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3. Der Neubau eines Dienstgebäudes für die Deutsche Seewarte.
Die schon gleich bei der ersten Einrichtung der Zentralstelle ausgesprochene Ueberzeugung, dass
nur ein für die besonderen Zwecke der Seewarte errichtetes Gebäude den im Interesse der Aufstellung der
Registrir-Apparate und der wissenschaftlichen Untersuchungen zu stellenden Anforderungen genügen könne
(Absch. III., Seite 14), gestaltete sich im Laufe des ersten Jahres des Bestehens des Institutes zur unab
weisbaren Nothwendigkeit. Daher wurde denn auch in der dem Etat für die Verwaltung der Kaiser
lichen Marine auf das Etatsjahr 1877/78 beigegebenen Denkschrift (Beilage zu Kapitel 47, Seite 107—112)
darauf hingewiesen, dass in nicht allzuferner Zeit die Erwerbung eines eigenen Gebäudes für die See
warte nothwendig werden würde. Diese Eventualität wurde mit dem Beginne des Jahres 1877 als ein
getreten erachtet und der Direktion unter dem 7. Februar 1877 von der Admiralität der Auftrag ertheilt,
nunmehr die einleitenden Schritte zu ergreifen, worunter als der vorzüglichste die Erlangung eines für alle
Zwecke des Institutes passenden Bauplatzes zu bezeichnen sei. Die Admiralität ging hierbei von der Voraus
setzung aus, dass die freie und Hansa-Stadt Hamburg für das von Reichswegen zu erbauende Gebäude den
Platz unentgeltlich hergeben werde. Der Senat zeigte sich auch dem dieserhalb an ihn gerichteten Gesuche
sehr geneigt, und bestand nur eine grosse Schwierigkeit darin, den geeigneten Bauplatz zu ermitteln und in
Vorschlag zu bringen.
Bei der Auswahl des Platzes für das neue Dienstgebäude waren folgende Punkte zu beachten:
1. Die Lago desselben musste eine möglichst freie und exponirte sein, damit die Beobachtungen über
den Werth der verschiedenen meteorologischen Elemente (besonders über Windstärke und Windrichtung)
zuverlässig und für alle praktischen und theoretischen Zwecke brauchbar sein könnten.
2. Für die Beobachtungen über die Elemente des Erdmagnetismus und die Deviationsbestimmungen,
sowie für Kompass-Untersuchungen war es unerlässlich, dass man den gewählten Ort gegen Einflüsse grösserer
Eisenmassen zu schützen oder davon frei zu halten vermöchte.
3. Sowohl der für die Zwecke der Seewarte erforderlichen astronomischen Bestimmungen wegen, als
auch für die Prüfung der Sextanten war eine weite Rundsicht (ein Anvisiren entfernt liegender Punkte)
durchaus nothwendig; auch mussten grössere Erschütterungen des Bodens ausgeschlossen bleiben. .
4. Bezüglich der unter 1—8 genannten Punkte war überdies zu beachten, dass der Bauplatz auch für
alle Zeiten in dem Zustande, in welchem er sich zur Zeit der Errichtung des Gebäudes befand, erhalten
werden könne.
o. Wegen des Verkehrs von Seeleuten mit und in dem Institute war es eine unter allen Umständen
zu stellende Anforderung, dass dasselbe dem Verkehr der Schifffahrttreibenden nahe und in der Nähe des
Hafens gelegen sei, während andererseits auch den Mechanikern und den auf die Ziele der Seewarte einen
Bezug habenden Gewerbetreibenden der Besuch desselben nicht allzusehr erschwert werden durfte.
Ausser diesen wesentlichsten Punkten waren noch eine Anzahl Forderungen an den Bauplatz zu stellen,
die, als von minderer Bedeutung, hier nicht genannt werden sollen, während wieder andere, wie ein genügend
grosser Raum, fester Baugrund für die Fundamente u. s. w. sich von selbst verstehen. Es wird aus dieser
kurzen Darlegung klar, dass es eine ausserordentlich schwierige Sache war, für das Gebäude eine in allen
Beziehungen passende Stelle zu finden, indem die in einzelnen Fällen geradezu einander gegenüber
stehenden Forderungen auf den ersten Blick kaum zu einem Einklänge gebracht werden konnten und die
Nähe einer Stadt von der Grösse Hamburgs und unmittelbar im Getriebe des Verkehrslebens die Schwierig
keiten noch erheblich steigerten.
Nachdem die Direktion Gewissheit erlangt hatte über die Geneigtheit des Senates, bei der Bürgerschaft
einen Antrag auf unentgeltliche Ueberlassung eines Bauplatzes für die Zwecke der Seewarte zu stellen, trat
sie mit einigen Vorschlägen hervor, unter welchen sich jener auf die Wahl des Stintfanges, der Albertus-
liöhe, Bezug habende, sowohl von Seite der Behörden Hamburgs, wie der Admiralität, der besten Aufnahme
zu erfreuen hatte. Es ist hier nicht die Stelle, nachzuweisen, wie der Stintfang beinahe nach jeder der be-
zeichneten Richtungen den Anforderungen entspricht, es wird dies in einem späteren Berichte und auf Grund
lage einer Reihe alsdann zur Verfügung stehender wissenschaftlicher Erhebungen auszuführen sein.
Nachdem die erforderlichen einleitenden Schritte und ein mietheweises, aber unkündbares Abtreten des
Platzes vereinbart waren, erlangte der dahin lautende Antrag des Senates unter dem 5. Dezember 1877 die