Ann. d. Hydr. usw., LXV. Jahrg. (1937), Heit XI.
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Vom „Grünen Strahl‘.
Vier Beiträge von GO. Schröder, W. Hartmann und O0. Klachn.
L Beobachtungen zur Ermittlung der atmosphärischen Vorbedingungen
für das Auftreten des Grünen Strahles und der Farbenschwankungen.
Von Kapitän Gustav Schröder, H.-A, IL.
(Hierzu Tafeln 61 und 62.)
Sowohl der „Marine-Observer“ wie auch die holländische Zeitschrift „De Zee“
berichten gelegentlich über den „Grünen Strahl“ In Utrecht wurde vor zwei Jahren
ein Vortrag über die Erscheinung gehalten. Das Interesse an diesem Phänomen
nimmt offenbar zu. Es soll der Versuch gemacht werden, die atmosphärischen
Vorbedingungen für das Auftreten des „Grünen Strahles“ zu ermitteln und fest-
zustellen, wie es kommt, daß der Strahl mitunter blau und violett ist. In
„De Zee“ forderte W, Visser, Unterdirektor des Meteorologischen Observatoriums
in Batavia, auf, Beobachtungen an ihn einzusenden, Er erwähnt auch, daß er
das Phänomen bei Venus-Untergängen gesehen hat. Dies alles veranlaßt mich,
meine Wahrnehmungen vom August und September 1936 zu veröffentlichen,
Außerdem hatte ich in meinem letzten Aufsatz!) versprochen, Bilder von Auf-
gängen zu bringen, welche in den Bildreihen 5 und 8 (Tafel 61) zu sehen sind
und besonderes Interesse finden dürften.
Im Jahrgang 1934 von „De Zee“ (S. 592) finden sich Berichte von Sonnen-
untergängen, die auf der Insel Wangerooge im Juli und August gemacht waren,
Als Farbe gab der Einsender M, Cl, blaugrün an und als Dauer des Phänomens
etwa zwei Sekunden. Am 27, August 1936 wurde von mir und dem I. Offizier
Schansker in derselben Gegend ein prächtiger Untergang beobachtet, bei dem
die Sonne, als erst reichlich die Hälfte verschwunden. war, schon oben mit einem
rein blauen Rand umgeben war. [Bisher ist nur ein grüner Rand gemeldet
worden.] Drei Sekunden vor dem endgültigen Verschwinden war das noch sicht-
bare kleine Segment schon ganz blau geworden (ein schönes mattes Blau) und
rerschwand auch so, Uber der ganzen Nordsee lag an diesem Tage ein großes
stabiles Hochdruckgebiet. Luftdruck P in 0 m 1030 mb, Lufttemperatur T;, 19.5°,
Wassertemperatur T,, 17.5°, Wind NNW 1 (siehe Bildreihe 1). Einige Tage später,
am 8. Sept.,, wurde in der Biscaya 40 Sm nördlich von Cap Villano, abermals bei
Sonnenaufgang ein blauer Sonnenoberrand gesehen, der hinter einer weit ent-
lernten Wolkenbank, die fast einen Sonnendurchmesser über dem Horizont stand,
auftauchte. P 1024 mb, Ti 19°, Tw 18°, Wind NW 3; ein Sturmtief war gerade
südlich von Irland ostwärts vorübergezogen (siehe Bild 2), Die schönste und
eigenartigste Beobachtung wurde aber an demselben Tage an der Westküste
Spaniens beim Sonnenuntergang gemacht, Wir befanden uns wiederum in einem
Hochdruckgebiet, Es war außerordentlich klar; Wind N3, P wie oben, T, und
Tw 18.5°. Die Sonne verharrte in ihrem hellen Glanze, ohne rötlich zu werden,
bis nur kaum noch ein Viertel des Durchmessers über der Kimm war; auch dann
blieb die Farbe wie vorher, nur ein wenig matter, 8O daß man jetzt anfangen
konnte, sie mit den Gläsern zu betrachten. Beobachter waren außer mir der
IL. Offz, Bangert und der III Offz, Seidensticker. Kaum hatten wir die Gläser
angesetzt, da sahen wir auch schon wieder einen ganz schmalen, blauen Ober-
rand (Bild 3a), Etwa 12 Sekunden später ging das noch sichtbare kleine gelb-
liche Segment plötzlich in ein prächtiges, intensives Blanm über und blieb so
ein bis zwei Sekunden lang, bis es, kleiner werdend, verschwand (Bild 3b, ce und d).
Jetzt meinten wir, die „Vorstellung sei beendet“; es kam indes noch eine Zugabe:
nachdem ein bis zwei Sekunden nichts mehr von der Sonne zu sehen gewesen
war, zeigte sich plötzlich in der Kimm ein hell aufleuchtender blauer Strich, der
nach einer halben Sekunde ebenso plötzlich wieder verschwand (Bild 3e). Herr
Bangert gab die Pause mit zwei Sekunden an und die Farbe ebenso blau wie
+) 2. Köppenheft d, Ann, d, Hydr., 1936, S. 91 bis 93 [s. auch Ann, d, Hydr. 1935, IX, S, 336 bis 340].
Ann d Hrdr. usw. 1987. Heft XT