Kleinere Mitteilungen,
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jangen Wege von der ostpommerschen Küste bis zum Feuerschiff
Adlergrund paßt sich die Luft bereits bis auf 2° der Wassertempe-
ratur an, in den Mittagsstunden erreicht die Abkühlung damit auf
diesem Wege 17°!
Rechnet man aus der mittleren Windgeschwindigkeit die Zeitdauer für diese
Abkühlung aus, so erhält man 7 bis 9 Stunden, die also für diese gewaltige Tempe-
raturerniedrigung der untersten Luftschichten genügen, und wir haben hier also
ein warnendes Beispiel vor uns, wie wenig die Bodentemperaturen für
die Festlegung der Luftmassengrenzen und Fronten zu verwenden
sind. Daß daran auch die Verwendung der äquivalent-potentiellen Temperatur
nichts ändert, mag daraus hervorgehen, daß diese an der Küste schon morgens
bei 46° liegt, dort mittags bis 67° ansteigt, während man für Adlergrund-Feuer-
schiff selbst unter der Voraussetzung der Sättigung nur Äquivalenttemperaturen
zwischen 42° und 45° erhält, die Feuchtigkeit dort aber nach den für Bornholm
(Hammershus) vorliegenden Feuchtemessungen wesentlich niedriger ist. Beispiel:
Hammershus am Mittag des 7. Juni Aquivalenttemperatur von nur 35°!
Luftmassenmäßig spielt die große Temperaturscheide längs der Ostseeküste
trotz dieser Differenzen in der aktuellen und äquivalenten Temperatur natürlich
keine Rolle, denn es handelt sich ja gerade um die gleiche Luftmasse, deren
Eigenschaft nur am Boden etwas abgewandelt ist. Sobald diese Luft wieder
Festland erreicht, wird die Bodenstörungsschicht sofort wieder beseitigt, und wir
sehen entsprechend aus unserer Abbildung, daß über Südschweden die Tempe-
ratur in dieser Luft ebenso bei 26° liegt, wie es vor Überschreiten der Ostsee
der Fall war.
Zusammenfassend wollen wir festhalten, daß also für die Auffindung
von Fronten und Luftmassengrenzen die aktuellen und äquivalenten
Temperaturen am Boden keinen geeigneten Indikator darstellen,
daß man sich vielmehr bei der Analyse gerade von den irreführenden
Werten am Boden befreien soll. Über dem Festland liegen jetzt so zahl-
reiche aerologische Beobachtungen vor, daß hier die Festlegung der Fronten
mittels der Höhenbeobachtungen keine Schwierigkeiten mehr bereitet, und für
die Ozeane hat uns Bergeron zahlreiche Indizien für die Erkennung der Luft-
massengrenzen an die Hand gegeben, wie z, B, die Differenz zwischen Luft- und
Wassertemperatur, die Sichtweite, die Wolkenart, der Niederschlagscharakter,
deren Anwendung man als indirekte Aerologie zu bezeichnen pflegt. Als
wichtigste Kriterien möchte ich herausstellen: Die regelmäßige Verfolgung
der Luftmassengrenzen auf Grund des aus der Bodendruckverteilung
folgenden Gradientwindes und die Beachtung der im Druck- und
Windfeld auftretenden Diskontinuitäten, denn diese verraten die
wahre Lage der Fronten! R. Scherhag, Berlin.
6. Wetterskizzen. Nr. 29: Zum Artwandel der Luftmassen. Für die Wetter-
vorhersage kommt es nicht nur auf das Erfassen der Massen- und Fronten-
verlagerung an, sondern auch auf die Abschätzung der hierbei auftretenden
masseninneren Änderungen. Wie rasch entartet manchmal eine Schauerluft,
wenn die Strömung in ihr in den unteren Luftschichten divergent wird, zu
Schönwetterluft oder auch zu stabiler Kaltluft mit Hochnebel! Der Synoptiker,
der im wesentlichen Augenblickszustände räumlich betrachtet, neigt infolge
dieser Methode dazu, bei der Prognose mehr oder minder eine Verschiebung der
im Wetterkartenbilde enthaltenen Zuständlichkeiten vorzunehmen. Da sein
Hauptaugenmerk den atmosphärischen Störungen und den hieran beteiligten
Massen und Fronten gilt und gelten muß, wird er leicht dazu geführt, den inner-
halb der Störungen, Massen und Fronten wirksamen Änderungsfaktoren zu wenig
Gewicht beizumessen.
Im Luftmeer liegen aber die Quellen der Luftmassenumwandlung und
.bildung leider überall: Andauernd und überall laufen bei der Fortentwicklung
der atmosphärischen Zustände Prozesse, die aus der Wetterkarte nicht
unmittelbar hervorgehen, wie Strahlung, Verdunstung und andere Wärme-