Nagel, F.: Die Genauigkeit der Temperaturmessung bei Registrierballonaufstiegen, 503
Die tiefstehende Sonne kann den mit doppeltem Strahlungsschutz versehenen
Registrierapparat wohl kaum mehr erwärmen als die umgebende Luft, zumal
dann auch die Intensität der Sonnenstrahlung gering ist. Bei hohem Sonnen-
stand dagegen kann die Sonne mit großer Intensität den Apparat direkt be-
strahlen, da derselbe zum Zwecke einer guten Ventilation oben und unten nicht
gegen Strahlung geschützt ist. Da bei konstanter Steiggeschwindigkeit die
Ventilation mit zunehmender Höhe abnimmt, weil die Luftdichte geringer wird,
reicht die Ventilation in der Stratosphäre nicht mehr aus, um die dem Apparat
durch Strahlung zugeführte Wärmemenge fortzuschaffen, und mit wachsender
Höhe muß daher die Verstrahiung immer größer werden.
Ein Merkmal der Verstrahlung sind die Zacken in den Anstiegskurven, wie
sie bei den Aufstiegen 5 und 6 auftreten (Fig. 4). Noch deutlicher ist wohl die
Verstrahlung durch einen Vergleich des Anstiegs mit dem Abstieg zu erkennen,
Betrachtet man daraufhin die Aufstiege 4 und 5, so stellt man ohne weiteres
die stärkere Verstrahlung des Aufstiegs 5 fest. Während bei einem nichtver-
strahlten Aufstieg der Anstieg in der Stratosphäre kälter ist als der Abstieg,
liegt im Falle einer Verstrahlung der Anstieg um so weiter nach höheren
Temperaturen, je stärker er verstrahlt ist. Aus Fig, 4 ist zu ersehen, daß die
Verstrahlung bei Aufstieg 5 schon in geringerer Höhe einsetzt als bei Aufstieg 4.
Bei diesen beiden Aufstiegen geht nach dem Platzen des Ballons die Ab-
stiegskurve nicht nach höheren Temperaturen, wie bei dem nichtverstrahlten
Aufstieg 9, sondern sofort nach tieferen Temperaturen, weil die Apparate beim
Aufstieg 4 und 5 im Gipfelpunkt durch Strahlung mehr als die Luft erwärmt
worden sind (Fig. 4). Wegen der durch die große Fallgeschwindigkeit erzeugten
guten Ventilation nähert sich der Abstieg ein wenig denjenigen Temperaturen,
die er bei einem unverstrahlten Anstieg haben würde.
Während das Zurückbleiben der Temperatur in der Troposphäre vorwiegend
durch den Trägheitskoeffizienten @ und den vertikalen Temperaturgradienten y
bedingt ist, können diese wegen des geringen vertikalen Temperaturgefälles in
der Stratosphäre nur von geringerer Bedeutung sein. Die Temperatur eines nur
verstrahlten Apparates wird um so höher sein als die Lufttemperatur, je größer
die Intensität der Sonnenstrahlung g@ und je geringer die Ventilation v ist. Das
kann durch die Gleichung ausgedrückt werden:
6 + . +. .. At = 7. konst,
Hier kann v in grober Näherung proportional der Steiggeschwindigkeit w, bzw.
der Sinkgeschwindigkeit w, gesetzt werden.
Da in einem betrachteten Niveau die Luftdichte beim Anstieg die gleiche
ist wie beim Abstieg, und da wegen des geringen zeitlichen Unterschiedes vo als
konstant angesehen werden darf, bestehen für die betrachtete Höhe beim Anstieg
bzw. Abstieg die beiden Gleichungen: At, = bzw. At, = Durch Divi-
sion der Gleichungen ergibt sich: \ *
7) Aa oder umgeformt: Ah A woraus folgt:
At Atı— At
1m
Ws
In Fig. 5 sind die in der Stratosphäre verstrahlten Aufstiege 4 und 5 bei
100 mb dargestellt, und zum Vergleich ist der nichtverstrahlte Aufstieg 1 mit
eingezeichnet. Beim unverstrahlten Aufstieg 1 liegt die trägheitslose Zustands-
kurve in einer Höhe von 100 mb 1° rechts vom Anstieg und 1.5° links vom
Abstieg. Nimmt man dieselben Trägheitsverhältnisse für die Aufstiege 4 und 5
an, so erhält man die Darstellung der Fig. 5. Hier sind im Niveau 100 mb zu-
nächst trägheitslose (aber verstrahlte) Temperaturwerte eingetragen, welche im
Anstieg 1° höher und im Abstieg 1.5° tiefer liegen, als die trägen Messungen.
Dadurch gewinnt man für die Aufstiege 4 und 5 bei 100 mb die trägheitslosen
Verstrahlungsdifferenzen At, — 4t,.
$) .