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der Telegraphenämter erfordern, da dieselben sonst wegen fehlerhafter Einweisung auf die vorgeschriebenen
Wege (Instradirung) häufig an einem oder mehreren ihrer Adresspunkte nicht ankommen, was natürlich
eine regelmässige Wirksamkeit der auf der Wettertelegraphie basirten Einrichtungen sehr behindert.
Allgemeine Uebersicht des wettertelegraphischen Verkehres von Berlin vor 1876. Der Telegrammen-
verkehr, welcher am 1. Januar 1876 vom Berliner Haupt-Telegraphenamte an die Seewarte übergeben wurde,
bestand aus folgenden, täglich einlaufenden, sämmtlich nach der Morgenbeobachtung aufgegeben Depeschen:
aus Deutschland: Memel, Königsberg, Danzig, Köslin, Stettin, Putbus, Kieler Hafen, Weserleucht
thurm, Wilhelmshaven, Bremen, Köln, Münster, Torgau, Berlin, Posen, Breslau, Ratibor, Trier, Wiesbaden,
Karlsruhe ;
vom Auslande: Haparanda, *Uleaborg, Kristiansand, Hernösand, *Tammerfors, Helsingfors, Pe
tersburg, Stockholm, Skudesnes, Oxö, *Wisby, Moskau, Groningen, Helder, Brüssel, Cherbourg, Havre,
Paris, St. Matthieu und Konstantinopel; letzterer Depesche waren auch noch die Daten einiger türkischen
Stationen vom Vortage hinzugefügt. Ausserdem liefen auch Telegramme nur mit Angabe des Windes von
Frederikshavn und Helsingör ein.
Aus allen diesen Telegrammen, mit Ausnahme der mit einem (*) bezeichneten, wurden die auf den
Barometerstand, die Temperatur, Bewölkung, Windrichtung und Windstärke vom Morgen bezüglichen Daten
in die oben erwähnte Tabelle vereinigt und den Abonnenten mitgetheilt.
Die Telegramme der vier schwedischen Stationen und der drei finnländischen gingen zusammen in je
einem Sammeltelegramm von Stockholm und Helsingfors ein, und wurden, ebenso wie die der drei nor
wegischen Stationen und jene von Petersburg und Moskau, nach Paris weiterbefördert. Umgekehrt wurde
das die Beobachtungen von Paris enthaltende Telegramm von Berlin nach Kristiania, Kopenhagen, Peters
burg und Stockholm weiter gegeben. Die Telegramme von Kopenhagen und Fanö gingen und gehen, Aus
nahmefälle abgerechnet, nicht über Deutschland, sondern auf dem direkten Kabel Fanö-Calais.
Dieser Transitverkehr ist seitdem unverändert geblieben, nur hat Moskau im Frühjahr 1876 statt der
alten, die neue internationale Form der Depeschen angenommen und ist dem Telegramm von Helsingfors,
auf dortige Initiative, seit dem Herbst 1877 eine weitere Station, Hangö, hinzugefügt. Mit Ausnahme von
jenem mit Petersburg ist dieser Transitverkehr jetzt (Ende 1878) für gewöhnlich direkt über Hamburg ge
leitet, wo Abschriften der Depeschen für die Seewarte genommen werden.
Ein zweites, tägliches Telegramm aus Paris, das Nachmittags in Berlin einlief und von dort ebenfalls
an die 4 erwähnten nordischen Hauptstädte übergeben wurde, in Deutschland aber keine Aveitere Verwen
dung fand, enthielt in 30—40 Worten eine Uebersicht der Vertheilung des Luftdruckes in Europa. Da
dieses Telegramm, welches ebenfalls seit dem 1. Januar 1876 der Seewarte übergeben wurde, bei seiner
Fassung und dem gegenwärtigen Zustande der Wettertelegraphie für sämmtliche Empfänger desselben fast
nur Bekanntes enthielt, dagegen Telegramme aus dem mittleren und südlichen Frankreich der Seewarte,
und den übrigen Empfängern jenes Télégrammes Nachrichten aus Frankreich überhaupt, fehlten und von
grosser Wichtigkeit waren, so wandte sich die Seewarte im März 1876 an die übrigen betheiligten Institute
mit dem Vorschläge, dieses Telegramm durch ein Sammeltelegramm mit den regelmässigen Daten von 7
französischen Stationen zu ersetzen, welcher Vorschlag auch die Zustimmung der übrigen Empfänger und
Annahme seitens des Pariser Observatoriums fand, zum wesentlichen Vortheile des wettertelegraphischeu
Systems der Seewarte.
Die Telegramme von Helder, Brüssel und Cherbourg, welche bis 1876 in der alten Form einliefen, sind seit
dem auf Betreiben der Seewarte ebenso wie das Telegramm aus Moskau, in die neue internationale Form
(volle Depesche) gebracht. Aus den Niederlanden sind ferner, als Entgegnung aut die, von der Seewarte,
täglich dahin gehenden Sammeltelegramme (vergl. unten) Telegramme von Vliessingen und Utrecht nach
Hamburg eingeführt, welche aus den Gruppen III, IV und V des internationalen Schemas bestehen.
Von den in Berlin eingehenden Telegrammen gaben diejenigen aus dem Auslande die Barometer- und
Thermometerstände in Millimetern und Zentigraden und grösstentheils in der internationalen, in Utrecht am
14. September 1874 vereinbarten Chiffre-Schrift, diejenigen der Deutschen Stationen dagegen in Pariser
Linien und Réaumur-Graden und in der älteren, dürftigeren und zugleich Verstümmelungen mehr ausge
setzten Form.
Telegraphischer Verkehr mit dem Inlande. Den Verkehr mit dem Inlande organisirte die Seewarte
völlig neu, indem sie zu den, auf dem übrigen Kontinente von Europa angenommenen Skalen, Zeiten und