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Hamburg ein nautisch-meteorologisches Institut für Norddeutschland zu errichten, ohne Erfolg.*) Es musste
erst das Jahr 1866 mit seiner politischen Umgestaltung deutscher staatlicher Verhältnisse die grössere Eini
gung der norddeutschen Staaten schaffen und dadurch die Möglichkeit für das Bestehen einer Anstalt zur
Förderung der maritim-meteorologischen und allgemein nautisch-wissenschaftlichen Interessen herbeiführen.
Unter diesen günstigeren Auspizien gelang es Herrn W. von Freeden am 1. Januar 1868 in Hamburg
die Norddeutsche Seewarte in’s Leben zu rufen. Es lag in dem ursprünglichen, von dem Leiter entworfenen
Plane, zwei Abtheilungen, die erste für Seefahrt, die zweite für Meteorologie zu bilden; aber der Mangel
an Geldmitteln, welche der Anstalt als Staatsnnterstützung stets nur spärlich zugingen, machte es noth-
wendig allein mit der Bildung der ersten Abtheilung lür maritime Meteorologie vorzugehen. Indessen
erwarb sich die energische Leitung bald die Mitarbeiterschaft von zahlreichen und tüchtigen Kapitänen,
und dem bei der Gründung der Anstalt vorgesteckten Ziele „Sicherung und Kürzung der Seewege“ nach
strebend, wurden die ein gelieferten Wetterbücher für die Bearbeitung von Segelanweisnngen für Einzel-
reiseu und für die Diskussion von verschiedenen Seewegen über den Nordatlantischen Ozean verwerthet.
Im August des Jahres 1872 wurde in Leipzig zur Zeit der Naturforscher-Versammlung eine inter
nationale Meteorologen-Konferenz abgehalten und die vorbereitenden Arbeiten für den Meteorologen-Kon-
gress, welcher im Jahre 1873 zu Wien zusammentreten sollte, durchberathen, beziehungsweise angeordnet.
Auch bei dieser Gelegenheit wurden, wie aus den darüber veröffentlichten Berichten bekannt ist, einzelne,
für die fernere Pflege der maritimen Meteorologie wichtige Beschlüsse gefasst, worunter jene in erster
Linie zu nennen sind, die sich auf die Theilung der Arbeit der Diskussion und Herausgabe der Beobach
tungen und die Betheiligung der Kriegsmarinen an der Arbeit beziehen.**)
Im September des Jahres 1873 trat in Wien der Meteorologen - Kongress zusammen, für welchen
in Leipzig die vorbereitenden Arbeiten angeordnet worden waren. Auch wurden die, sich auf die Orga
nisation der maritim - meteorologischen Forschung beziehenden Beschlüsse jener Konferenz ihrem wesent
lichen Inhalte nach von dem Kongresse anerkannt,***) in Folge dessen von Seiten des Hydrographischen
Bureaus in Berlin mit der Reorganisation der meteorologischen Beobachtungen an Bord deutscher Kriegs
schiffe vorgegangen wurde.
Schon in Wien war die Nothwendigkeit einer Konferenz, welche sich in ihren Beralhungen an die
Brüsseler Konferenz anzulehnen hätte, um die maritim-meteorologische Arbeit allgemein mehr in Aufnahme
zu bringen, betont worden f) und es trat demgemäss im September 1874 auf Veranlassung des Permanenten
Komites des ersten Meteorologen-Kongresses eine solche Konferenz in London zusammen. Auch Deutsch
land war auf derselben vertreten, indem von der Kaiserlichen Admiralität der Hydrograph derselben,
Dr. Neumayer und der Vorsteher der physikalischen Sektion des Hydrographischen Bureaus Kapitän-
Lieutenant Stempel zu diesem Zwecke nach London gesandt worden waren. Der Leiter der Nord
deutschen Seewarte, Herr v. Freeden, war gleichfalls erschienen. Besondere Berücksichtigung wurde
dem Ausspruche des Wiener Kongresses gewidmet, der dahin ging, dass in allen Staaten, in welchen es
die Interessen erheischten und Zentralstellen für die Pflege der maritimen Meteorologie noch nicht be
ständen, solche Institute eingerichtet werden sollten.
Bereits im Herbste 1873 und unmittelbar nach dem Wiener Kongresse hatten sich die deutschen
Delegirten zu demselben dahin geeinigt, dass durch eine an das Reichskanzleramt gerichtete Kollektiv-
Eingabe darauf hinzuwirken sei, dass in Verbindung mit der Organisation der Witterungsforschung an der
deutschen Küste eine Zentralstelle für die maritime Meteorologie errichtet werde.
Diese Eingabe, sowie die verschiedenen Beschlüsse der Konferenz hatten zur Folge, so ferne wir
hier nur von dem Gange der Dinge in Deutschland zu berichten haben, dass endlich am 1. Januar 1875
in Hamburg die Deutsche Seewarte in’s Leben trat, indem deren Einrichtung in fast allen Punkten nach
den international festgestellten Stipulationen, Normen und Abmachungen ausgeführt wurde.
Von Seiten der deutschen Reichsbehörden, insbesondere der Kaiserlichen Admiralität, sind ebenso
die durch die Londoner Konferenz gefassten Beschlüsse, welche eine Beziehung haben zur Organisation
*) Ein Vorschlag zur Gründung eines nautiscli-meteoroL Institutes für Norddeutschland, v. G. Neumayer. Hamburg 1865.
Siehe auch Abschnitt II dieses Berichtes, Seite 5.
**) Bericht über die Verhandlungen der Meteorologen-Versammlung zu Leipzig. Wien 1873, S. 30.
***) Bericht über ,die Verhandlungen des internationalen Meteorologen-Kongresses zu Wien. Wien 1873, S. 69.
t) Ebendaselbst S. 70.