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Full text: 65, 1937

570 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Dezember 1937, 
Hier war bereits 1929 ausgesprochen, daß die Februarlage 1929 nicht für 
eine Lage geschwächter, sondern besonders verstärkter Zirkulation (im 
Sinne der Austauschgröße) angesehen wurde. Und zwar sollte sich die verstärkte 
Zirkulation nicht in einer Verstärkung der zonalen Zirkulation äußern, sondern 
im Vorhandensein eines grundsätzlich andersartigen Systems der 
Zirkulation, das, wie mir schien, für den Großaustausch der Luft zwischen 
hohen und niederen Breiten (Wärmeaustausch) leistungsfähiger war als eine 
verstärkte Westwindzirkulation, 
Die Ablenkungskraft, welche zu der zirkumpolaren West-Ost- Zirkulation 
führt, bedeutet ja eigentlich für den Wärmeaustausch eine unliebsame Ein- 
mischung, und es schien einleuchtend, daß ein System quasipermanenter „Zirku- 
lationsräder‘“, welche sich zwischen Polargebiet und Subtropen aufbauen und 
— in breiten Streifen — eine anhaltende meridionale Luftbewegung zwischen 
subtropischen und polaren Breiten gewährleisten, eine bezüglich des Wärme- 
transportes wirksamere Zirkulationsform darstellt. 
Diese Gedanken, die ich an der zitierten Stelle nur andeutete, hat Fr. Baur*)®) 
einige Zeit später, unabhängig hiervon, ausführlich behandelt, und er hat — in 
Analogie zu dem von mir erwähnten „Systemwechsel“ — zwei Haupterschei- 
nungsformen der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation unter- 
schieden. Er nennt sie die Form des ungeordneten Austausches (mehr 
oder minder lebhafte turbulente Westostströmung; Wärmeaustausch durch 
kurze Vorstöße von Warmluft und Kaltluft) und die Form des Austausches 
in meridionalen Zirkulationsstreifen (starke zonale Druckgradienten; 
Wärmeaustausch durch zwei breite, ungefähr meridional verlaufende 
Strömungen). 
Baur hat aus Beobachtungen den meridionalen Wärmetransport für diese 
beiden Hauptformen der Zirkulation berechnet und gefunden, daß der polwärts 
gerichtete Wärmefluß (in der unteren 6 km-Schicht) im Falle der meridio- 
nalen Zirkulationsstreifen erheblich größer ist als im Falle des 
ungeordneten Austausches, so erheblich größer, daß das Ergebnis auch bei 
einiger Ungenaunigkeit der Zahlen und bei Berücksichtigung der Ertelschen 
Einwände®) bestehen bleibt. Baur unterstreicht, daß der Westströmungstypus 
nicht als der verstärkte gegenüber dem Meridionalzirkulationstypus angesehen 
werden kann. 
Wenn nun solch ein System latitudinal nebeneinander liegender Zirkulationen, 
wie es bereits F. M. Exner”’)®) betrachtet hat, als Dauerzustand tatsächlich 
leistungsfähiger für den Großaustausch ist als ein rascher rotierender „Polar- 
wirbel“, so wird dies doch nicht mit dem gebräuchlichen Maße für die Stärke 
der Zirkulation erfaßt, A, Wagner®) schließt sich bezüglich des Zirkulations- 
maßes Defant und A. Peppler an: Als Maß der Zirkulationsintensität 
wird der Luftdruckunterschied 30° bis 65° Br. genommen, dessen übernormale 
Größe verstärkter Zirkulation, dessen unternormale Größe abgeschwächter Zir- 
kulation gleichgesetzt wird, 
Ohne Zweifel wird dies Zirkulationsmaß den „normalen“ Schwankungen der 
Zirkulation weitgehend gerecht, aber insoweit es zugleich auf Erfassung 
und Vergleich der horizontalen Wärmetransporte abzielt, kann es 
nach obigem den anderen Typus der Zirkulation — mit quasistationären 
Meridionalströmen — in seiner Leistung nicht erfassen. Denn der Druck- 
unterschied 30° bis 65° Br. wird bei dem Meridionalzirkulationstypus 
immer relativ gering und oft sehr stark (regional bis zum Vorzeichenwechsel) 
abgeschwächt erscheinen, ohne daß dies einen verminderten Luftaustausch zwischen 
hohen und niederen Breiten zu bedeuten brauchte — im Gegenteil, 
4) Franz Baur: Die Formen der atmosphärischen Zirkulation in der gemäßigten Zone. Gerl. 
Beitr. Bd. 34, Köppen-Bd. JII, S, 264 bis 309 (Leipzig 1931). Siehe bes, S. 286 ff. — 5) Derselbe: 
Die allgemeine atmosphärische Zirkulation in der gemäßigten Zone. Met. Ztschr, 1932, S. 470 bis 477 
(vgl. bes. S. 474ff.), — °% H. Ertel: Bemerkungen zu der vorstehenden Arbeit des Herrn Baur. 
Met, Ztschr. 1932, S. 477/478. — 7?) F. M. Exner: Dynamische Meteorologie, S, 216 ff. — %) F. M. 
Exner: Über die Zirkutationen kalter und warmer Luft zwischen hohen und niedrigen Breiten, 
Wiener Sitz.berichte, Abt, IIa, Bd. 137, S. 189 bis 225 (1928), — *) 2.2. 0., S. 455.
	        
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