584 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Dezember 1937,
und Wassertransporte, Wohl lassen sich Herkunft und Weg von Luftmassen
anterscheiden und typisieren, doch wäre es z. B, bezüglich des Weges einer Luft-
masse schon zu schematisch, für ihren Charakter (stabil, instabil — Nieselluft,
Schauerluft) nur die Einwirkung der Unterlage verantwortlich zu machen,
1, Eine ebenso stille wie mächtige Teilhaberschaft beim Artwandel der Luft-
massen hat z. B. die Strahlung inne. (In den Übergangsjahreszeiten, wo sie
sich stärker ändert, wirken sich ähnliche Wetterlagen im Abstande von drei
Wochen manchmal schon recht unterschiedlich aus.) Daß der Synoptiker den
Strahlungseinfluß gefühlsmäßig zu gering veranschlagt, bzw. daß sein auf das
unperiodische Geschehen gerichteter Blick das periodische Element „verkleinert“
sieht, erhellt aus folgendem Beispiel:
Bei der gelegentlich auftauchenden Frage, wie off an einer nicht eben
kontinentalen Station wie Hamburg die tägliche Femperatarperiode von einer
o o ° & ° unperiodischen nderung merklich
10° 15°__20° 25 30° 33° $V unterdrückt wird, ergab sich, daß die
Zähigkeit der Tagesperiode allgemein
viel zu gering eingeschätzt wurde. Auf
die Frage: „Wie oft liegt im Sommer
die Temperatur um 11% niedriger als
um 85?“ wurde das Eintreffen von er-
fahrenen Meteorologen auf dreimal im
Monat (und mehr) veranschlagt,
In Wirklichkeit kommt dies viel
seltener vor, und die Blindlingsvorher-
sage, daß die Temperatur um 11% eines
bestimmten Tages höher liegen wird
als um 8%, trifft im Hamburger Sommer
in etwa 97,5 vom Hundert der Fälle
ain (gerechnet nach Zehntelgrad, unter
Auslassung der seltenen Gleichheits-
fälle). In den Monaten Juni, Juli,
August der zur Feststellung heraus-
gegriffenen Jahre 1909, 1910, 1911 war
die Temperaturänderung von 8 bis 11%
positiv in 97.8 bzw. 95.7 und 98,9% aller Fälle, Einmal in rund 40 Tagen
liegt demnach die 11b-Temperatur in Hamburg im Sommer tiefer als die 8b-
Temperatur.
Zum Vergleich: Der trübe, windreiche Hamburger Winter mit seinen starken
unperiodischen Temperaturschwankungen läßt noch in etwa 89% der Fälle die
Temperaturänderung von 9b bis 12b positiv bleiben; durchschnittlich einmal
in zehn Tagen tritt eine Mittagstemperatur ein, die niedriger als die 9b.Tempe-
ratur liegt.
2. Eine nicht unwesentliche Rolle für den Artwandel der Luftmassen scheinen
auch die Vertikalbewegungen der Luft — Absinken im Hoch und Aufsteigen
im Tief — zu spielen, Die beigefügte Abbildung möge dies veranschaulichen.
Es sind darin — nach dem Thetagramm-Papier von Moese und Schinze —
die Kurven der äquipotentiellen Temperatur für die verschiedenen Luftmassen
Mitteleuropas im November (bis 5 km Höhe) dargestellt. Da die äquipotentielle
Temperatur ähnlich der potentiellen mit wachsender Höhe weiter zunimmt, kann
man den Verlauf oberhalb 5 km roh extrapolieren, wie es in der Abbildung
-— mit rund 3° Zunahme auf 1 km — geschehen ist. Man kommt dabei in den
verlängerten Kurven von PL und AL früher oder später zu äquipotentiellen
Werten, die der TL tieferer Schichten eigentümlich sind (> 31°),
Da die äquipotentielle Temperatur bei Vertikalbewegungen annähernd konstant
bleibt, wird also absinkende Polarluft, sofern der Absinkprozeß genügend
stark und anhaltend ist, zu Tropikluft — und umgekehrt aufsteigende
Tropikluft gegebenenfalls zu Polarluft, Um oberhalb 3 km Höhe „Tropikluft“
erscheinen zu lassen, ist, wie man sieht, nur ein Absinken wärmerer Polarluft
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