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Full text: 65, 1937

Müller, H.: Untersuchungen zur Fehlvorhersage vom 19, Oktober 1936, 253 
Relativ schwach ist der Wind oberhalb 700 mb über Holland und Nordwest- 
deutschland. Erst über England frischen die Höhenwinde wieder auf. Sie drehen 
über West auf Nordwest, während sie über Holland und der Nordsee aus WSW 
wehen (Karte 2). 
Auf der Bodenkarte (Karte 3) befindet sich am 19, Okt. eine schwache 
Störung über Ostengland und der Nordsee (Kern auf etwa 56° 1’E). Sie war 
am Vortag schwach über Island zu erkennen und war seit 2h in etwa süd- 
östlicher Richtung gezogen. Auf Grund der Höhenwinde wurde nun angenommen, 
daß die Störung jetzt mehr Ostkurs aufnehmen würde, und daß auf Grund dieser 
Zugrichtung erneut Sturm aus SW zu erwarten wäre. 
Die Entwicklung war jedoch ganz anders, Ein Fallgebiet war zwar vor- 
handen, doch wurde in der westlichen Ostsee und Nordsee kein Sturm mehr 
verzeichnet; es wehten nur steife Winde am OÖstausgang des Kanals, Das Tief 
zog weiter in etwa südöstlicher Richtung. Es liegt am 19, Okt, um 19% auf 
54“ 7'E (Karte 4) und am 20, Okt. um 8% auf 52° 12'E, in der Gegend von 
Magdeburg (Karte 5), Das Zentrum ist immer nur etwas unter 1000 mb gewesen 
(der niedrigste Wert betrug in Borkum um 19h 996,8 mb). 
Es gilt nachzuprüfen, warum bei dieser Höhenströmung (WSW über der 
Nordsee) das Tief weiter nach Südosten zieht, wo doch allgemein die Regel 
gilt, daß die Fall- und Steiggebiete des Drucks (und meist auch die Tiefs selbst) 
mit der Höhenströmung ziehen (siehe auch Baur in Met. Zeitschr. 1936, Heft VII). 
Nun herrscht aber am 20. Okt, früh über dem westlichen Europa statt der 
früheren westlichen Strömung eine starke Nordwestströmung, die das Fallgebiet 
steuerte. Wie kam es nun zu dieser durchgreifenden Änderung der Höhen- 
strömung und war diese vorherzusehen? 
Zunächst soll festgehalten werden, daß aus rein geometrischen Überlegungen 
keine besondere Vertiefung zu erwarten war unter Zugrundelegung einer süd- 
5stlichen Zugrichtung. — Die Entwicklung in der Höhe war nun folgende: die 
Nachmittagsaufstiege (etwa 16h) (Karte 7), die ebenfalls zu synoptischen Karten 
zusammengestellt wurden, zeigen in sämtlichen Karten der Hauptisobarenflächen 
gine deutliche Änderung. Statt der WSW-Strömung über England ist eine 
nordwestliche Strömung vorhanden. Über Schleswig-Holstein und der westlichen 
Ostsee ist jetzt die westsüdwestliche Strömung vorhanden. In der mittleren und 
östlichen Ostsee wehen westliche Höhenwinde. Entsprechend ist auch der Verlauf 
der Isopotentialen über dem übrigen Deutschland, Man kann sagen, daß sich 
dies Höhenwindsystem gewissermaßen nach Osten verlagert hat und daß ein 
weiterer Verlauf in dieser Richtung erwartet werden konnte. 
Am 20. Okt. vorm, (Karte 9) ist auf den Karten der 500- und 600 mb-Flächen 
gin deutlicher Ausläufer eines weiter im Norden liegenden Tiefs über Deutsch- 
land zu erkennen, während in den Topographien der anderen Flächen, wie auch 
auf der Bodenkarte (Karte 5) ein schwaches Tief über Mitteldeutschland vor- 
handen ist (siehe 24-Std.-Druckänderung in 500 mb, Karte 18). Es besteht also 
über England und Frankreich eine deutliche nordwestliche Strömung, die be- 
sonders in der Höhe der 500 mb-Fläche stark ist, In Ostdeutschland herrscht 
oberhalb 800 mb eine einheitliche Westströmung, in Süddeutschland bis 3 km 
starker West und darüber WNW, während der Wind weiter nach Osten auf W 
und noch weiter auf SW dreht. Die Winde drehen später auch von SW auf W. 
Die schwache Störung zieht ostwärts ab. Auch in den nächsten Tagen ziehen 
dann die Störungen mit der westlichen bis nordwestlichen Steuerung nach Osten 
durch, bis ein entgegengesetzter Vorgang die Steuerung auf SW zurückdreht, 
am 24, Okt, 1936. 
Die relative Topographie zeigt folgende Änderung: am 19, Okt, nachmittags 
(Karte 6} ist das Kaltlufigebiet auf allen Karten nach Osten verschoben. Über 
Holland und Nordwestdeutschland wölben sich die Schichtlinien nach Norden 
auf, d.h. es ist dort relativ warm. Am 20, Okt, vorm. ist die Kaltluftzunge ganz 
auf die Ostsee abgedrängt worden, statt dessen ist vielmehr über Mittel- und 
Südostdeutschland bis nach Ungarn ein Gebiet mit warmen Luftmassen vorhanden, 
Über Süddeutschland befindet sich eine Zone recht kalter Luft (Karte 8). In
	        
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