258 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Juni 1937.
Wetters der einzelnen Tage eines längeren Zeitraumes handeln, sondern nur
um die Vorhersage des Wettergepräges, der Witterung.
Als die Meteorologie sich mit Langfrist-Vorhersagen zu befassen begann,
bildete die Grundlage dieser Vorhersagen wohl ohne Ausnahme die Statistik,
die auch heute noch ein Grundpfeiler jeder Langfrist-Vorhersage ist. Die ein-
fachste, heute kaum noch angewandte Methode ist: auszuzählen, wie oft ein
Ereignis einem anderen folgt. So hat z. B. Hellmann (1)!) an Hand des
(50 jährigen Beobachtungsmaterials von Berlin gefunden, daB in der Mehrzahl
der Fälle auf einen strengen Winter ein kühler Sommer, auf einen milden
Winter ein zu warmer Sommer folgt. Nach heißen Sommern ist mit einer
Wahrscheinlichkeit von 0.71 einer der beiden Herbstmonate warm, viel seltener
beide zugleich; im folgenden Winter tritt aber meist die Kompensation ein, da
i oder 2 Monate desselben mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.71 zu kalt werden,
In neuerer Zeit (etwa seit 1910) werden die statistischen Untersuchungen
meist mit Hilfe der Korrelationsrechnung durchgeführt. Man begnügte sich
nun auch nicht mehr damit, ein Element mit einem anderen in Beziehung zu
setzen, sondern man verwendete die Mehrfach-Korrelation und setzte das
vorherzusagende Element in Beziehung zu mehreren anderen. So hat z. B.
Baur, der jetzige Leiter der Forschungsstelle für langfristige Witterungsvorher-
sage, zur Vorhersage der Vierteljahrstemperatur in Deutschland folgende Elemente
herangezogen (2):
1. Die Temperatur Deutschlands,
2. die Temperatur des nördlichen Norwegen,
3. die Temperatur Westgrönlands,
4. das Luftdruckgefälle Ponta Delgada (Azoren)—lIsland,
5, den Luftdruck über Argentinien,
5. die Temperatur der Osthälfte der Vereinigten Staaten von Nordamerika,
7, den Luftdruck von Bombay.
Diese Elemente, von denen jedes für sich mit der folgenden Vierteljahrs-
temperatur in Deutschland korreliert keine sehr großen Korrelationskoeffizienten,
deren Größe sich außerdem von Quartal zu Quartal ändert, ergibt?), werden
dann zu einer Beziehungsgleichung zusammengefaßt, deren Unbekannte die
gesuchte Vierteljahrstemperatur in Deutschland ist. Die bekannten Größen
dieser Gleichung sind die oben angeführten Elemente, wobei aber nur diejenigen
Berücksichtigung finden, die für das gewählte Vierteljahr die größten Korre-
lationen ergeben.
Die weitere Ausarbeitung der Grundlagen der Langfrist-Vorhersagen führte
zur Berücksichtigung der Wetterkarte. Zunächst allerdings nicht als Wetter-
karte eines synoptischen Termines, sondern als Karte der Monatsmittelwerte.
So untersuchte z.B. Baur (s) die Zusammenhänge des Witterungscharakters des
März in Deutschland mit der gleichzeitigen und der vorausgegangenen Luftdruck-
verteilung.
Als im Jahre 1929 die staatliche Forschungsstelle für langfristige
Witterungsvorhersage, deren Leitung Prof. Baur übernahm, gegründet wurde,
beschäftigte man sich in diesem Institut zunächst mit dem Problem der Vorher-
sagen für einen Monat (4). Dieser Zeitraum erschien besonders günstig, da
Monatsmittelwerte von vielen Stationen berechnet vorliegen, und so wichtige
Vorarbeit eingespart werden konnte, ein nicht unwesentliches Moment, da der
Mitarbeiterstab anfangs sehr gering war.
Es stellte sich aber bald heraus, daß bei Benutzung von Monatsmittelwerten
nur in wenigen Fällen für die Allgemeinheit brauchbare Vorhersagen heraus-
gegeben werden können; denn eine gute _Charakterisierung der Witterung eines
Monats durch den Monatsmittelwert ist in den meisten Fällen nicht erreichbar. Es ist
ıy Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf den Literaturhinweis am Schluß dieser Arbeit.
t) Die größten Korrelationskoeffizienten sind: — 0.505 zwischen Herbsttemperatur und der Sep-
tjember/Oktober-Temperatur des Vorjahres über Deutschland ; -}+ 0.476 zwischen Frühjabrstemperatur
and Luftdruckgefälle Ponta Delgada— Island Dezember bis Februar; — 0.467 zwischen Wintertempe-
ratur und Luftdruck über Argentinien Apri] bis Juni.