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Full text: 1, 1878

Ill 
Da es nun dem deutschen Seemanne weder an Intelligenz, noch an den erwünschten Fähigkeiten fehlt, so 
glaubt die Direktion mit Zuversicht auf eine thätige Mitwirkung und Hülfe von Seiten der Kapitaine rechnen 
zu dürfen, und fordert hiermit diese, sowie auch die Herren Rheder und sonstigen Interessenten auf, sich an 
dem grossen unternommenen Werke nach besten Kräften zu betheiligen. 
Für die Direktion der Seewarte: 
HahburCt , den 1. Juli 187 o. Dr iit fijj( J i‘ 
Hydrograph und stellvertretender Vorstand des 
Hydrographischen Bureaus der Kaiserl. Admiralität. 
No. 4. 
Bei der Neugestaltung der Deutschen Seewarte ist der Abtheilung III. derselben die Herausgabe von Sturm 
warnungen für die deutschen Küsten und die Erforschung der meteorologischen Verhältnisse dieser letzteren 
zur Aufgabe gemacht. Zu diesem Zwecke steht die Spewarte im Begriffe, sechs sehr vollständig ausgerüstete 
Beobachtungsstationen und eine bedeutende Anzahl ergänzender Stationen mit beschränktem Beobachtungsplane 
und Signalstellen zu gründen; allein sie bedarf dazu ferner der Mitwirkung sowohl anderer' verwandter Institute 
des Auslandes als auch der Binnenstationen Deutschlands, und wird ihrerseits bemüht sein, so weit es die 
Verfolgung ihrer speziellen Aufgaben praktischer Natur gestattet, mit den meteorologischen Instituten des deut 
schen Binnenlandes ein inniges Zusammengehen zu erzielen. 
Die Meteorologie ist in Deutschland bis heute hauptsächlich vom klimatologischen Standpunkte behandelt 
worden; das, was erzielt und untersucht wurde, sind ganz vorwiegend Mittelwerthe, und diesem Zwecke gemäss 
ist auch sowohl die Organisation der Beobachtungen als ihre Verwerthung und Publikation gestaltet. Die Auf 
gabe der Seewarte ist eine ganz andere : es handelt sich für sie in erster Linie um ein Studium der Einzel 
erscheinungen der Witterung und eine praktische Verwerthung der Resultate dieses Studiums —- ein Feld der 
Arbeit, welches in anderen Staaten bereits seit Jahren mit Erfolg und in ausgedehntem Maasse behandelt wird, 
in Deutschland jedoch noch fast brach liegt. 
Diese Andeutungen werden es erklären, weshalb die Deutsche Seewarte sowohl in der Organisation des 
eigenen Beobachtungssystems, als in der Mitwirkung, welche sie von anderen Instituten und Privatpersonen 
wünscht, erheblich von den in Deutschland bisher üblichen Normen abzugehen genöthigt ist. 
Es handelt sich darum, unbeschadet der gegenwärtig für klimatologisehe Zwecke bestehenden Organisation 
in Deutschland eine solche für die Zwecke der Sturmwarnung und der Untersuchung gleichzeitiger Witterungs 
vorgänge zu schaffen. Als Anstalt überwiegend praktischer Natur muss die Seewarte die praktischen Bedürf 
nisse in erster Linie bestimmend sein lassen für alle ihre Einrichtungen. Doch muss daneben die rein wissen 
schaftliche Forschung stets an der Seewarte gepflegt werden, weil sie nur dann ihre praktische Aufgabe gut 
erfüllen kann, wenn sie im lebendigen Zusammenhänge mit der fortschreitenden Wissenschaft bleibt; ein Arbei 
ten nach der Schablone würde sie zu Grunde richten. So kann sich denn die Seewarte keineswegs mit der 
Herstellung des für die Sturmwarnungen nöthigen meteorologischen Depeschenverkehrs begnügen, sondern sie 
ist auch bei der Beschaffung eines ausreichenden und zweckentsprechenden Beobachtungsmaterials für das Stu 
dium der Witterungs Vorgänge überhaupt in hohem Grade interessirt. Allerdings ist die wissenschaftliche Unter 
suchung der Einzelerscheinungen der Witterung so gut wie jene der Mittelwerthe Sache der freien wissen 
schaftlichen Thätigkeit auch jeder Privatperson, indessen für Niemanden hat sie so grossen Werth wie für die 
Seewarte, und wird wohl zunächst diese die Hauptarbeiterin auf diesem Felde in Deutschland bleiben, wenig 
stens so weit es nicht die reine Theorie betrifft; für die Seewarte aber ist es von hohem Werthe, als Material 
zu ihren Untersuchungen theils dasselbe zu nehmen, welches sie täglich als Witterungsdepeschen erhält, theils 
mit diesem völlig übereinstimmendes und in einem bestimmten guten Verhältnisse dazu stehendes. 
Es ist deshalb zu wünschen, dass die Organisation zur Beschaffung des Materials für die Sturmwarnungen 
mit jener für die Untersuchung der Einzelerscheinungen der Witterung möglichst aus einem Gusse sei, und dass 
also in der letzteren den zwingenden praktischen Rücksichten ein maassgebender Einfluss eingeräumt werde. 
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, wird die Deutsche Seewarte sich bemühen, zuerst die Organisation 
für die unmittelbar praktischen Bedürfnisse in’s Leben zu rufen und alsdann ferner möglichst auf derselben Basis 
diejenige zur Beschaffung des Materials für die wissenschaftliche Forschung, d. h. in diesem Falle für die 
Untersuchung der gleichzeitigen Zustände der Witterung auf grossen Flächen und der Bewegung und Verände 
rung der grossen Strömungen der Atmosphäre. 
Die Organisation des Beobachtungssystems der Seewarte ist in den Hauptztigen die folgende: 
In Hamburg, Memel, Neufahrwasser bei Danzig, Swinemünde, Warnemünde, Keitum auf Sylt und Borkum 
(Insel Borkum) sind Beobachtungsstationen ersten Ranges errichtet, welche ausser mit Psychrometer, Thermo 
graph, Barometer, Windfahne und Regenmesser noch mit selbstregistrirenden Barometern und Anemometern aus 
gerüstet werden. An diesen Stationen werden um 8 h Morg., 12 h , 4 h und 8 h Abends Beobachtungen angestellt, 
von welchen die um 8 h Morgens und 4 h Nachmittags gemachten von den auswärtigen Stationen der Deutschen 
Seewarte sofort telegraphisch mitgetheilt werden sollen. Ueber die Methoden der Beobachtung wird eingebend 
Aufschluss ertbeilt werden in einer demnächst herauszugebenden Instruktion. Zu diesen Stationen treten ferner 
Wilhelmshaven und Kiel mit ähnlicher Einrichtung hinzu, welche die Kaiserliche Marine unterhält. Ergänzt
	        
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