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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, März 1937.
Ich komme nun zu der Besprechung des dritten Wattgebietes (Skizze 3). Es
liegt im Gebiet der eigentlichen Lofoten, und zwar auf 68° 19’ N und 15° 21’0
vor der Mündung des Oeksfjordes in einem 20 km langen und 6 km breiten sehr
Machen Meeresteil, aus dem unzählige kleine und größere Schären aufragen, die
z. T. nur nackte Klippen sind, zum andern Teil aber mit Krähenbeeren und Heide
im Windschutz bedeckt sind. Auf einigen erheben sich ein oder zwei Birken-
stämmchen, Nur wenige sind größer und mit dichtem Buschwerk von Pappeln,
Birken, Wacholder, Vogelbeeren und Weiden bestanden. Sumpfige Wiesen liegen
mitunter in den Senken, auf höheren Teilen wachsen Heidekraut, Krähenbeeren
und sonstige Zwergsträucher. An einzelnen Stellen fanden sich ganze Blumen-
beete, so zum Beispiel von Knabenkrautorchideen, Die Felsen waren vielfach
mit einem dicken Polster von Moos und Flechten überzogen, wie in den uns be-
kannten Tundren Lapplands. Ungeheuer reich war in diesem Gebiet die Tier-
welt. Auf den kleinsten Klippen und Schären, die bei Niedrigwasser nur einen
mächtigen Tanggürtel bis zur MHW-Linie als Vegetation trugen, konnten wir
Gänse, Möven, Enten, Austernfischer, Seeschwalben, Trollummen (Teiste), sowie
die interessanten Scharben (Kormorane) beobachten. Bald kreisten sie mit lautem
Geschrei in der Luft, bald hockten sie Umschau haltend auf dem Fels oder spielten
und schwammen auf der klaren Flut zwischen den Schären und Klippen. Bei
der letzteren Beschäftigung fielen vor allem die zahlreichen Eiderentenmütter
mit ihren Jungen auf, Noch nicht flüzgge Mövenjunge drückten sich auf den
Schären einfach zwischen das Gestein, sich auf ihre Schutzfärbung verlassend,
Auf den Felsen lagen zahlreiche Seeigelschalen und Muscheln, die wohl als Reste
von Vogelmahlzeiten anzusehen sind. Zwischen den Klippen tauchten auch hin
und wieder Seehunde auf. Die größeren mit Büschen und Bäumchen bestandenen
Schären waren von großen Mengen dunkler, krähenartiger Vögel belebt (Dohlen?),
auch Nebelkrähen sahen wir oft. Wir fanden auf den größeren Schären zwischen
den Felsen zahlreiche Süßwasserlöcher, in deren Umgebung sich mitunter
Federn fanden.
Nach der Schilderung der über die MHW-Grenze herausragenden Schären
soll die Beschreibung des Wattgebietes selbst erfolgen. Es ist nur eins von
mehreren, die sich in dem besprochenen flachen Meeresteil gelegentlich zwischen
den Schären, Klippen und Felsinseln finden, Der ganze Meeresteil fällt zur See
(Westfjord) und zur Mündung des Öksfjordes ziemlich steil bis auf über 100 m
Tiefe ab. Er selbst wird auch von tieferen Rinnen durchzogen, die 60 m Tiefe
erreichen. Im übrigen taucht er trotz seiner durchschnittlich geringen Tiefe
keineswegs überall bei Niedrigwasser auf, Von einem geschlossenen Wattgebiet
ist also nicht die Rede. Es handelt sich wohl um einen glazial erodierten (tiefere
Rinnen) und noch untergetauchten Teil der Küstenplattform. Interessant sind in
diesem Gebiet auch die Wirkungen der Gezeitenströme, deren Verlauf in den
Rinnen zwischen den zahllosen Schären außerordentlich verschieden und mannig-
faltig ist, sowohl was die Richtung wie auch die Stärke der Strömung anbetrifft.
Das Watt von dem hier die Rede ist, erstreckt sich zwischen etwa vier Schären
und einigen Klippen und einer etwas größeren buschwaldbestandenen Insel, die
uns einige Nächte lang einen günstigen Zeltplatz but. Seine Form ist aus der
Skizze 3, die ziemlich grob schematisch ist, ersichtlich, im übrigen gibt Bild 7
und 8 einen guten Eindruck von der Landschaft. Das Watt zeigte sich in der
Ausbildung als reines Sandwatt. Das Interessante war nun nicht etwa in be-
sonderen Öberflächenformen usw. zu Suchen, sondern in dem Material. Dieses
Sandwatt bestand nämlich fast ausschließlich aus zerriebenen und zerbröckelten
Muschelschalen, Schneckenschalen, Resten der korallenartigen Kalkalgen, Seeigel-
stacheln usw. und nur zu einem kleinen Teil aus Gesteinsgrus und Kies oder
richtigem Sand. Ganz besonders wichtig waren die zahllosen Reste von Kalk-
algen der Lithothamniumarten, Dabei ist wohl darauf zu achten, daß hier nicht
etwa eine Schillbank geschildert wird, wie sie aus unseren Watten gelegentlich
auftaucht, sondern um eine Wattbildung aus organogenem Sand, denn die Reste
waren meist derart zerkleinert, zerrieben und abgerollt, daß von einem richtigen
Sand gesprochen werden muß. Stellenweise lagen, wie überall auch bei uns im