose
jedesmal nach der Richtung des vorhergesteuerten Kurses*) abgelenkt wurde. Die Beobachtungen waren
aber nicht annähernd zahlreich genug, um die Grösse dieser Schwankung in ihrer Wirkung auf den Kom
pass ermitteln, viel weniger den präzisen Ausdruck für das sich darin ausdrückende physikalische Gesetz
finden zu können. Man konnte nur im Allgemeinen konstatiren, dass man es hier mit einer Nachwirkung
des an einem bestimmten Orte durch die erdmagnetische Kraft im Schiffseisen induzirten Magnetismus handle.
Bei der bedeutenden Vermehrung guten Beobachtungsmaterials der Seewarte musste naturgemäss die
Abtheilung II sich die Frage vorlegen, wie es möglich sein würde, trotz dieser fortdauernden Aenderungen
und Schwankungen in den Koeffizienten B und C, sogar für einen und denselben Ort, das eine veränder
liche Element in P und Q, hervorgerufen durch Steuern eines und desselben Kurses, auszuscheiden und
durch ein drittes Glied in der Forme] darzustellen, um dadurch einerseits zu genauen Werthen der einzel
nen Koeffizienten, namentlich c und f\ zu gelangen, andererseits das zweite veränderliche Element, nämlich
die eigentliche Abnahme des beim Bau erhaltenen Magnetismus in seinen einzelnen Stadien zu verfolgen.
Die Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate zur Berechnung der wahrscheinlichsten Werthe
der beiden Unbekannten c, f und P, Q aus einer grösseren Anzahl von Beobachtungen von B und C in
den verschiedensten Breiten und zwar von Kompassen, deren Deviationen für denselben Ort im Verlaufe
der Reise sich nicht, wesentlich geändert hatten, erschien für diesen Zweck trotz der weitläufigeren Rech
nung geeigneter, als die von dem Liverpool Compass-Committee angewandte Methode der Kombination und
Reduktion sämmtlicher Gleichungen zu 2, und zwar aus dem Grunde, weil allein durch jene Methode die
gleichförmige Behandlung der Diskussion sämmtlicher aus den Beobachtungsjoumalen verschiedener Schiffe
und verschiedener Reisen desselben Schiffes abgeleiteten Werthe von B und C vollständig gesichert und
jede individuelle, sich leicht geltend machende Voreingenommenheit ausgeschlossen wird. Diese gleichförmige
Behandlung erscheint schon an sich durch die Nothwendigkeit der Betheiligung verschiedener Personen an
der Rechnung äusserst wünschenswerth, sie wird aber zu einem Bedürfniss, wenn man aus den Diffe
renzen zwischen den beobachteten Werthen von B und C und den mittelst der gefundenen Koeffizienten
c P f Q
— , -j-, resp. -- ; — berechneten Werthen Schlussfolgerungen auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen
/. k k k
diesen Differenzen und gewissen wirkenden Kräften ziehen will. Weitergehende Konsequenzen, namentlich
mit Rücksicht auf die wahrscheinlichen Fehler der abgeleiteten Koeffizienten, sollen keinesweges aus der
Rechnung gezogen werden, da hierzu noch eine weit grössere Anzahl von Gleichungen erforderlich wäre,
als die Beobachtungen einer Reise sie durchschnittlich bieten; es handelt sich, wie gesagt, wesentlich darum,
die gleichförmige Behandlung zu sichern und Willkür auszuschliessen; welchen Grad von Zuverlässigkeit die
erhaltenen Koeffizienten beanspruchen dürfen, lässt sich nur durch Vergleichung der Resultate mehrerer
Reisen und verschiedener Schiffe allgemein bestimmen. Selbstverständlich kann nur dann der Werth der
Unbekannten, d. h. der Konstanten der Formeln ermittelt werden, wenn die Veränderlichen, Inklination und
Intensität, in den Gleichungen möglichst verschiedene Werthe annehmen und namentlich das Verhältniss
beider Grössen zu einander ein möglichst verschiedenes wird. Aus Beobachtungen nur auf nördlichen oder
nur auf südlichen magnetischen Breiten angestellt, wird es nicht möglich sein, die Koeffizienten mit einiger
Zuverlässigkeit zu bestimmen.
In Folge dieser Erwägungen wurden auch gleich anfangs die Journale einiger Schiffe, von welchen
genügende Beobachtungen Vorlagen, diskutirt**), wobei mit Rücksicht auf die vermuthete Schwankung im
Magnetismus durch den vorher gesteuerten Kurs Ausreise und Rückreise zusammengenommen wurden, da
mit diese Schwankung nahezu ebensoviel nach der einen, wie nach der anderen Seite vorkomme, also
gewissermaassen eliminirt werden konnte. In der That zeigten die Differenzen, wie beispielsweise bei der
Melpomene („Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie 1877,“ pag. 389) im Koeffizienten B,
*) Man hat daraus in England einige allgemeine praktische Regeln für die Navigirung des Schiffes abgeleitet (siehe
„Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie“ 1879, pag. 43), die sich aber nur auf die Aendernngen be
ziehen, welche entstehen, wenn das Schiff längere Zeit Östliche und westliche Kurse gesteuert hat.
**) Vergl. „Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie“, Jahrgang V, 1877, pag. 389 u. f.