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Full text: 1, 1878

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Programm für die Einrichtungen zur Nutzbarmachung der Wettertelegraphie für die Landwirtschaft. 
V orfragen: 
I. Für die praktische Landwirtschaft ist es mit Beziehung auf die Verwertung der Witterungskunde 
vor Allem wichtig, den Verlauf der Witterung in längeren oder kürzeren Perioden zu erfahren. Dabei 
kommt es einmal darauf an, dass der Verlauf der Witterung durch die Thatbestände möglichst rasch fest 
gestellt, Wetteraussichten gegeben, vor besonderen, die Landwirtschaft nachteilig beeinflussenden, 
meteorologischen Ereignissen, wie Nachtfrösten, Hagelschlag, schweren Regengüssen mit Ueberschwemmungen 
u. s. w. gewarnt werden könne. 
II. Obgleich der gegenwärtige Zustand der praktischen Meteorologie, der Witterungskunde, eine 
Wetterprognose für längere Perioden, die in erster Linie für die Landwirtschaft von Nutzen sein würde, 
noch nicht gestattet, so lassen sich doch für kürzere Zeit voraus mit Wahrscheinlichkeit Aussichten für 
das Wetter geben. Es lässt sich dies auch mit Bezug auf einige, die Landwirtschaft beeinflussende, 
meteorologischen Vorgänge, als Nachtfröste, schwere Stürme und schwere, von Ueberschwemmungen be 
gleitete Regen unter Voraussetzung eines gut organisirten Systems der Wettertelegraphie, wie ein solches 
die Seewarte besitzt oder doch in Kürze besitzen wird, mit ziemlicher Zuversicht aussprechen. 
Um aber nach dieser Richtung hin mit Erfolg tätig sein zu können, wird eine geraume Zeit der 
Erfahrung in der Ausübung der Wettertelegraphie zum Nutzen der Landwirtschaft erforderlich sein, 
welche dazu angewandt werden muss, unter steter Weiterentwickelung der dabei in Anwendung kommen 
den wissenschaftlichen Grundsätze eine strenge Kritik über das Geleistete zu üben. 
Die hierbei im Auge zu haltenden Ziele können in einer, im Nachfolgenden dargelegten Weise ge 
fördert werden. 
A. Allgemeiner Theil. 
I. Das wesentlichste Mittel ist das möglichst rasche und nach allen Schichten der dabei interessirten 
Bevölkerung durchdringende Verbreiten genauer Witterungsangaben. 
Es wird dies erreicht: 
1) Durch rasches und vollständiges Verbreiten der täglichen Veröffentlichungen der Deutschen See 
warte über die Witterungszustände nach und in den einzelnen landwirthschaftlichen Bezirken. 
2) Durch telegraphische Verbreitung täglicher, in der Seewarte zusammengestellter tabellarischer 
Wetterberichte, Wetterresumes und eventuell Karten (Schnittpunkte, Isoharentelegramme), welche sämmtlich 
einen allgemeinen Charakter tragen. 
3) Durch aussergewöhnliclie, telegraphische Warnungen vor meteorologischen Ereignissen, die für den 
Ackerbau von Bedeutung sein können und für deren Eintreten, nach dem allgemeinen Zustande der 
Atmosphäre geurtheilt, eine Wahrscheinlichkeit besteht. 
4) Durch die Verbreitung der Monatsübersichten für das Wetter, welche die Seewarto herausgiebt 
und in welchen in Zukunft auch die landwirthschaftlichen Interessen eine umfangreiche Berücksichtigung 
finden müssen. 
5) Durch eine eingehende Diskussion des Materiales, vom landwirthschaftlichen Gesichtspunkte, durch 
eine Synopsis der Thätigkeit des landwirthschaftlichen Zweiges der praktischen Witterungskunde und durch 
thunlichst rasche Verbreitung der dadurch gewonnenen Resultate. 
II. Während der allgemeine Charakter der jeweiligen Witterung und der wahrscheinlichen Gestaltung 
derselben für die nächste Zukunft innerhalb der Seewarte, der Zentralstelle für praktische Witterungskunde, 
festgestellt w r erden muss, kann eine Verwerthung, Ausnutzung der betreffenden Angaben für die Landwirtli- 
schaft nur gedacht werden, wenn diese allgemeine Wetterprognose unter Zuhülfenahme lokaler Indizien zu 
einer Prognose von einem mehr lokalen Charakter gestaltet wird. Zur Durchführung dieses Grundsatzes 
ist eine Organisation erforderlich, welche umfasst: 
1) Eine den Verhältnissen entsprechende Zentralstelle für landwirthschaftliche Meteorologie, welche 
als eine Abtheilung der Seewarte gedacht werden kann. 
2) Eine Anzahl von Distrikts - (Lokal-) Zentren in landwirthschaftlich wichtigen Bezirken, an welche 
die Mittheilungen der Seewarte, telegraphischer und anderer Natur, gesandt werden, und welchen die wei 
tere Schlussfolgerung für lokale Zwecke und die Verbreitung der Resultate derselben an die Bevölkerung 
anvertraut werden kann.
	        
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