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Full text: 65, 1937

528 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, November 1937, 
als die kalten. Manche Fehlprognose im Wetterdienst kommt auf das Konto eines 
Kaltluftblocks, der sich nachträglich als mehr attrahierend denn blockierend erwies! 
Diese „Attraktion“ der Kaltluft zeigt sich im großen in der bekannten „Pol- 
tendenz“ der Zyklonen, Sie tritt aber auch im einzelnen zutage, indem z. B. 
die zyklonalen Störungen an einer Front in vielen Fällen nicht genau parallel zur 
Frontmittellage ziehen, sondern mit einer Komponente in das kalte Gebiet hinein 
wandern. Was Widerstand leistet, sind nicht so sehr die Luftkörper als vielmehr 
die Druckgebilde oder besser Strömungskörper; die horizontalen Dichte- 
anterschiede scheinen für den Hindernisaufbau direkt relativ wenig aus- 
zumachen. 
Die „Strömungskörper“, wenn dieser Ausdruck einmal erlaubt ist, bestimmen 
sich aber ebensosehr durch die dreidimensionale Temperaturverteilung 
wie durch das Bodendruckfeld, und weil z, B. ein am Boden antizyklonischer 
Kaltluftkörper mit der Höhe um so eher in einen zyklonischen übergeht, je 
mächtiger und kälter er ist, deshalb vermag er so wenig ein einheitlicher, 
hindernisbildender Strömungskörper zu sein. 
3. In diesem Zusammenhange ist auch auf die Exnersche Riegeltheorie 
der Zyklonen hinzuweisen, bei der Exner?!) einleitend sagt: „Die meisten 
Zyklonen entstehen aber wohl nicht an Hindernissen, die aus Kontinentalmassen 
gebildet sind, sondern an beweglichen Hindernissen, an Kaltluftkörpern.“ Hier 
soll in der „Achselhöhle“ der Kältezunge die Zyklone dadurch entstehen, daß der 
Kaltluftkeil der wärmeren Westströmung den Zutritt zu seiner Leeseite abriegelt, 
während anderseits diese Westströmung — infolge Trägheit — auf der Leeseite 
der Kaltluftzunge noch fortdauert. Die Druckerniedrigung soll also durch Sog 
arfolgen und einen Leewirbel mit vertikaler Achse erzeugen. 
Aber bei der für eine Zyklonenbildung erforderlichen Dimensionierung der 
Kaltluftzunge — sie müßte wohl mindestens 200 km Länge, bei einigen Kilometern 
vertikaler Mächtigkeit an der Ansatzstelle, haben — kann man sich eine solche 
Lage nicht ohne ein entsprechendes Druckfeld entstanden denken, D.h. in der 
„Achselhöhle“ der Kältezunge liegt von vornherein Tiefdruck, wenn auch kein 
tieferer als an der übrigen Kaltwarmfront. 
Dieser Tiefdruck wird aber mit der Höhe nach der Kältezunge hin 
verschoben sein, selbst wenn in ihr höherer Bodendruck herrscht (vertikale 
Kompensation); außerdem wird durch die Höhendruckerniedrigung über der 
Kältezunge die Westströmung um den Kaltluftkeil zusätzlich beschleunigt. Die 
mit dem Kaltluftvorstoß einsetzende Beschleunigung und Linksablenkung der 
Westströmung lassen es demnach fraglich erscheinen, daß auf dem in der Riegel- 
theorie angenommenen mechanischen Wege eine zyklonenbildende Druckerniedri- 
gung erfolgt, 
4. Die Vorstellung von der Kaltluft als Hindernis spielt nicht nur bei der 
Erklärung der Wolkenbildung, Regenentstehung, Zyklonenentwicklung — wie 
gezeigt — eine Rolle, sondern auch bei der Erklärung der Zyklonenbahnen. So 
nat W, A, Bugajew?*) kürzlich in einer Arbeit die russisch-sibirischen Zyklonen- 
bahnen im Winter mit der Lage der Arktischen Front in Beziehung gesetzt. Er 
findet, daß die Zugbahn der an der Arktischen Front regenerierten Zyklonen 
mit der Vorauslage der Arktischen Front nahezu zusammenfällt, und benutzt 
diesen Umstand, um umgekehrt aus einer Zyklonenbahnstatistik die Mittellage 
der Arktischen Front abzuleiten, 
Bugajew spricht hierbei immer von dem Massiv der Arktikluft und führt 
die Tatsache, daß dieses „Massiv“ in südlichem Bogen von den Zyklonen umlaufen 
wird, auf die Widerstandsfähigkeit der Kaltluft zurück, 80 z. B. schreibend: 
„Die am meisten gekrümmte Zugbahn ergibt sich bei dem Umlaufen der kalten, 
dichten und trägen € A (K)“. Auf der anderen Seite konnte es Bugajew natürlich 
nicht entgehen, daß „das Umlaufen des Massive arktischer Luft (in zyklonal 
1 F. M. Exner: Dynamische Meteorologie, S. 339 (Wien 1925). — 2} W, A. Bugajew (Taschkent): 
Über den Zusammenbang von Zyklonenbahnen mit der Lage der Arktischen Front im Winter (1 russ. 
Spr,), Journal für Hydrologie und Meteorologie, Moskau 1936.
	        
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