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Full text: 65, 1937

Scherhag, R.: Ein Grenzfall atmosphär. Steuerung: Die Bodenisobaren steuern ein Höhentief. 29 
Die Luftdruckverteilung in 5000 m Höhe am 12, Dezember 8 Uhr. Die Druck- 
verteilung in 5000 m Höhe am 12. Dezember 1935 ist in Fig. 4 wiedergegeben*), Anstatt der Druckver- 
teilung im Niveau 5000 m ist die Höhenlage der 500 mb-Fläche dargestellt, was im Prinzip kein 
wesentlicher Unterschied, aber eine für unsere Zwecke vorteilhaftere Darstellungsart ist, da für den 
gewählten Abstand der Höhenlinien von vier dynamischen Dekametern gleicher Entfernung dieser 
„Isopotentialen“ wie der für je 5 mb Druckunterschied gezeichneten Isobaren in der Bodenwetterkarte 
der gleiche Gradientwind entspricht, Aus einem Vergleich der Bodenwetterkarte mit der Höhen- 
karte kann man also nicht nur die Drehung des Windes. sondern auch die Änderung der Stärke 
mit einem Blick übersehen ?). 
Die Luftdruckverteilung in der Höhe ist an diesem Tage von der Druck- 
verteilung am Boden grundverschieden. Sie weicht in solchem Maße ab, wie 
man es vor einigen Jahren wohl überhaupt nicht für möglich ge- 
halten hätte; dieses Beispiel ist allerdings so kraß und bisher einzig dastehend, 
daß es wohl für jeden Meteorologen eine Überraschung darstellte, 
Jber den Karpaten, wo sich in der Bodenwetterkarte wirklich nichts 
Besonderes zeigt (vgl. Fig. 2), liegt ein abgeschlossenes Höhentief, dessen 
Existenz durch zahlreiche Höhenaufstiege belegt und dessen abgeschlossenes 
Zirkulationssystem durch die Messung des Zirrenzuges über Budapest bewiesen 
wird, Ohne diese Wolkenmessung wäre es unmöglich gewesen, die genaue Lage 
des Tiefdruckzentrums zu bestimmen, denn es hätte dann auch südlich von 
Budapest liegen können, Es geht aus diesem Beispiel einmal wieder mit ganz 
besonderer Deutlichkeit hervor, wie wertvoll eine einzige Wolkenmessung für 
die synoptische Aerologie sein kann, denn an hochreichenden Piloten konnte in 
der gesamten Umgebung dieses Tiefs nicht ein einziger gewonnen werden. Es 
ist sehr bedauerlich, daß trotz der erneuten Hinweise von van Everdingen!®) 
auf der letzten Tagung der „Kommission für die Erforschung der freien 
Atmosphäre“ im Herbst 1934 in Friedrichshafen die regelmäßige Verbreitung 
von Wolkenmessungen in den täglichen Wetterfunksprüchen (neph-Gruppen) auf 
die Länder Holland, England, Frankreich, Norwegen, Schweiz, Azoren und Ungarn 
and in Deutschland auf Hamburg und List beschränkt geblieben ist 4), 
Dem herrschenden Gradienten nach müssen an jenem Tage in der mittleren 
Troposphäre streckenweise Windgeschwindigkeiten von mindestens 200 Stunden- 
kilometern aufgetreten sein, ein direkter Nachweis ist dafür leider nicht zu er- 
bringen, Welche Bedeutung ein solches Höhentief für den Flugverkehr hat, 
der sich heutzutage in zunehmendem Maße auch der mittleren Schichten der 
Troposphäre bemächtigt, dürfte auf der Hand liegen. 
Da am Boden von diesem Höhentief nicht eine Spur zu erkennen war, muß 
in seinem Bereich die untere Troposphäre besonders kalt gewesen sein, 
Die Temperaturverteilung in der unteren Troposphäre am 12. Dezember 1934, 
In Fig. 3 ist die mittlere Temperaturverteilung in der Schicht vom Boden bis 
etwa 5000 m Höhe, dargestellt durch die relative Topographie der 500- über 
der 1000 mb-Fläche (ausgezogene Linien), wiedergegeben?)?), und wir erkennen 
hier ein geschlossenes Kältegebiet über den Karpaten. Einer Erhöhung 
der Mitteltemperatur von 1° in der Schicht von 1000 bis 500 mb entspricht eine 
Zunahme der relativen Topographie 500 über 1000 mb von zwei Dekametern, 
so daß wir aus der Figur ablesen können, daB die untere Troposphäre im 
Zentrum des Kältegebiets etwa 12° kälter als rings herum und sogar eine 18° 
niedrigere Temperatur als über der Nordsee und England aufwies, Zwischen 
Breslau und Hamburg sowie Frankfurt beträgt die Differenz 24 Dekameter = 12°; 
der Wert über Budapest von 502 Dekametern ist nicht ganz sicher, da der dortige 
Aufstieg nur bis zu einem Druck von 629 mb reichte und die Temperatur- 
verteilung bis 500 mb extrapoliert werden mußte, 
*) Sämtliche Höhenwetterkarten sind dem „Täglichen Wetterbericht des Deutschen Reichswetter- 
dienstes“, herausgegeben v. d, Deutschen Seewarte, entnommen. — *) Eine kurze Erläuterung über 
die Entstehung der Höhenwetterkarten findet sich im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift, S, 217, 
eine eingehendere Darstellung in der Meteorologischen Zeitschrift 1936, S. 1. — 2) Veröff. d. Sekre- 
tariats d, intern, meteorolog. Organisation, Nr. 21, Kommission f. d. Erforsch, d, freien Atmosphäre, 
Protokolle d. Sitz. in Friedrichshafen 30. Aug. bis 4. Sept. 1934, Anlage XII, XIH, XV. -— 2) Vgl. 
auch R. Scherhag, Die Bedeutung v. Messungen cd, Richtung u. Geschwindigkeit d. höheren Wolken 
f, d, Entwerfen *. Höhenwetterkarten im Wetterdienst, Zeitschr, f, angew, Meteorol. 51, 8. 111, 1934.
	        
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