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Full text: 65, 1937

Schröder, G.: Vom „Grünen Strahl“. 
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an, um wie allabendlich den Grünen Strahl zu beobachten. Was ich jetzt sah, 
war eins der entzückendsten Schauspiele, welches mir die Natur je geboten hat. 
Mitten in der untergehenden Sonne ragte der Gipfel des Orizaba aus der Kimm 
heraus! (Bild 1.) Wer Verständnis hat für solche Phänomene, wird sich nicht 
wundern, wenn ich sage, daß uns der Anblick in Erregung versetzte. — Der 
feine Dunstschleier wirkte sehr günstig wie eine beinahe farblose Abblendung. 
Unsere Erregung wich nun gleich der Spannung, ob an dem so weit entfernten 
Berge der Grüne Strahl erscheinen würde. Und tatsächlich: der Strahl wurde 
hervorgebracht, aber er war ganz blau und dauerte kaum eine Sekunde lang 
Als noch ein ganz schmales Segment der Sonne zu sehen war, etwa 2 Bogen- 
minuten dick und 12 lang, wurde dieses plötzlich, an den Enden beginnend, 
lichtblau, Das Blaue lief schnell zusammen (Bild 2), und das nunmehr ganz 
olaue winzige Segment verschwand nach einer halben Sekunde. Mit bloßem Auge 
hätte man es nicht sehen können, 
Es wurde dann der Höhenwinkel des Berges über der Kimm zur Abstands- 
bestimmung gemessen, es waren 18,6 Bogenminuten. Nach der Tafel 8 der 
„Terrestrischen Ortsbestimmung“ von Kapitän Karbiner ausgewertet und um 
den Wert, welcher der Einwirkung der Strahlenbrechung entspricht, vergrößert, 
ergab die Messung den Abstand von 140 Sm. Die Peilung des Berges konnte 
ınabhängig vom Kompaß aus der Azimut-Tabelle entnommen werden, Der so 
aus Höhenwinkel und Peilung ermittelte Schiffsort wurde gleich darauf durch 
eine Sternbeobachtung (Ort aus vier Höhen) als für die Navigation genügend 
genau bestätigt. 
Als die Sonne nun verschwunden war, kam noch eine Zugabe. Hinter dem 
Berg erhob sich ein Schattenkegel, der bald die Höhe der Dunstbank erreicht 
hatte. Beim flüchtigen Hinschauen hatte man den Eindruck, daß der Berg 
schnell wuchs. Im Teleskop war es ein reizvoller Anblick (siehe Bild 3). Der 
Berg selbst war in dem Kegel scharf zu sehen. Der Schattenkegel verbreiterte 
sich immer mehr, in der Art wie Bild 4 es zeigt, und verlor sich nachher, als 
es dunkler wurde. 
I. Beobachtungen des Grünen Strahles an der Nordseeküste, 
Von Dr. Wilhelm Hartmann, Hannover, 
Bei der Beobachtung eines Sonnenunterganges auf der Nordseeinsel Wangeroog 
zum Zwecke der Feststellung der Zerrbilder der untergehenden Sonne wurde 
am 8. September 1933 der „Grüne Strahl“ beobachtet. Da das Wetter weiter 
günstig blieb, wurde an den folgenden Abenden stets auf das Auftreten geachtet. 
Dadurch gelang es, ihn in der Zeit vom 8. bis 21. September fünfmal zu beobachten. 
Der Beobachtungspunkt war während der Sonnenuntergänge die Strandmauer 
der Westspitze von Wangeroog in der Nähe des Fundamentes des alten West- 
turmes, während des einen Sonnenaufganges die Dünen südöstlich davon bei 
dem neuen Westturm. In allen Fällen war der Horizont völlig frei. 
Als Beobachtungsmittel diente ein sechsfaches Prismenglas, 
im folgenden ist eine Zusammenstellung der Beobachtungen gegeben: 
8. September: Die Sonne versinkt, rotgefärbt, ohne wesentliche Deformation, 
am Westhorizont. Es sind lediglich kleine Einkerbungen am Sonnenrand zu 
arkennen, Mit dem Verschwinden des letzten Stückes der Sonnenscheibe unter 
dem Horizont löst sich ein Tropfen oberhalb der Stelle ab, wo eben die Sonne 
verschwunden ist. Er ist weiß gefärbt, nimmt aber im Erlöschen eine lichtgrüne 
Farbe an. Dieser Vorgang wurde durch einen anderen Beobachter bestätigt. 
9. September: Die Sonne sinkt wieder ohne wesentliche Deformation unter 
den Horizont. Lediglich der Rand der Sonne ist mit zahlreichen Einkerbungen 
versehen. Das letzte Segment (etwa !/„„ der Sonnenscheibe) färbt sich reingelb 
(zitronen-chromgelb). Dann wird von den Zwickeln her der Rest reingrün, während 
die Mitte noch gelb bleibt. Mit dem endgültigen Versinken ist für etwa eine 
Sekunde eine prachtvoll leuchtende smaragdgrüne Stelle am Horizont zu sehen. 
10. September: Auch heute geht die Sonne wieder zitronengelb unter. Ihre 
Lichtstärke macht die Beobachtung durch das Glas nicht ganz einfach. Wieder
	        
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