140 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1937,
Wirklichkeit geworden ist, Mit gutem Gewissen
konnte Schmauß die besondere Kapitelüberschrift
„Notwendigkeit eines wetterkundlichen Unterrichts‘““
streichen, da auch diese seine immer wieder ver.
tretene Forderung im neuen Deutschland zum
größten Teil in die Tat umgesetzt worden ist.
Ein neues, besonders umfangreiches Kapitel
wird dem Problem der Langfristvorhersage ge-
widmet, wobei vor allem die großen Erfolge der
ron Prof. Baur geleiteten „Deutschen Staatlichen
Forschungsstelle für die Langfristvorhersage‘“
eingehend gewürdigt werden. in weiterer hinzu-
gekommener Abschnitt befaßt sich mit dem Flug:
wetterdienst sowohl für Land- als auch für See-
flugzeuge, und der frühere Teil „Anwendung der
statistischen Physik“ ist in zwei Kapitel aufge:
spaltet worden: „Aussichten der Wettervorher-
sage“ und, Kleine Ursachen — große Wirkungen
in der Witterungsgestaltung“, worin Schmauß
seine Ansichten von der Begrenzung der Treff.
sicherheit der Wettervorhersage auseinandersetzt.
Ich glaube, daß diese Zeilen mißverstanden
würden, wenn man aus ihnen einen schädlichen
Pessimismus herauslesen würde, Wir Meteorologen
sind vielmehr Herrn Prof, Schmauß zu größtem
Dank verpflichtet, daß er in so klarer Weise die
Möglichkeiten der Wettervorhersage abgrenzt, „um
die Kritik an der Wettervorhersage in gerechte
Bahnen zu lenken, aber auch, um etwaige
Minderwertigkeitsgefühle, in die sich gerade
ein gewissenhafter Prognostiker gelegentlich
gedrängt fühlt, beseitigen zu helfen“.
Eigentlich selbstverständlich und überflüssig
zu erwähnen, daß Schmauß in allen Kapiteln
den neuesten Stand unserer Wissenschaft und
sogar noch Arbeiten berücksichtigt, die erst Ende
1936 erschienen sind, wodurch der Gesamtumfang
um mehr als 20 Seiten zugenommen hat. Der
Besitz der 1. Auflage dieses Werkes kann deshalb
die Anschaffung dieser Umarbeitung in keinem
Falle entbehrlich machen.
Vor allem im Interesse einer gerechten Wür-
digung unserer heute von weiten Volkskreisen mehr
denn je benötigten und beachteten Wettervorher-
sagen muß man hoffen, daß dieses Buch, das zu-
gleich streng wissenschaftlich wie auch allgemein
verständlich geschrieben ist, eine weite Verbrei:
tung erlangen möge, vor allem in nau:
tischen Kreisen, und in keiner Schiffs:
bücherei bald mehr fehlen wird,
Für jeden im praktischen Wetterdienst stehen-
den Meteorologen sind die Ausführungen von
Schmauß über die Pflege der Sprache des Wetter:
dienstes und die textliche Abfassung der Vorher-
zagen (S. 58/59) unentbehrlich, wie uns die Ermab-
aung Verpflichtung sein soll (8.69); „Wie ein
Arzt, der einen Patienten dem Krankenhause
überweist, verpflichtet ist, demselben einen
sog. »Arzibrief« mitzugeben, in dem die von
ihm vertretene Anschauung und Behandlung
mitgeteilt werden, muß der abgehende Wetter-
dienstleiter seinem Kollegen die schwachen
Punkte einer Wetterlage usw. mitteilen, wie
er auch die Pflicht hat, in seiner Freizeit der
weiteren Wetterentwicklung alle Aufmerksam-
keit zu schenken — ohne Wetterkarte, aber
mit Aufmerksamkeit aller Sinne und einer,
wenn auch im Unterbewußtsein, weiterarbei
tenden Bereitschaft. Es ist nicht angenehm,
aber ein Zeichen wirklicher Verbundenheit
mit dem Berufe, wenn man beim Kintreten
gines unerwarteten Regens erwacht.“
R. Scherhag.
H. C. Willett: Discussion and Illustration of
Problems Supgested by the Analysis of Atmo-
spheric Cross-Sections. Papers in Physical Oce-
anography and Meteorology, Publ. by Massachu-
setts Inst. of Technology and Woods Hole
Ocean ographie Institution (in Continuation of
Massachusetts Inst. of Technology Meteorological
Papers), Vol. IV, Nr. 2. Cambridge, Mass,
July 1935.
