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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juli 1937,
[. Theorie. Bei der Überlegung geht man zweckmäßig von dieser Änderung
des horizontalen Druckgradienten aus. Herrscht z. B, in irgendeinem Gebiet
Luftdruckfall, so wird durch die damit verbundene Erniedrigung des Luftdruckes
ein zusätzlicher Gradient zum Fallgebiet hervorgerufen, der eine Beschleunigung
der Luftmassen in dieser Richtung zur Folge haben wird. Setzt man der Ein-
Fachheit halber an, daß das Fallgebiet seine Lage nicht verändert — der Luft-
äruck an jedem Punkte ist dann eine lineare Funktion der Zeit — dann läßt
sich zeigen, daß nicht eine Beschleunigungs-, sondern eine Bewegungskomponente
nach dem Fallgebiet auftritt, die sich als Abweichung des Windes vom jeweiligen
geostrophischen Wind äußert. Diese Komponente hat unter den gemachten Vor-
aussetzungen die Größe!) v— vz = A = I EP öder, wenn man eine mitt-
Jere Dichte einführt A =1—*-.0*- 7 Die Richtung dieser Differenz zwischen
Wind und geostrophischem Wind ist in Abb. 1a skizziert,
IL Theorie. Zu einem ganz anderen Ergebnis führen Überlegungen, die von
G. Stüvre und R. Mügge?) angegeben sind. Sie gehen von der Erfahrung aus,
daß der beobachtete Wind innerhalb der Meßgenauigkeit mit dem geostrophischen
‘ . übereinstimmt, Auch bei einer zeit-
a) Theorie I b) Theorie I lichen Änderung des Druckgradienten
wird der Wind bestrebt sein, sich auf
Druck fall das Gleichgewicht mit dem neuen Druck-
— gefälle einzustellen. Dies geschieht aus
Trägheitsgründen nicht augenblicklich,
sondern mit einer Verzögerung, so daß
also bei Gradientänderung der Wind
atwas nachhinkt, Dieses Nachhinken
antspricht ganz der zeitlichen Änderung
des geostrophischen Windes und ist auch
' um so größer, je rascher diese vor sich
Druckanstieg . geht. Durch das Nachhinken ist aber
Abb. 1. Richtung der Abweichung des Windes b Aje Abweichung des Windes vom geo-
vom geostrophise on b, nach verschiedenen „ron hijschen Wind gegeben und es folgt,
SOTIEN- daß die Differenz v — bg nicht ins Fall-
gebiet hinein gerichtet ist, sondern, da sie die Differenz zweier Gleichgewichts-
zustände im Wind ist, gerade die Richtung senkrecht zum Druckänderungsgefälle
oder parallel den Isobaren hat, und zwar in dem Sinne, daß ein Gebiet fallenden
Druckes rechts, steigenden Druckes links liegt, wenn man in der Richtung von
d—%z blickt. Nach dieser Überlegung müßte also die Vektordifferenz b- —bz;
zum Steig- und Fallgebiet die Lage der Abb. 1b haben.
Eine Entscheidung zwischen beiden Ansichten muß durch Prüfung von
Beobachtungen unschwer möglich sein, Dies ist bisher nur an einigen aus-
gesuchten Beispielen versucht worden, die nicht allgemein zu Überzeugen
brauchen®). Ein Nachweis auf statistischer Grundlage wird im folgenden versucht.
Es ist also das Ziel, die Differenz zwischen dem in der freien Atmosphäre
beobachteten Wind v und dem geostrophischen Wind vg im Einzelfalle zu be-
stimmen und vd—v; in Beziehung zu setzen zum Druckänderungsgradienten
7 0öp/öt in der gleichen Höhenlage. Dies geschieht am einfachsten dadurch, daß
man Dd— bg ausdrückt durch seine Komponenten in einem rechtwinkligen Koor-
dinatensystem, dessen eine Achse jeweils die Richtung Vöp/öt hat.
v— 0% kann man in jeder Höhenlage ermitteln, sofern nur Höhenwind-
messungen vorliegen und die absolute Topographie einer Hauptdruckfläche in
der gleichen Höhenlage bestimmt werden kann. Die einzige Bedingung für die
Wahl der Höhe ist, wie oben dargelegt, daß man oberhalb der Schicht mit
4) Beitr, z. Bearb. aerol. Beob. usw. K. Gen, Luft. Nr. 11700 W, Sept, 1917, 8, 46£,; D. Brunt
a. E. M. Douglas, Mem. Bo Soc. 3, Nr. 22, 1928; P. Raethjen, Erf,-Ber, d. Dtsch. Flug-
wellendienstes, Sdbd, 4, 1935, 106. und Met, Zschr. 53, 1936, 247, — 2%) G. Stüve u. R. Mügge,
Beitr. Phys, fr, Atm, 22, 1935, 206, und R, Mügge, Met, Zschr. 52, 1935, 175, — % F. Möller.
Met, Zschr, 53, 1936, 284.