Nagel, F.: Die Genauigkeit der Temperaturmessung bei Registrierballonaufstiegen. 505
festzustellen, beide Kurven haben etwa die gleiche Gestalt (Fig, 4). In der
Substratosphäre weichen die ersten drei Aufstiege um mehrere Grade voneinander
ab. Der Anstieg des Aufstiegs 2 ist rund 3 Stunden später als derjenige von 1
registriert worden. Vom ersten bis zum zweiten Durchgang durch die Tropopause
ist bei Aufstieg 1 fast eine Stunde verstrichen, Wenn die Zustandskurve von 1
in die von 2 durch periodische Wellenbewegungen überführt worden wäre, so
hätte man wahrscheinlich bei dem Abstieg des Aufstiegs 1 einen Übergangszustand
festgestellt. Etwas Derartiges ist aber nicht gefunden worden. Durch periodische
Wellenbewegungen lassen sich also diese Abweichungen der Aufstiege nicht erklären.
Hiermit soll keineswegs gesagt sein, daß periodische Wellenbewegungen in der
Substratosphäre nicht vorkommen können, sondern nur, daß dieselben in diesem
Falle nicht vorhanden waren, Die Abweichungen, wie sie z, B, in der Substratosphäre
bei den Aufstiegen 2 und 3 auftreten, — bei 150 mb weichen hier die Temperaturen
um rund 4° voneinander ab — werden nach den soeben gemachten Ausführungen
wohl kaum auf Wellenbewegungen zurückzuführen sein, Die bei Aufstieg 3
zwischen 200 und 150 mb auftretenden sprunghaften Temperaturänderungen sind
nicht durch Verstrahlung hervorgerufen, da dieser Aufstieg während der Nacht
ausgeführt worden ist. Es darf wohl die Vermutung ausgesprochen werden, daß
es sich hier um Spannungen im Bimetall handelt. Vielleicht lassen sich überhaupt
die Abweichungen wenigstens zum Teil durch Spannungen erklären, die besonders
bei tiefen Temperaturen auftreten. Zur Zeit werden im Meteorologischen Institut
der Hansischen Universität diesbezügliche Untersuchungen über Bimetalle angestellt,
die demnächst veröffentlicht werden und eine weitere Klärung dieser Fragen bringen.
IV. Die Genauigkeit der Temperaturmessung.
A, Ergebnisse und Streuung der Temperatur.
Beim Start des Aufstiegs 4 um 07 Uhr 18 Min ist eine Lufttemperatur von
12.4° abgelesen worden, während an der etwa einen Kilometer entfernten Wetter-
flugstelle um 07 Uhr 23 Min, also 5 Minuten später, die Lufttemperatur zu 12.2°
bestimmt worden ist. Die Abgreifgenauigkeit bei der Basislinienbestimmung für
die Temperatureichkurve beträgt -} 0.1° (siehe II A). Mit zunehmender Höhe
werden die Fehler in den Temperaturangaben schon deswegen größer, weil auch
die Druckangaben ungenauer werden. Aus den Untersuchungen von P. Raethjen
und E. Huß geht hervor, daß bei Flugzeugaufstiegen mit zwei gleichzeitig
registrierenden Meteorographen Abweichungen in der Temperatur vorkommen,
die gelegentlich 1° erreichen. Etwa den gleichen Wert haben auch die Ab-
weichungen zweier Meteorographen in einem Fesselballon ergeben [10].
In Fig. 4 ist bei 400 mb noch nirgends eine Abweichung der Aufstiege von
der punktierten Kurve vorhanden, die mehr als 1° beträgt; die punktierte Kurve,
das Mittel aus den Aufstiegen 1 und 9, ist deswegen bei 400 mb auch nirgends
eingetragen, Aus der Figur ist aber deutlich die zunehmende Abweichung mit
zunehmender Höhe zu ersehen; die punktierte Kurve ist überall dort eingetragen,
wo die Abweichungen mehr als 1° betragen. In der oberen Troposphäre ergibt
sich eine unregelmäßige Streuung der Temperatur von -{- 2°, gelegentlich kommen
noch größere Abweichungen vor.
Die gleichen Abweichungen wie in der oberen Troposphäre treten auch in
der Stratosphäre auf, Wegen des viel geringeren Temperaturgradienten können
in der Stratosphäre die Temperaturangaben durch die Drucke nicht so sehr
gefälscht sein, wie in der oberen Troposphäre; denn selbst eventuelle Fehler in
den Druckangaben von + 10 mb ändern nicht viel an der Streuung der Temperatur
in der Stratosphäre, wie aus Fig. 4 ersichtlich ist. Daher lassen sich die Ab-
weichungen in der Stratosphäre nicht durch Fehler der Druckmessung erklären.
Das am Schluß des Abschnitts II C über die Größe der Verstrahlung Ausgesprochene
gewinnt dadurch an Gewicht, daß die bei den Angaben über die Größe der Verstrah-
lung auf tretenden Fehler wohl kaum die Größe erreichen, wie die troposphärischen
Abweichungen der einzelnen Aufstiege untereinander.
Insgesamt ergibt sich: Die Genauigkeit der Temperaturmessung, die in
Bodennähe etwa + !/° beträgt, nimmt mit zunehmender Höhe allmählich ab.
Ana. d. Hydr. usw. 1937, Heit XI.