514 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, November 1937,
Sowohl die Bezugsflächen in 1000 wie in 2000 m schneiden die Isodensen des
Dichteschnittes, während man, wie anfangs erwähnt wurde, aus theoretischen
Grenzflächenbetrachtungen und aus beobachteten Geschwindigkeitsprofilen
schließen muß, daß im Gegenteil eine enge Verknüpfung der Bezugsfläche zum
hydrographischen Aufbau zu erwarten ist.
Gegen die vom Verfasser wiederholt vertretene Auffassung der Notwendigkeit,
die dynamischen Bezugsflächen dem hydrographischen Aufbau einzufügen, sind
bisher keine grundsätzlichen Einwände gerichtet worden, Dagegen wurden
zwei Bedenken gegen die Wahl des Kernes des Sauerstoffminimums als Bezugs-
fäche erhoben, und zwar von CC, G, Rossby®?) vom rein dynamischen, von
H. R. Seiwell®) vom chemisch-biologischen Standpunkt.
Man kann sich der Bemerkung von C. G. Rossby nicht verschließen, daß
im Beispiele des dynamischen Schnittes durch den Golfstrom mit dem Kern des
O,-Minimums als Bezugsfläche, wenn man die errechneten dynamischen Topo-
graphien als absolute ansieht, unterhalb der Bezugsfläche auf ungewöhnlich
starke Strömung zu schließen wäre, Die Bewegung würde entgegengesetzt zum
Golfstrom gegen SW gerichtet sein. Die volle Gültigkeit des Bjerknesschen
Theorems mit der Vernachlässigung von Reibung und Vermischung muß aller-
dings dabei für große Tiefen vorausgesetzt werden, Solange man die dynamische
Bezugsfläche als „Nullfläche“ ansieht, wie ich es noch in dem Aufsatze getan
habe, auf den sich C. G. Rossby bezieht, besteht der Einwand zu recht. Sobald
man aber in der dynamischen Bezugsfläche die Grenzfläche zwischen zwei
Zirkulationsgliedern erblickt, wie ich es oben getan habe (vgl, S, 509), kann man
den Einwand von CC, G, Rossby nicht teilen, Da die Bewegungsverteilung in
der Grenzschicht und damit in der dynamischen Bezugsfläche nicht allgemein
und eindeutig bekannt ist, bestimmt man keine absoluten dynamischen Topo-
graphien, sondern relative, Die errechneten Strommengen beziehen sich demnach
nur auf das betreffende Zirkulationsglied oberhalb der Grenzschicht,
Ozeanographisch scheint es am sinnvollsten, wie am Anfang am Beispiele
des Guayana- und Brasilstromes versucht wurde darzulegen, die Grenzschichten
auch dann als Bezugsfläche beizubehalten, wenn darunter Bewegung in Richtung
der ÖOberströmung anzunehmen ist, Vergleichende Betrachtungen, wie sie von
G. Wüst?) für Kuroshio und Golfstrom, vom Verfasser!) für Agulhasstrom und
Golfstrom vorgenommen wurden, sind dann entgegen den Bedenken von
A, U, Sverdrup*) in ihren Ergebnissen weitgehend gesichert. Definiert man
die Zirkulationsglieder nicht von der Grenzschicht, sondern von einer Nullfläche
der Bewegung, die allerdings schwerlich überzeugend zu begründen ist, dann
gelangt man zu vollkommen anderen Strommengen und auch zu anderen Strom-
vorstellungen. C. O’D, Iselin?) bezeichnet zum Beispiel als Floridastrom die
Strömung über einer Nullfläche der Bewegung, für die er annimmt, daß sie
vom Ausgang der Floridastraße von etwa 800 m auf 2000 m bei Kap Hatteras
Absinkt. Auf dieser Grundlage errechnet er eine Zunahme des Wassertransportes
auf dem Wege von der Floridastraße bis Hatteras von 25 auf 82 X 10° m*/sec,
also mehr als eine Verdreifachung der Strommenge, während an anderer Stelle!)
mit der Grenzschicht als Bezugsfläche ein geringer Verlust auf derselben
Strecke (7°) ermittelt wurde,
Der zweite Einwand der gegen die Wahl des O,-Minimums als dynamische
Bezugsfläche von H, R. Seiwell erhoben wurde, führt zu den Fragen der Grenz-
schichten im Ozean und der Erklärung des O„-Minimums.
D. Die Sauerstoffminima und die Grenzschichten im Ozean,
Bei der Festlegung der dynamischen Bezugsfläche im Ozean durch Grenz-
schichten können nur solche herangezogen werden, die eng mit dem ozeanischen
Bewegungssystem verknüpft sind. Räumlich auf die Tropen beschränkt, ist die
2) CC. G. Rossby: Drnamica of steady ocean enrrents in the light of experimental fluid mechanics.
Pap. in Phys. Oceanogr. Words Hole Oceanogr. Inst. Vol, V, No. 1. Cambridge (Mass) 1936. —
», H. R. Seiwell: The minimum Oxygen concentrauon in the western basin of the North Atlantic,
Ebenda, Vol. V, No. 3. Cambridge (Mass) 1937. — %) H. U. Svrerdrap: Besprechung von 14),
Journal du Conseil. Vol. XII, No. 1. Kopenhagen 1937