Köppen, W.: Die Schwankungen der Jahrestemp. im westl. Mitteleuropa von 1761 bis 1936. 305
1855, 1877 und 1888, während in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der
einfache 11jährige Zyklus sehr ausgeprägt war. Von diesen hier zu kalten
Terminjahren waren nun einige (nämlich die um 1855 in Ostasien und besonders
die um 1877 in Rußland, Neuengland und dem Innern von Nordamerika) mit
ausgeprägten Temperaturmaxima verbunden; das ebenfalls zu erwartende Maximum
um 1888 dagegen ist nur in Kalifornien eben erkennbar. So fehlt denn auch
dieser letztere Berg in der Zackenlinie „ganze Erde“ auf der Tafel II des Bandes
1914 der Met. Zschr, während die übrigen Berge zwischen 1815 und 1910 recht
gut erkennbar sind. Aber die Analogie mit den übrigen Wellen macht es sehr
wahrscheinlich, daß auch die um 1888 sich zeigen würde, wenn man Beobach-
tungen von dem Rest der Erdoberfläche — d.i. 2%, derselben — besäße.
Um die Beziehung dieses 11jährigen Zyklus zu den Sonnenflecken zu unter-
suchen, sind die Jahre ihrer Minima mit __ und die ihrer Maxima mit ‚.. unter-
strichen. In den Jahren 1780
bis 1797 war sowohl der Gang
der Fleckenmenge als der der
Temperatur anomal, aber in
ganz verschiedener Weise, 1798
das Fleckenminimum wieder
ziemlich normal, aber von Kälte
gefolgt. In den darauffolgenden
4 Reihen zeigen beide Erschei-
nungen normalen und fast iden-
tischen Gang, der geringen
Verfrühung des Fleckenmini-
mums 1843 entspricht aber in
Mitteleuropa keine Verfrühung,
sondern eine Verspätung des
Temperaturmaximums auf 1846,
Die abnorme Kürze der Flecken-
periode von 1830 bis 1837 und
die abnorme Länge der vorher-
gehenden von 1816 bis 1829
schienen sich sehr schön in den
entsprechenden Schwankungen
der Temperatur zu spiegeln (das
Extrem beider von 1829/30 hätte
ja drei bis vier Jahre früher
eintreten müssen), allein diese
Übereinstimmung der Anomalien
steht isoliert und kann also nicht
als starker Beweis für den nahen Zusammenhang beider Erscheinungen gelten, wie
ich 1873 glaubte. Die 11jährige Periode zeigt sich ja in verschiedenen Erschei-
nungen der kosmischen Physik, und es ist möglich, daß die Sonnenflecken keines-
wegs ihre reinste Äußerung sind,
Die Tab, 2 zeigt uns, daß in den je 4 Jahresreihen innerhalb 1803 bis 1846
und 1891 bis 1935 das wärmste Jahr stets in eines der 4 Terminjahre fiel, hin-
gegen 1847 bis 1890 sowie vor 1803 nur je einmal, Berechnen wir die Mittel-
werte aus den in Tab, 2 aufgeführten Temperaturabweichungen für diese vier
Zeiträume, so bekommen wir die Zahlenreihen der Tab. 3, kondensiert dargestellt
in Fig. 5. Man erkennt, daß die Reihe 1847 bis 1890 beinahe die Umkehrung
der Reihen 1803 bis 1846 und 1891 bis 1935 darstellt, die unter sich ziemlich
übereinstimmen. Um zu prüfen, ob dies eine kosmische oder eine irdisch-zonale
Erscheinung sein kann, berechne ich die analogen Werte für die „Tropen“ aus
Met, Zschr. 1914, S. 313, die freilich nur für die Zeiträume 1814 bis 1846 und
1847 bis 1890 zur Verfügung stehen (Tab. 4 und Fig. 6) und fasse diese in Tab. 5
und Fig. 6 zu zwei Zahlenreihen zusammen. Man sieht, daß die Jahre 1847 bis
1890 in der Tropenzone zwar eine Abschwächung, aber durchaus keine Umkehrung
Ann. d. Hydr. usw. 1937, Heft VIL