Seiner ausgezeichneten Untersuchung über die
Sigenschaften und Umwandlungen der Luftmassen
iber Amerika (American Air Mass Properties. Be-
sprechung in dieser Zeitschr. 1934, 8. 309) läßt
H. C. Willett jetzt eine ebenso wertvolle Arbeit
über die Vorgänge an den amerikanischen
Luftmassengrenzen folgen, wobei der außer-
ırdentliche Ausbau des amerikanischen Wetterflug-
ztellen-Netzes es ihm erstmalig möglich macht, die
irontalen Probleme an Hand von aerologischen
Vertikalschnitten zu behandeln. Vier Wetter-
abschnitte werden eingehend untersucht: Die Tage
vom 6. bis 8. Dezember 1931, 12. bis 16. Januar
1932. die ungewöhnlich scharfe Front vom 8.
bis 10. Februar 1933 (vgl. Wetterskizze Nr. 17 auf
8, 90 vorigen Heftes) und die Periode vom 14,
bis 17, Oktober 1933, wobei in den sehr übersicht-
lich gezeichneten Schnitten durch die freie Atmo-
sphäre sämtliche vorliegenden Messungen von Wind,
Wolken, Temperatur und spezifischer Feuchtigkeit
wiedergegeben, Linien gleicher Temperatur (in °C!)
und — was die Übersicht wesentlich erhöht — in
sinem zweiten Schnitt die Kurven gleicher poten-
tieller Temperatur und gleicher spezifischer Feuchte
eingezeichnet sind; außerdem ist für jeden Tag
die synoptische Wetterkarte mit veröffentlicht, in
der ebenso wie in den Vertikalschnitten sämt-
liche Luftmassenbezeichnungen und -grenzen aD-
gegeben sind,
Es werden nach wie vor nur zwei Haupt-
luftmassen unterschieden: T (Tropikluft) und P
“Polarluft), die der arktischen Luft (A) in der Ein-
jeilung von Bergeron und Schinze entspricht.
Dazu gesellt sich zuweilen die Übergangsluft
N, neutral), als welche vor allem die rückkehrende
Polarluft bezeichnet wird und die daher auch nicht
zöllig identisch ist mit unserer gemäßigten Luft,
Man muß sehr bedauern, daß zu einer Zeit, wo
über jedes unbedeutendste Symbol in den Wetter-
karten eine internationale Einigung erreicht ist und
in zunehmendem Maße sogar das KEintragungs-
schema von allen Ländern einheitlich angewandt
wird, selbst in der großzügigen Einteilung der
Luftmassen die verschiedensten Bezeichnungsweisen
iblich sind. Ein Hauptgrund für diese Entwick-
jung scheint doch darin zu liegen, daß jeder Luft-
körper- bzw. Luftmassenklassifikation noch in zu
weitgehendem Maße die speziellen Abwandlungen
im meteorologischen Raum ihres Schöpfers zu-
zrunde liegen und dadurch — um einen biologi-
schen Vergleich heranzuholen — eine Unterart an
Stelle der Gattung tritt. Für die synoptische
Meteorologie wird aber auf die Dauer nur eine
solche Einteilung der Luftmassen fruchtbringend
sein, die universal anwendbar und nicht nur auf
die Grenzen einzelner Weltteile beschränkt ist. Man
muß sich in diesem Zusammenhaog die Frage vor-
legen, ob nicht die Grundeinteilung in zwei Haupt-
luftmassen, wie sie ursprünglich von Bjerknes
vorgeschlagen war, allein weltweite Geltung be-
anspruchen kann, und ob es nicht vorteilhafter
wäre, alle anderen auf eine geographische Einheit
beschränkten Einteilungsgrundsätze als Indizes hin-
zuzufüren.