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Full text: 65, 1937

Helbig, K.: Körperliches und seelisches Befinden auf Tropenmärschen in Sumatra. 165 
auf, feuchte, drückende Wärme treibt sofort den Schweiß aus allen Poren. — 
Die Strahlungsunterschiede bei unverdeckter Sonne und plötzlicher Bewölkung 
mit lebhaft aufspringendem Wind sind ganz besonders spürbar: es ist als trete 
man aus einem geheizten Zimmer in ein kaltes, Bei Regen wird es in solchen 
Höhen sofort sehr ungemütlich und wir frösteln beide. 
Besonders erfreulich sind die Märsche in der offenen Steppe deshalb, weil 
man ungehindert den Luftraum beobachten kann: Wolken, Wetterleuchten und 
Gewitter, Nebel, Farbenspiel am Himmel und seinen Widerschein. Gerade solche 
Beobachtungen lenken ab, lassen manche Mühseligkeiten, besonders auch solche 
des Klimas, vergessen, wirken erhebend und gemütvertiefend. Auf den Ein- 
geborenen bleiben diese Erscheinungen jedoch ohne soiche Wirkungen; sie 
ängstigen den primitiven Menschen höchstens und sind voll magischer Beziehungen 
(Geister im Abendrot, im Wetterleuchten usw.), Doch bevorzugt auch er die 
Steppe wegen ihrer weiten Sicht und frischen Luft. Die frühen Morgen in der 
Höhensteppe sind mit ihrer klaren, herbwürzigen Luft, die an heimische Früh- 
sommermorgen erinnert, die schönsten Erlebnisse der ganzen Zeit, die den Wander- 
mut und gute Laune für den ganzen folgenden Tag fördern. Immer ist während 
des Marsches im Urwald die Sehnsucht nach der freien, Iluftigen Steppe groß, 
und von uns beiden wird sie stets gleichermaßen freudig begrüßt, wenn auch 
die Lufttemperaturen im Wald um einige Grade niedriger liegen als draußen in 
der sonnigen Steppe. 
Im Toba-Becken (etwa 900 m) fühlt sich der Europäer nicht minder wohl 
als auf den Hochflächen, trotzdem der lange im Toba-Becken ansässige Weiße 
gern „zur Erholung“ auf die letzteren hinaufgeht. Am Tobasee sind für die 
Tieflands-Europäer einige Erholungsstationen vorhanden. Das Morgenbad im 
See oder unter der Quelle ist besonders erfrischend; an bewölkten Tagen nimmt 
man vom Freibad aber nicht ungern Abstand. Bei Sonne wird es, zumal in den 
hochumrahmten Uferbuchten gegen Mittag jedoch außerordentlich heiß. ‚,.... Die 
Hitze erreicht ihren Höhepunkt. Als sichtbarer, schleterhafter Dunst liegt sie über 
dem See und brandet flimmernd an den Uferwänden aufwärts. Endlos scheint 
mir der Weg. Alles um mich glüht und ich selbst am meisten. Nicht einmal die 
Hunde haben mich angebellt im letzten Dorf. Sie winselten nur schwach und 
preßten ihre mageren Bäuche an den naßkühlen Boden unter den Häusern. Müde 
dösen ein paar alte Weiber vor ihren Webstühlen unter den vorspringenden Dächern. 
Sie bringen nicht die Energie auf, aufzustehen und davonzulaufen. Unbeweglich 
Kegen die Einbäume der Fischer draußen auf dem See; ihre Insassen scheinen 
eingenickt zu sein. Selbst das Vieh steht stumpfsinniqg und antriebslos an den 
Berghängen und mag sich nicht rühren. (Mir scheint, Gott habe im Zorn diese 
frostlose Öde geschaffen, und der See, der sonst ob seiner Schönheit so gepriesen 
wird, sei jener Hezenkessel, in dem die schwarzen Seelen beim jüngsten Gericht 
gesotten werden.) ...., SO schrieb ich über einen Marsch um die Bucht von Bang- 
kara im August 1931. Weht dagegen vom Beckenrand herunter Wind, obne 
Regen zu bringen, so schlägt die Stimmung sofort ins Positive um, die Auf- 
nahmefähigkeit wächst, und gern marschiert man weiter. Die Lufttemperaturen 
im Schatten kommen dann kaum noch über 23° oder 24°, Viele regenfreie Tage, 
prächtige Sonnenuntergänge mit bunten Spiegelungen im See und sternhelle 
Nächte üben nachhaltige Wirkungen auf das gesamte physische und psychische 
Wohlbefinden aus. 
Die Märsche im Gebirge haben einmal unter der Schwierigkeit des Ge- 
ländes und der Wege, sodann unter außerordentlich vielen Niederschlägen ge- 
litten, Oft sind wir tagelang in Nebel, leichtem Tröpfeln oder anhaltendem 
Regen. Die Kleider sind ständig naß, auch nachts werden sie über dem spärlich 
glimmenden Feuer nicht trocken, und widerwillig steigen wir morgens in sie 
hinein. Trotzdem gelingt es fast immer gute Laune zu wahren, zu scherzen 
und selbst zu singen, wenn die Beschwernisse des Weges nicht alle Kräfte er- 
fordern. Der stete Wechsel in der Höhenlage dürfte neben dem Wechsel 
an Landschaftsbildern wohl dazu beitragen, Stimmung und Wander- 
Just anzuregen. Verfrühter Einbruch der Dunkelheit, großer Hunger, undichte
	        
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