Scherhag, R.: Ein Grenzfall atmosphär, Steuerung: Die Bodenisobaren steuern ein Höhentief. 35
Nordskandinavien ostwärts (Graupelschauer und Wetterleuchten bei den Lofoten).
Von Island aus erfolgt mit großer Geschwindigkeit ein mächtiger Warmluft-
vorstoß, der am 11. Dezember bereits die Barentssee erreicht hat und die Kaltluft
von Nordwesten her vom Ursprungsgebiet abriegelt. Zugleich gelangt diese
über Mittelrußland auf eine in der Höhe warme Südostströmung auf der West-
seite des sibirischen Hochs, wird somit von beiden Seiten eingekeilt, ab-
geschnürt und dann von den Bodenisobaren weiter gesteuert.
4. Die Steuerung durch das Bodendruckfeld.
Man wäre natürlich geneigt, für die Steuerung eines Höhentiefs lediglich
stratosphärische Vorgänge gelten zu lassen. Im einzelnen lassen sich die strato-
sphärischen Einflüsse natürlich leider noch nicht nachweisen. Daß aber in der
fraglichen Zeit Temperatur- und Druckverlauf in der Stratosphäre keine Be-
sonderheiten aufwiesen, läßt sich schon auf Grund der von Rußland gefunkten
und im Wetterbericht der Seewarte veröffentlichten Radiosonden von Sloutzk (bei
Leningrad) erkennen, von denen die von der Seewarte berechneten Höhenlagen
der Hauptisobarenflächen nebst den Temperaturen bei den Hauptdruckstufen
und an der Untergrenze der Stratosphäre in Tabelle 4 zusammengestellt sind!9).
Am 11, Dezember, als das Höhenkältegebiet etwa bei Moskau gelegen haben
muß, wurden auch über Sloutzk im größten Teil der Troposphäre die niedrigsten
Temperaturen gemessen, bis zum 13. setzt rapider Anstieg in der Troposphäre
bei entsprechender Hebung und Abkühlung der Stratosphäre ein, so daß die
Druckerhöhung im Niveau der 100 mb-Fläche nur noch gering ist.
Überhaupt ist die Höhenschwankung der 100 mb-Fläche während dieses ganzen
Zeitraums schon weitgehend ausgeglichen,
Tabelle 4, Temperaturverlauf (° C) und Höhenschwankung der Hauptisobarenflächen
(dyn. Dekameter) über Sioutzk (bei Leningrad) vom 7, bis 13. Dezember 1935.
Daten und Zeit:
100 mb
200,
300
400 ,,
500
600
700
800
900
AA
mb
200 »
300
400
500 »
69)
700
800 »
9C)
41000
Untergrenze
der Stratosphäre
f Höhe m
| Temperatur
7.XIE 8, XH | 9. XL 9. XI |10. XIL | 11. XI | 13. XI
14h 2h 2b sh 2h 29h 9h
—55 —55 —47 | —53 (—57) —
—55 —56 —50 | —56 —59 —59
—50 —48 | —49 ' —53 | —58* — 54
—37 —38 —45 | —41 | —42 —46*
—29 1 —27 —36* | —31 | —31 —35
21 | —15 | —26 .—27 | —23 —30*
—13 —14 —18 | —18 | —18 —21*
--10 | —11 |—12 —16* —14 | — 14
Ai —l— — 7 —y*|— 9*
_ a — a - an _ DD} CL x —_ nn
—62*
— 63*
— 44
— 30
— «2
— 17
— 6
+
‚55€
1124
869
679
526
306
282
182
92
10
10.000
— 56
1554
4 120
864
674*
519*
389*
275*
175%
86"
4*
10 000
—— BR
1567
1 119*
860*
674?
524
398
286
188
98
16
11.000
SKI
1 558
1 319*
867
680
528
400
290
192
103
22
10 600
— RC
1 505
1123
874
690
538
409
297
198
110
29
10.000
— RO
1115
863
679
530
404
294
196
108
27
10 700
AO
1567
1150
893
Z11
552
418
301
198
106
24
13 000
BR
ı
13) Es sei in diesem Zusammenhang einmal darauf hingewiesen, daß die Radiosondenaufstieze
von Sloutzk besonders im letzten Wınter recht zuverlässige Werte ergaben, wie der tägliche Vergleich
untereinander und mit den anderen europäischen Aufstiegen immer wieder bewies, Dagegen scheinen
in diesem Sommer, wie in den Vorjabren, Fälschungen durch den Strahlungseinfluß wieder recht
häutig zu sein. Der Ansicht von Moltehanoff (Meteorol, Zeitschr, 1935, S. 263) kann ich mich
nicht anschließen, daß die Temperaturschwankungen oberhalb 8000 m durch Eindringen kosmischen
Staubes verursacht sein sollen, denn jene Sonden mit den abnormen Temperaturänderungen erwiesen
sich in den meisten Fällen schon in den unteren Schichten als falsch, was der Vergleich mit den
übrigen europäischen Stationen oft zweifelsfrei ergab.