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an dieser Stelle die Wichtigkeit dieses Satzes des Weitern ausführen und beleuchten; es wird sich die
selbe im Verlaufe der Ausführungen dieses Berichtes zur Genüge gleichsam von selbst ergeben. Nur soviel
sei aber schon hier hervorgehoben, dass die Erfahrungen der Seewarte während der Jahre ihres Bestehens
und die Arbeiten auf den beiden in Frage stehenden Gebieten es als unzweifelhaft erwiesen haben, dass die
Vereinigung der für Beide erforderlichen Zentralstellen in einem Institute nicht nur finanziell, sondern auch
mit Beziehung auf die ganze Entwickelung der Witterungskunde, die sich nun einmal nicht an die Küsten
oder an die anliegenden ozeanischen Gebiete fesseln lässt, sondern im engsten Zusammenhänge mit den at
mosphärischen Vorgängen auf dem freien Ozeane steht, als von der höchsten Bedeutüng zu bezeichnen ist.
Aus diesen Darlegungen ergiebt sich von seihst und ungezwungen die Stellung der deutschen Seewarte
zu- andern verwandten Instituten des In- und Auslandes. Während die Beschäftigung mit meteorologischer
Forschung der Seewarte in der Reihe der meteorologischen Zentralstellen ihren Platz anweist, lehnt sich
dieselbe, vermöge ihrer Pflege der Hydrographie, der Instrumentenkunde und der verwandten Zweige der
Navigation, an die Hydrographischen Aemter an, von welch’ letzteren sie sich — abgesehen davon, dass sie
nur für die Handelsmarine direkt zu wirken berufen ist, — auch dadurch unterscheidet, dass das Gebiet der
Marine-Vermessung und die Herausgabe der Resultate derselben in Karten ihrem Wirkungskreise ferne bleibt.
Noch sei eines, bei der Errichtung der Seewarte vielfach in Erwägung gezogenen Gesichtspunktes
gedacht, der sonst selten nach seiner ganzen Bedeutung anerkannt wird. Die Ergründung einer wissen
schaftlichen Wahrheit kann für die Begründung des Zusammenhanges der Erscheinungen, und darum auch
gewiss schliesslich für die Anwendung derselben in einer ausübenden Thätigkeit, nur von grossem Nutzen sein,
während andere Glieder in unserer wissenschaftlichen Erkenntniss, gemäss deren gegenwärtigem Stadium,
unmittelbar als für diese Anwendung von hervorragender Tragweite erkannt werden müssen; hierin liegt,
wenn auch kein Gegensatz, doch ein Grund für eine Scheidung. Der Geist mit vorwiegend philosophischer
Richtung versenkt sich naturgemäss mit Vorliebe in die Ergründung von Problemen der Naturforschung,
deren Zusammenhang mit Fragen der Verwerthung einer Wissenschaft möglicherweise heute noch nicht
einleuchtet und darum wohl verfrüht in den Kreis der Betrachtungen eines Instituts hineingezogen wird,
welches vorzugsweise den Beruf hat, allerdings in steter Fühlung mit und auf dem Boden der Wissenschaft
stehend, Schritt für Schritt das Errungene auszunützen und im Interesse des Lebens zum Gemeingute zu
machen. Beide Richtungen der meteorologischen Arbeit, die Forschung um der Forschung willen und die
Forschung zu Zwecken einer ausübenden Thätigkeit, müssen in einem wohlgeordneten Staate neben einander
entwickelt und gepflegt werden; sie in einem Institute zu pflegen, kann zu Konflikten führen, die beiden
zum Nachtheile gereichen und darum unter allen Umständen vermieden werden müssen. Unter dieser
Beleuchtung ist das Institut, über dessen Thätigkeit nun zuerst Bericht erstattet werden soll, zu betrachten,
damit man erkenne, weshalb dasselbe nicht auch gleichzeitig, wie von mehreren Seiten angeregt wurde, als
eine Zentralstelle für die Klimatologie, theoretische Meteorologie und die Physik der Erde im deutschen
Reiche zu wirken berufen worden ist.
Solche und ähnliche Gedanken und Erwägungen lagen der Einrichtung und Organisation der Deutschen
Seewarte zu Grunde, die in erster Linie dem nationalen Drange nach ausgiebigerer Entfaltung unserer
vaterländischen maritimen Thätigkeit und dem Aufschwünge des Geistes und der Bestrebungen unserer Nation,
sich im friedlichen Wettkampfe auf der Arena des Welthandels und des Weltverkehres zur vollen Geltung
gebracht zu sehen, ihre Entstehung verdankt. Damit diesem, für das ganze staatliche und materielle
Leben unseres Volkes hochwichtigen Impulse auch wirklich entsprochen werden könne, musste die Gestal
tung der Seewarte recht durchdacht und nach einem festen und wohl erwogenen Plane durchgeführt werden.
Es wird zum vollen Verständnisse der in diesem Berichte zu gebenden Ausführungen nicht unerheblich
beitragen, wenn am Schlüsse dieser einleitenden Worte und zugleich zu deren weiterer Erläuterung gleich
hier die Gestaltung der Seewarte, wie sich dieselbe in jener Gliederung in einzelne Arbeitsgebiete, die trotz
der Scheidung überall den inneren praktischen Zusammenhang sichert, ausspricht, in grossen Zügen dar
gelegt wird.
Die Deutsche Seewarte zerfällt, wie dies in den §§1 — 8 der allgemeinen, von Sr. Exzellenz dem Chef
der Kaiserl. Admiralität am 2. Dezember 1875 erlassenen Instruktion dargelegt und bestimmt wird, in
vier Abtheilungen, welche hier zunächst der Reihe nach in allgemeinen Linien in ihrer Thätigkeit charak-
terisirt werden sollen.