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Full text: 65, 1937

Wrage, W.: Wattbildungen an der nordnorwegischen Küste. 
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deshalb aufsuchte, um dort u. U. derartige Formen zu finden. Die „Strömmen“ 
sind Stellen in Fjorden oder auch durchgehenden Sunden, an denen die Wasser- 
rinne durch Felsen, Inseln oder Halbinseln derart eingeengt ist, daß die Gezeiten- 
strömung dort außerordentlich stark wirkt. Bei einigen der durchlaufenden 
Sunden hat die Strömung bei Ebbe und Flut dieselbe Richtung, während bei den 
Fjorden, die blind endigen, die Strömung während der Flut hinein- und während 
der Ebbe wieder hinaussetzt. Die Strömung kann so stark werden, daß sie 
stromschnellenähnlichen Charakter annimmt. In diesem Falle ist das Rauschen 
und Brausen der Wassermassen schon in einiger Entfernung wahrzunehmen. Der 
Durchfahrt größerer Fahrzeuge stellen sich in einigen Fällen erhebliche Schwierig- 
keiten in den Weg, während die Durchfahrt mit kleineren Booten, besonders mit 
unseren Faltbooten, dem Kundigen meist leicht möglich ist. In diesen geographisch 
zwar außerordentlich interessanten Bildungen der nordnorwegischen Fjorde suchte 
ich nach Strombänken vergeblich, wenigstens in den Strömmen, die mir zugäng- 
lich waren. Der Grund ist naheliegend. Nur die Einengung durch den gewach- 
senen Fels erzeugt diese abnormen Strömungen, Sand und leichteres Geröll 
würde bald von der Wasserbewegung derart umlagert werden, daß das Bett er- 
weitert und die Strömung nachlassen würde. Andererseits ist durch die felsige 
Einengung die Strömung in den meisten Fällen so stark, daß entweder die Ab- 
lagerung von Sand und leichteren Sinkstoffen ganz verhindert oder doch zum 
mindesten die Ausbildung von Wattgebieten erschwert wird. An Oberflächen- 
formen, die ihre Entstehung diesen Strömungen verdanken, konnte ich nur Ge- 
röllbänke und Zungen sowie erodierten und glattpolierten gewachsenen Fels 
feststellen, wie er von Stromschnellen vieler Flüsse beschrieben ist. Ich hoffe, 
daß ein späterer Besuch mir eine genauere Betrachtung dieser Strömmen ermög- 
licht und auch über vielleicht doch vorhandene Strombankbildungen usw. Auf- 
schluß gibt. 
Doch zurück zu dem besprochenen Wattgebiet! Außerhalb des Süßwasser- 
prieles traten die Rippeln bald als Strömungsrippeln und bald als Wellengangs- 
rippeln auf!). Außer Rippeln und Arenicolahäufchen im Sandwatt, fanden sich 
zahllose größere und kleinere Steinblöcke eingebettet im Watt, meist bewachsen 
mit Tangen (besonders verschiedenen Fucusarten). Unter den Muscheln fielen die 
vielen Schalen der Islandmuschel (Cyprina islandica) und die der Miesmuschel 
(Mytilus) auf, die jedoch nicht derartige Bänke bildete, wie bei uns im Watten- 
meer. Das toniggraue Schlickwatt hinter der Insel war mit kleinen Steinen 
durchsetzt und zeigte als Oberflächenformen flache Priele. Aus der Wattober- 
fläche ragte an einzelnen Stellen der gewachsene Fels in Form von niedrigen 
glatten Klippen heraus. Auch hier waren die Felsen mit Tang bewachsen und 
mit Strandschnecken (Litorina) und Seepocken (Balanus) bedeckt. 
An der Insel war an verschiedenen Stellen ein Strand aus Kiessand. Die 
Insel selbst bestand ebenfalls aus gewachsenem Fels und zeigte einen Bewuchs 
von Moos und Gras und ein Dickicht von Birken und Kiefern, das allerdings 
nach allen Richtungen leicht zu durchstreifen war, Die Tierwelt auf der Insel 
setzte sich aus riesigen Mengen von Formica rufa, der roten Waldameise, zahl- 
reichen sonstigen Insekten und aus Austernfischern, Regenpfeifern, Möven und 
anderen Vogelarten zusammen. Während der Niedrigwasserzeit kommt das Vieh 
mitunter über das Watt auf die Insel, um zu weiden, wie überhaupt in Norwegen 
1) Ich möchte hier den Ausdruck von Dittmer*) Wellengangsrippeln übernehmen im Gegen- 
satz zu dem bisher gebrauchten Ausdruck Seegangsrippeln, weil letzterer eigentlich die Windwellen 
ausschließt und sich nur auf die gleichmäßig hin- und herpendelnde Wasserbewegung beschränkt, die 
die langgestreckten Rippeln mit gleichem Gehänge hervorruft, während bei Windwellen in flachem 
Wasser die eine Komponente der Wasserbewegung überwiegt, also im Ganzen gesehen gewissermaßen 
eine Strömung auftritt. In diesem Falle bilden sich in flachem Wasser langgestreckte Rippeln mit 
uangleichseitigem Gehänge, und zwar weist der Steilhang in Richtung der überwiegenden Kraftkom- 
ponente. Da man als Strömung wohl besser nur eine sehr vorwiegend einseitig gerichtete Wasser- 
bewegung, die zumeist, wenn auch in einzelnen Fällen nur schwach, turbulenten Charakter hat, auf- 
fassen sollte, schließe ich mich durchaus Dittmer an, daß hier von Wellengangsrippeln bzw. von 
Windwellengangsrippeln gesprochen werden muß. 
2 Vgl. E. Dittmer: Vorland und Watten zwischen Steinloch und Dwarsloch. Arcbivr der 
Deutschen Seewarte. Hamburg 1936.
	        
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