112
Depeschenformen überging, neue Normalbeobachtungsstationen an der Deutschen Küste organisirte und mit
der erforderlich scheinenden Anzahl von meteorologischen Stationen im Deutschen Binnenlande in Bezie
hungen trat; die Direktion konstatirt mit grosser Befriedigung das allseitige Entgegenkommen, welches sie
sowohl bei Privaten als bei den Direktoren der Observatorien und Zentralstationen fand. In dem Gefühle
an einer grossen, der allgemeinen Wohlfahrt dienenden Einrichtung Theil zu nehmen übernahm man, mit
wenigen Ausnahmen, bereitwillig die tägliche Anstellung von einer, theilweise von zwei Beobachtungen, die
Reduktion und Absendung derselben, ohne eine andere Entschädigung, als die unentgeltliche Ueberlassung
der auf den eingesandten Beobachtungen beruhenden Publikationen der Seewarte. Nur die, bei der Beförde
rung der Depeschen nach dem Telegraphenamte etwa entstehenden Botenlöhne werden von der Seewarte
vergütet. Die Stationen, deren Mitwirkung auf diese Weise die Seewarte erwarb, waren theilweise dieselben,
welche bis dahin ihre Telegramme nach Berlin gesandt hatten, nämlich Königsberg, Köslin, Münster, Berlin,
Breslau, Trier, Wiesbaden, Karlsruhe, zum grösseren Theile aber neue, namentlich auch ausserhalb Preussens,
wo bis dahin sehr wenige telegraphisch korrespondirende Stationen vorhanden waren (nur Bremen und Karls
ruhe). Diese neuen Stationen sind: Krefeld, Kassel, Hannover, Leipzig, Thorn, Gumbinnen, Altkirch, Kaisers
lautern (erst seit Januar 1877 an Stelle von Trier), Friedrichshafen, Bamberg und München.
Ueber die Lago aller dieser Stationen und die Namen der Beobachter an denselben findet man Auf
schluss theils im Abschnitt I, S. 60, theils in dem im Anhänge unter No. 81 beigelegten „Schlüssel für die
Wetterberichte der Seewarte.“
Telegraphischer Verkehr mit England. Da die Aenderungen im Luftdrucke, welche als Bedingung und
Anzeichen für die unsere Witterung beherrschenden Luftströmungen bestimmend sind, hauptsächlich im
Norden, viel weniger im Süden von uns vor sich gehen, und zugleich in der Mehrzahl der Fälle von West
nach Ost fortschreiten, so haben die Zustände auf den britischen Inseln und in Skandinavien die grösste
Bedeutung für die ausübende Witterungskunde in Deutschland. Auch haben für den Seeverkehr Deutsch
lands, welcher zum grössten Theile entweder nach den britischen Inseln selbst oder durch die dieselben um
gebenden Gewässer stattfindet, die Telegramme von diesen ein ganz besonderes Interesse für die betheiligten
Kreise. Es war deshalb ein sehr fühlbarer Uebelstand an den vom Berliner Telegraphenamte herausge
gebenen Wetterberichten, dass in denselben Nachrichten von den britischen Inseln vollständig fehlten. Diese
Lücke war für die Seewarte indessen bei Uebernahme der Deutschen Wettertelegraphie bereits seit Anfang
1878 ausgefüllt, durch ein seit jener Zeit an die frühere Norddeutsche Seewarte täglich, mit Ausschluss der
Sonntage, eingehendes Telegramm aus London mit den vollständigen Angaben der 3 Stationen Yarmouth in
England, Valentia in Irland und Thurso in Schottland. Die Erlangung dieses Telegrammes war in erster
Linie der Liberalität der grossen Nordischen Telegraphen-Gesellschaft und der gefälligen Vermittelung des
Direktors des Dänischen Meteorol. Institutes zu danken, indem die erstere sich auf seinen Antrag bereit
erklärte, das Telegramm unentgeltlich auf ihrem Kabel von England nach Dänemark, und zwar von Fri-
dericia einerseits nach Kopenhagen, andererseits in Abschrift nach Hamburg, zu übergeben. Es muss
übrigens erwähnt werden, dass für diese letztere Strecke gleichfalls die gebührenfreie Beförderung von der
Deutschen Telegraphenverwaltung bewilligt worden war. Als Gegenleistung für dieses Telegramm erhält das
Meteorologische Amt (Meteorological Office) in London seit dieser Zeit tägliche, gleichfalls unentgeltlich
beförderte Telegramme aus Deutschland von Kuxhaven und aus Dänemark von Fanö und Skagen. — Die
wichtigsten Daten aus dem englischen Telegramme wurden von der Seewarte bis zum 1. Januar 1876 im
Anschlüsse an die Hamburger Beobachtungen in der „Börsenhalle“ täglich abgedruckt und später in den
allgemeinen Wetterbericht aufgenommen. Nach der Uebernahme der Seewarte durch das Reich hat dieser
Verkehr ohne Unterbrechung fortbestanden und hat auch an der weiterhin zu erwähnenden Erweiterung
der englischen Wettertelegraphie in Bezug auf die Sonntage theilgenommen.
Der bereits betonten Wichtigkeit der Mittheilungen von den britischen Inseln gegenüber konnten diese
Nachrichten von nur 3 Stationen nicht genügend erscheinen und zwar um so weniger, als der späte Einlauf
derselben die Erlangung einer Uebersicht über die Witterung und die Lieferung der Wetterberichte seitens
der Seewarte verzögerte. Nachdem die Unterhandlungen mit der Vereinigten Deutschen Telegraphen - Ge
sellschaft (Kabel Borkum-London) wegen Uebermittelung der meterorologischen Telegramme zwischen Deutsch
land und England ohne Gebührenerhebung oder gegen ermässigte Gebühren zu keinem Resultate geführt
hatten, wurde zwischen der Seewarte und dem Londoner meteorologischen Amte eine Vereinbarung dahin
gehend getroffen, dass von dort die folgenden Telegramme an die Seewarte auf Kosten der letzteren ge